tag:blogger.com,1999:blog-58316130496211830202024-03-05T21:28:56.242+14:00apiculturaChristoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comBlogger136125tag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-37413269010386621482022-05-13T04:36:00.009+14:002023-04-14T22:57:08.058+14:00Das Kleinste ElementEin großes Projekt, das ich den gesamten Winter über betrieben habe, besteht aus einer Sammlung von Karteikarten. Ich hatte im Zuge einer großen Ausstellung im vergangenen Herbst, im Oktober 2021, einen Vortrag über Bienen und Kunst gehalten. Es ist das Spannungsfeld, in dem sich meine künstlerische Arbeit bewegt. In dem Vortrag geht es um die Kommunikation der Bienen mit uns Menschen. Doch schon während ich daran schrieb, engte mich dessen Rahmen ein. Ich erwischte mich dauernd, wie ich mich vor dem Rechner herum drückte und den Text kürzte und umschrieb. Selbst spät abends vor dem betreffenden Tag saß ich noch dran.
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Ein paar Tage später, als ich meine Unzufriedenheit zu ergründen versuchte, kam mir der Einfall, einen Vortrag bis auf seine einzelnen Bausteine, auf das atomos, die Antike nennt es: das kleinste Element, herunter zu brechen. Dadurch kann ich ihn gemäß dem Bedarf umformen. Ich begann, einzelne Karteikarten anzulegen: Bienenkunde, Interviews mit Künstlern, Pflanzenkunde, diverse Schriftsteller, Systemtheorie, Klimafragen und inzwischen gibt es sogar noch ein paar Karten über Pilze. (Es gibt übrigens auch eine Abteilung über Bienenkommunikation, worin es hauptsächlich um das neue dreistufige Erklärungsmodell geht. Dem liegt die einfache, wunderschöne Frage zugrunde: Wie findet die Biene die Blume?) Mittlerweile ist das Ganze auf etwa 2000 Karteikarten angewachsen, aber die Anzahl ist natürlich nicht begrenzt. Ich ging zunächst einfach alle Bücher durch, die bei mir im Regal stehen, sowie einiges, das ich im Netz fand, und entnahm einzelne Stücke. Dazu kommen natürlich auch eigene Texte. Letztlich kommt es auf mein völlig subjektives Urteil an, was ich für wichtig halte.
Zusätzlich müssen eigene Sätze auch die Funktion haben, die starren Elemente wie Gelenke zu verbinden. Kupplungsstücke.
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Über Bienen gibt es inzwischen haufenweise Bücher, daraus kann man gar nicht genug zitieren, aber ich wollte es auch nicht übertreiben und beschränkte mich auf ein paar populäre Themen wie beispielsweise den Bautrieb oder das Stechen.
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Nicht vergessen werden darf die Pflanzenkunde. Die stand für mich am Anfang. Sie kam in meiner persönlichen Entwicklung vor den Bienen und sie hängt allgemein mit ihnen eng zusammen. Das Eine kann ohne das Andere nicht existieren. Der pflanzenkundliche Teil ist noch im Aufbau. Aber genau darum handelt es sich: um eine dynamische Kartei, und ich muss mich als so etwas wie einen DJ verstehen. Pflanzenkundliches kann ich präsentieren zu Klee, Veilchen und Orchideen. Zu mehr bin ich noch nicht gekommen.
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Als ich mit einer befreundeten Künstlerin über den Vortrag sprach, sagte sie gleich, dass die Karten mit Schreibmaschine beschrieben sein müssten. Diese Auffassung teile ich im Grunde, aber mich schreckt die pure Menge des Textes ab. Ihn mit Schreibmaschine zu schreiben bedeutet zusätzlich, dass es ungleich mehr Karten werden. Dennoch ist der bedeutsame Unterschied zwischen Schreibmaschine und Drucker der, dass man im einen Fall die Typen sieht, die aufs Papier einschlagen, man sieht schon allein, wie die Hände die Walze drehen, wie diese das Papier einzieht und es in die richtige Position bringt. Das alles ist beim digitalen Drucker natürlich nicht der Fall. Andererseits ist es auch ein Druck. Nur findet dabei alles im Verborgenen statt. Auch das Aufnehmen des Textes und das Umsetzen in geschriebene Schrift oder das „Herauskopieren“ aus Texten und das Formatieren und so weiter sind digitale Vorgänge, die am Rechner geschehen. Insofern haben sie sich vom Handwerklichen stark entfernt. Und die Rückkehr dazu zu fordern ist natürlich für einen bildhauerischen Ansatz. Mir selbst war das Drucken via Laserdrucker und Rechner bislang ein Dorn im Auge und nur die arge Menge des Stoffs zwang mich dazu und ich sagte: zunächst. Doch dann überzeugte mich eben die Menge und ich fragte mich, ob ich damit so großzügig umgegangen wäre, wenn nicht das Digitale zur Verfügung stünde.
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Sie werden hören, dass ich dauernd auf Bienen zu sprechen komme. An ihnen arbeite ich mich entlang. Sie träufeln es in mein Ohr, wie Joyce sagt. Vor allem in letzter Zeit werden viele Texte zu ihnen geschrieben, besonders übrigens Romane. Manche habe ich gelesen. Gelegentlich wird die Organisation des Bienenstaates auf die Gesellschaft übertragen. Das ist falsch. Das ganze Volk ist – wie ein gegenwärtiger Bienenforscher schrieb – ein Säugetier ehrenhalber.
Bienen seien heute ein Politikum, heißt es. Aber nicht für mich.
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Zur Abrundung des Einstiegs und um ein Leitmotiv zu installieren, zitiere ich John Cage: „Ob man durch Träume, den Lotussitz oder Atemübungen zu sich findet (…), immer kommt man zum selben Ergebnis: Man darf kein Konzept haben. Sicherlich zielen alle Kōans des Zen-Buddhismus darauf ab, jedes Konzept zu Staub zu zermahlen, bis nichts mehr übrig ist.“
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<i>02 Wissenschaft:</i> Als ich mich mit Bienenkunde beschäftigte, fiel mir auf, dass man das gesamte Feld immer in Segmente unterteilte. Innerhalb dieser Abschnitte, die man einzeln sozusagen unters Mikroskop legte, ergaben sich Einsichten. Etwas wurde erklärbar. Und dieses Wissen lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Wenn ich übrigens nachlese, beachte ich, wie die Fragestellungen aussahen. Denn Ergebnisse erhält man je nach den Fragen.
In der wissenschaftlichen Aufschlüsselung fehlt mir meistens etwas. Das hat damit zu tun, dass es – ich gebrauche den Begriff mit aller Vorsicht – in spiritueller Hinsicht keine Rolle spielt, ob ein Bereich wissenschaftlich aufgeschlossen ist oder nicht. Ich will noch grundsätzlicher und provokativer werden. Wissenschaftliche Entdeckungen ändern nichts an der Rätselhaftigkeit der erforschten Objekte. Denn sie wird nicht beeinflusst, indem jemand heran tritt und uns erklärt, wie es sich verhält.
Es könnte so erscheinen, als wollte ich hier die Wissenschaft abwerten oder sie als das Gegenteil der Kunst darstellen.
Wie Sie in meinem Katalog sehen, sind die naturwissenschaftlichen Darstellungsweisen für mich als Künstler oft interessanter als die Forschungsergebnisse. Das hat damit zu tun, dass fast jede Art davon ins Bildnerische hinein reicht. Selbst eine mathematische Formel ist zugleich eine Grafik. Dort sind aber wir zuhause. Wird etwas aufgedeckt, frage ich: Wie ist es gezeichnet? Als Beispiel nenne ich hier die komplexen grafischen Modelle der Enzyme, die an sich derartigen Bildcharakter haben, dass ich sie nur noch aus dem Zusammenhang lösen musste, um sie als vielfarbige Bilder auf Papier zu drucken.
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<i>03 Diskussion:</i> Ich will Ihnen von einer Diskussionsrunde erzählen. Das Ganze ist 18 Jahre her. Wir saßen zu fünft in einem Raum. Einer hielt sich heraus, was ich im Nachhinein interessant finde. Denn worin bestand seine Rolle? Einer experimentierte beruflich mit Genmanipulation bei Amseln und bezeichnete das Zusammenbringen einer männlichen und einer weiblichen Zelle als Schöpfungsakt. Er hatte ja den Beweis unter dem Mikroskop. Er schob die eine Zelle in die andere hinein und sie fingen an, sich zu teilen. Es war ihm unmöglich, etwas Zusätzliches wahrzunehmen. Seine Frau unterstützte ihn argumentativ. Ein Freund und ich sprachen gegen diese Sicht. Wir sagten: Du kannst die Voraussetzungen schaffen, aber das, was man früher oder anderswo als göttlichen Funken oder als den Lebenshauch bezeichnet hat und wofür wir kein Wort haben, kann der Mensch nicht leisten. Sie erinnern sich an das Fresko von Leonardo mit den zwei Fingern, die sich fast berühren. Es heißt: „Die Erschaffung Adams.“ Das habe ich vor Augen. Und ich sprach dann eine gewagte These aus, die ich Ihnen nicht ersparen will: „Es ist die Urkränkung des Menschen. Denn er ist nicht in der Lage, Leben zu erschaffen. Womöglich ist der Mensch deshalb abhängig davon geworden, Lebendes zu zerstören.“
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<i>04 Sinnesempfindungen:</i> Von diesem Verzweigungspunkt an kann es in verschiedene Richtungen weitergehen. Man könnte eine religiöse Debatte anstrengen und ethische Fragen aufwerfen. Anstatt dessen bekunde ich meinen Respekt vor sinnlicher Wahrnehmung. Damit meine ich nicht nur unsere Sinnlichkeit, sondern vor allem die der Tiere und Pflanzen bis hinunter zu den Bakterien.
Hunde beispielsweise wittern feinste Gerüche und können mittlerweile darauf trainiert werden, elektronische Speichermedien zu erschnüffeln. Auf diese Weise konnte bei jenem gewaltigen Missbrauchsskandal Lügde in der Wohnwagensiedlung ein USB-Stick entdeckt werden, der vom Täter in eine Sofaritze gesteckt worden war. Darauf hat man dann kinderpornographische Fotos gefunden. Ich erinnere mich nicht, wie stark man den Täter bereits belastet hatte, aber ich möchte gern glauben, dass der USB-Stick eine wichtige Rolle gespielt hat. Bienen, bei denen ebenfalls der Geruchsinn extrem ausgeprägt ist, riechen <i>plastisch</i>. Menschliche Nasen hingegen sind so geformt, dass sich die Luftströme darin verwirbeln. Dadurch sind wir nicht in der Lage, Düfte exakt zu lokalisieren und von anderen, ebenfalls vorhandenen, zu trennen.
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Bereits früh im letzten Jahrhundert wurde der größte Teil der Bienenanatomie erschöpfend bearbeitet. Das alles steht in einem Buch mit dem Titel <i>Der Bau Der Biene</i> aus einer siebenteiligen Reihe, die der Erlanger Bienenforscher Enoch Zander seit dem Jahr 1911 heraus gegeben hat. Dabei entdeckte er das Magnetfeldorgan, das bei den Bienen in der schmalen Brücke zwischen dem mittleren und dem hinteren Leib sitzt. Dort liegt auch das Gleichgewichtsorgan.
Ich nahm die Abbildungen, zeichnete sie nach und arbeitete mich auf diesem Weg ein. Dabei bemerkte ich, dass ich Zeichnungen abzeichnete, und zwar entsprechend der frühen Jahre des vergangenen Jahrhunderts solche mit Feder und Tusche. Sie stammten von Zander. Folglich trat ich einen Schritt zurück und nahm die Federzeichnungen selbst, indem ich mithilfe von Tipp-Ex alle wissenschaftlichen Zuweisungen, Pfeile, Zahlen und zuvorderst den Text hinaus warf. Es war, als ob ich Fäden zerschneiden würde. Ich löste die Einbettung. Herr Zander hatte auch Ergebnisse anderer Forscher in sein Buch aufgenommen. Deshalb erkennt man, sobald die Zeichnungen allein stehen und somit in den künstlerischen Bereich vordringen, augenblicklich die Spur der Hand.
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Für Bienen spielen die Sinne eine erhebliche Rolle, wenn es um die Orientierung im Raum geht. Sie haben zwei Facettenaugen seitlich am Kopf und drei Punktaugen oben, mit deren Hilfe sie das Sonnenlicht interpretieren. Von den Bienen ist uns bekannt, dass sie nichts hören. Aber sie lösen diesen Mangel, indem sie die feinen Luftvibrationen wahrnehmen, die durch akustische Signale erzeugt werden. Zugleich spüren sie das Magnetfeld. Im Flug orientieren sie sich an Landschaftsmarken, an Düften, an Farben und so weiter. Sie merken sich die Silhouette eines Waldes. Sie verfügen nicht nur über einen Zeitsinn, mit dessen Hilfe sie berechnen, wie weit die Sonne gewandert ist, während sie sich im Stock aufgehalten haben oder wo das Magnetfeld, das ja schwingt, in Bezug auf die Tageszeit steht. Sie haben ein Mittelzeitgedächtnis. Nach etwa einer Woche haben sie zwar das Meiste vergessen. Vieles, das innerhalb dieses Rahmens liegt, bleibt jedoch gespeichert. Im Übrigen gestalten sie Räume. Die Blütenpracht beispielsweise, die Gestalt der Pflanzen oder die der Landschaft, die wir sehen, wenn wir spazieren gehen, verdanken wir bestäubenden Insekten.
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Die Menschen haben zwei Hauptsinne, das sind Hören und Sehen. Indem das Fernsehen genau diese beiden bevorzugt anspricht, kann es die anderen ausklammern. Weniger hoch bewertete Sinne wie Riechen, Schmecken, Berühren, Zeitsinn, Gedächtnis, Wärme-Kälte, Schwere, Gleichgewicht und so weiter liefern uns unterschiedlich bewertete Informationen. Besonders den Gleichgewichtssinn benutzen wir unbewusst. Wir stehen in gerader Linie zum Erdmittelpunkt. Das betrifft ebenso das Gehen. Zu sehr feinen Informationsströmen haben wir eingeschränkten Zugang. Unsere Wahrnehmungsfähigkeit ist entweder abgekoppelt oder ins Unbewusste abgerutscht. Die Kunst ist nicht dazu da, entfernte Sinne zu beleben. Aber manchmal bedient sie sich ihrer, lockt sie hervor, spricht sie an und reinstalliert sie.
Das ist hier kein Ort für Kunsttherapie.
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Darüber hinaus will ich dorthin gehen, wo wir mittelbar wahrnehmen. Mir wurde mitgeteilt, dass wir kein Organ haben, um das Magnetfeld zu fühlen. Dafür haben wir den Kompass erfunden. Bei Pferden gibt uns ein Röntgenbild des Knies Auskunft, ob eine Knochenabsplitterung vorliegt. Das kommt relativ häufig vor, wenn die Pferde dazu gezwungen werden, über Hindernisse zu springen, wie es bei Turnieren der Fall ist. Diese Absplitterungen wandern entlang der Knochen und verursachen dem Pferd erhebliche Schmerzen. Pferde können Schmerz nicht äußern, sie können nicht weinen. Sie sind Fluchttiere. Ließe man sie, würden sie davon rennen. Der Mensch hat das Röntgenbild in der Hand und müsste Schlüsse ziehen.
Vor kurzem habe ich übrigens gelesen, dass Bienen mit voller Geschwindigkeit, das sind etwa 30 km/h ein Unterholz durchfliegen können. Das verlangt ihnen erhebliche Navigationsfähigkeiten ab. Und obwohl man ihnen längst Sender auf den Rücken geklebt hat, ist es wissenschaftlich nicht entschlüsselbar, was da geschieht.
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<i>05 Das System:</i> Ob Bienen Schmerz empfinden, ist zweifelhaft. Ich vermute, dass es nicht der Fall ist.
Bei den Bienen gibt es die Möglichkeit, dass ein Volk plötzlich als Ganzes reagiert. Nehmen wir an, dass giftige Gase in den Stock gelangen. Ich hatte das einmal am Stand. Im Spätherbst hatte jemand einen vollen Benzinkanister von vorn unter die Paletten gesteckt, auf denen sie stehen. Aus dem Behälter entwichen unablässig feine Dämpfe und im Frühjahr war keine einzige Biene mehr da. Sie waren nicht gestorben, sondern einfach ausgezogen. Natürlich hätten sie <i>wissen</i> können, dass sie draußen keine Chance haben, zu überleben. Aber die Bedingungen waren für sie unannehmbar.
Wenn ich die Bienenstöcke öffne, spüre ich Zuneigung. Doch ich fühle bei den Bienen, und das werden sie unmittelbar nachvollziehen können, auch Distanz. Bienen sind keine Kuscheltiere. Ein Bekannter gab nach einem Jahr die Bienenhaltung auf, da ihm das System zu komplex war.
Im Bienenstock herrscht so etwas wie pure Energie. Vor kurzem mutmaßte ich, dass diese reine Energie nur durch Lebewesen fließen kann, für die Leben und Tod nicht wichtig sind. Was uns auffallen muss, wenn wir die Bienen betrachten, ist Folgendes: Sie haben sich im Laufe von ein paar Hunderttausend Jahren nicht verändert. Das zugrunde liegende System hat sich nicht gewandelt. Und das ist – wie ich meine – aus einem ganz bestimmten Grund geschehen. Es ist seit langer Zeit perfekt.
Dieses System beugt sich auch nicht, wenn die Bienen weg sind. Wenn ein Volk stirbt, stoppt der Energiefluss. Ziehen aber neue Bienen in den Kasten ein, so folgen sie auf <i>absolute</i> Weise demselben System. Das besteht aus eineindeutigen Postulaten, sowie aus offenen Stellen, wo der Mensch regulierend eingreifen kann. Das Gewebe aus verschlossenen und offenen Systemgliedern existiert jedoch unabhängig von den Bienen. Zum Beispiel kann es nur eine Königin pro Volk geben. Eines, in dem sich zwei Königinnen aufhalten, ist in eine Schieflage geraten. Womöglich wird die eine Königin die andere abstechen oder die ältere kann mit den älteren Bienen den Stock verlassen. Es besteht unbedingter Handlungsbedarf. Falls wir die alte Königin, die entfernt werden soll, fänden, könnten wir sie einfach aus dem Stock pflücken und ins Gras schmeißen. Sie würde dort zwar von ein paar Arbeiterinnen gesucht, aber irgendwann aufgegeben.
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„Man kann Bienen auch in einem Gummistiefel halten.“ Diesen Satz prägte Franz Wagner, mein Bienenlehrer. Der Satz bezieht sich darauf, dass sich das System trotz der vollständigen Wandlung ihrer Lebensräume nicht im Geringsten geändert hat. Wir haben die riesigen Wälder mit dicken Bäumen gerodet und die Bienen in unsere Abhängigkeit gebracht. Im städtischen Raum wird manchmal noch ein Rollladenkasten besiedelt. Das ist aber auch alles. Doch ihr System sagt weiterhin entweder ja oder nein. Nullen und Einsen. Dazwischen gibt es nichts. Darin liegt – wie ich glaube – ein Teil dessen, was wir als die Intelligenz der Bienen bezeichnen.
Nun tritt aber der Mensch heran. Die Wissenschaft leiht ihm zwar eine Hand, aber die Intention ist allgemein. Er hätte beispielsweise gern, dass zwei Königinnen nebeneinander im Volk leben. Denn es ist nun einmal so, und das ist schon sehr lange der Fall, dass wir etwas, das sich gar nicht ändern lässt, am allerliebsten ändern möchten. Je größer der natürliche Widerstand ist, desto größer ist unser Anliegen.
Auch ich dachte, natürlich in viel kleinerem Rahmen, ich müsse handeln. Ich muss aber nicht. Daher habe ich mir angewöhnt, den Bienen möglichst viel selbst zu überlassen. Und es hat sich heraus gestellt, obwohl es sich manchmal nur um Feinheiten handelt, dass sie es besser können.
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<i>06 Informationen:</i> Ein bedeutender gegenwärtiger Bienenforscher namens Jürgen Tautz hat im Jahr 2021 in seinem Buch <i>Die Sprache der Bienen</i> neue Ergebnisse vorgestellt. Er hat erweitert, was Karl von Frisch bis zum Jahr 1927 heraus gefunden hatte. Das Buch des Herrn von Frisch heißt <i>Aus Dem Leben Der Bienen</i> und ist populärwissenschaftlich. Es geht dabei unter anderem um die Übermittlung von Informationen mithilfe der Tanzsprache. Für deren Erforschung hat von Frisch im Jahr 1973 den Nobelpreis bekommen. Als er das Farbspektrum erforscht hat, zu dem Bienen Zugang haben, ist er darauf gestoßen, dass sie Ultraviolett sehen können. Von Frisch bezeichnete die Mischfarbe von Gelb und Ultraviolett poetisch als <i>Bienenpurpur</i>. Bienen sehen Farben anders als wir. Grün – soweit ich das verstanden habe – ist für sie ein lichtes Grau und kommt dem nahe, was uns farblos erscheinen würde. „Wo für uns die weißen Sterne der Gänseblümchen in der Wiese stehen, da leuchten den Bienen blaugrüne Sternchen entgegen.“ So schreibt von Frisch. Die Blüten strahlen für sie insofern aus einem beinahe farblosen Feld heraus. Die Gärtner und Naturbeobachter unter Ihnen kennen vermutlich im blauen Vergissmeinnicht den gelben Ring. Das ist das <i>Saftmal</i>. Bienen sehen diesen inneren Kreis in zahlreichen Blüten zwischen dem Pollenkranz und dem äußeren Blütenrand.
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Wie die im Stock übermittelten Informationen außerhalb des Stockes eingesetzt werden, hat von Frisch ausgespart. Bezüglich des Bienentanzes haben sich die Forschungsmethoden weiterentwickelt. Man sitzt nicht mehr mit Zirkel und Stoppuhr vor der Wabe. Es gibt Videoaufzeichnungen, die man minutiös auswerten kann. Daher war lange nicht klar, dass die unerfahrenen Sammlerinnen durch die Tänze nicht in eine exakte, sondern in eine grobe Richtung geschickt werden und dass ihnen eine nur etwaige und kürzere Entfernung vorgetanzt wurde. Außerdem erhalten die Bienen im Stock auf vier unterschiedlichen Kanälen jeweils dieselbe Information. Im Stock ist soviel Trubel, dass die Nachricht unbedingt ankommen muss. Diese Redundanz spricht – wie ich meine – für deren Wichtigkeit. Die Information breitet sich auch nicht über weite Strecken aus, sondern verbleibt innerhalb eines räumlich begrenzten Feldes, das etwa die Größe meiner Handfläche hat. Es soll ja nur eine kleine Gruppe von Bienen benachrichtigt werden. Die Vortänzerinnen zupfen beispielsweise auch am Tanzboden, der Wabe, und bringen sie zum vibrieren als übermittelten sie einen Morsecode.
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<i>07 Unbestimmtheit:</i> Die neuen Entdeckungen zeigen also, dass unerfahrene Bienen von erfahrenen Sammlerinnen in einen Bereich geschickt werden, der vor den Nektarquellen liegt. Sobald die neu informierten Bienen den Bestimmungsort erreichen, suchen sie dort und werden wahrscheinlich durch Düfte zu den Futterplätzen gelockt. Zwischen dem Schicken und dem Locken liegt ein eigener, von dem Bienenforscher Tautz erstmals eingeführter Raum, der mich als Künstler natürlich bevorzugt interessiert. Denn gerade in den kann man mit den gegenwärtig verfügbaren wissenschaftlichen Methoden noch nicht hinein schauen. Er ist bis auf weiteres undefiniert, wodurch er zu einer künstlerischen Möglichkeit wird. Ich verwende das Wort <i>Unbestimmtheit</i>. Und ich verweise dadurch erneut auf John Cage. Denn in seiner Arbeit spielt er eine zentrale Rolle. In seinem ersten Buch <i>Silence</i>, erschienen im Jahr 1939, gibt es zahlreiche eingeschobene Texte, die als Ganzes diesen Titel tragen: <i>Indeterminacy</i>. Er schrieb weiter daran bis es hundert wurden und verwendete den Rest in einem späteren Buch. Das erschien im Jahr 1963 unter dem Titel <i>A Year From Monday</i>. Ich kann nicht widerstehen und gebe Ihnen ein Beispiel: „In Darmstadt, während ich nicht mit Musik beschäftigt war, war ich in den Wäldern, um nach Pilzen zu suchen. Eines Tages, während ich einige Hypholamas sammelte, die nicht weit von der Konzerthalle entfernt um einen Baumstumpf herum wuchsen, kam eine Dame aus dem Sekretariat von den Ferienkursen für Neue Musik heran und sagte: Alles in allem ist die Natur besser als die Musik.“
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<i>08 Honig:</i> Auf das Thema Honig bin ich während einer Lesung im Jahr 2011 eingegangen. Sie finden den Text im Katalog. Im Jahr 2017 wurde ich eingeladen, über Honig als Nahrungsmittel zu sprechen. Ich nannte diese Lesung „in bocca al lupo“, was wörtlich übersetzt hieße: Im Maul des Wolfes. Doch es ist genau anders herum gemeint: Nirgendwo ist man sicherer als im Rachen des gefährlichsten Tieres. Man könnte auch sagen: Hals- und Beinbruch. Da in den Vorträgen alles gesagt ist und sie nachlesbar sind, will ich nur ein paar Stichpunkte erwähnen. Auf Honig habe ich lange von oben herab geschaut. Ich folgte darin der Meinung meines Bienenlehrers. Wir hielten Honig für überbewertet in Anbetracht der schwerer wiegenden Themen. Damals gab es viele Imker, die ausschließlich der Ausbeute wegen Bienen hielten. Das kam uns verwerflich vor. In dieser Hinsicht hat sich in Zusammenhang mit der Stadtimker-Bewegung einiges verändert. Im Jahr 2011 kam ich ins Nachdenken und legte mir das Ergebnis so zurecht: Honig ist ein Botschafter. Er gibt Auskunft über die Pflanzen. Er führt die Menschen an die Bienen als Lebewesen heran. Stadthonig verbindet den Stadtbewohner mit dem städtischen Raum. Honig bildet zwischen uns eine Mitte. Der Text trägt den angeberischen Titel <i>missing link</i>.
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<i>09 Kommunikation:</i> Sie kennen womöglich das Buch <i>Phänomen Honigbiene</i> von dem vorher erwähnten Jürgen Tautz. Es ist fesch aufgemacht, doch am Schluss steckt weniger dahinter, als man erwartet. Es ist gedacht für den staunenden Anfänger. Lassen Sie uns – sozusagen als Arbeitshypothese – von Sinnesorganen und den entsprechenden Sinnesempfindungen bei allen Lebewesen ausgehen, die an der Honigproduktion beteiligt sind. In jenem weiteren Buch, auf das ich bereits eingegangen bin, <i>Die Sprache Der Bienen</i>, verspricht Herr Tautz uns Entscheidendes. Doch schließlich erklärt er uns nur den Weg der Biene vom Bienenstock zur Pflanze und den nicht einmal ganz. Was ich in Augenschein nehmen möchte, geht darüber hinaus. Denn ich will die Verständigung der Bienen mit den Pflanzen betrachten oder den Informationsaustausch verschiedener Völker untereinander oder den verschiedener Insektenarten und/oder Pflanzenarten und so fort. Weiter will ich den Menschen dazu nehmen. Der hält eine Sonderrolle. Einerseits muss man ihn für einen Augenblick entfernen. Denn er tritt als Betrachter auf und kann sich distanzieren. Und wir müssen fragen, was sich verändert, wenn wir uns aus der gesamten Gleichung heraus nehmen. Aber wir müssen uns auch einbeziehen. Denn wir sind selbstverständlich als Kommunikatoren beteiligt. Mein Anliegen ist, möglichst viele Formen dieser Verständigung auf die Schnur zu fädeln und <i>keine</i> Theorie zu entwickeln.
Das Thema Kommunikation ist so komplex, dass selbst die Wissenschaft nicht weiter als bis zu den Ausläufern des Gebirges gelangt ist. Als Laien gingen wir davon aus, dass Menschen kommunizieren – oder auch Beziehungen zerbrechen, weil nicht geredet wird – oder dass gelogen wird, was einen wichtigen Platz einnimmt. Es gibt zahllose Bücher darüber. Die kann ich nicht alle gelesen haben. Doch selbstverständlich habe ich im Vorfeld recherchiert und die fünf gängigsten Modelle betrachtet. Meistens werden darin die gleichen Faktoren aufgebracht. Beispielsweise das, was der Sender sagen will, was er sagt und wie sich alle möglichen Zusatzbotschaften in das Gesagte hinein drängen, unter anderem Selbstoffenbarung und Selbstbekundung, und was der Empfänger schließlich versteht. Ich könnte jetzt ein Referat halten, vielleicht vor einer zehnten Klasse. Doch die meisten greifen bei Tieren und Pflanzen nicht. Wir müssen uns aber daran gewöhnen, nicht im Mittelpunkt zu stehen.
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Erst 2,5 % aller Lebewesen auf dieser Erde sind bisher identifiziert worden, heißt es. Im Jahr 1995 fand man das bis dahin älteste Lebewesen der Welt. Es war ein 25 Millionen Jahre altes Bakterium, das man im Hinterleib einer Biene aufgespürt hatte, die in Bernstein eingeschlossen gewesen war. Von Bakterien wissen wir, dass sie den Boden aufbereiten und tonnenweise Abfall zersetzen und sich am Erdmagnetfeld ausrichten.
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<i>10 Flora:</i> Was die Pflanzen betrifft, ist jetzt eine neue Forschungsmethode in. Diese Einschätzung hörte ich von einem amerikanischen Botaniker. Entsprechend dem allgemeinen Trend wird an die Pflanzen beinahe esoterisch heran gegangen. Ein Buch, das ich dazu nennen möchte, heißt <i>Die Intelligenz Der Pflanzen</i> von dem Florentiner Professor Stefano Mancuso. Ein zweites heißt <i>Was Pflanzen Wissen</i> von dem Israelischen Biologen Daniel Chamovitz. Beide sind populärwissenschaftlich. Man darf dabei die ungenannten Leute nicht vergessen, die überall auf der Welt in Forschungsgruppen sitzen und arbeitsteilig helfen.
Ich zitiere Stefano Mancuso, der in seinem Buch <i>Die Pflanzen Und Ihre Rechte</i> Folgendes referiert: „Berühmt ist die erstmals von den deutschen Biologen Ernst Haeckel und Carl Vogt propagierte Geschichte, wonach ausgehend von Darwin das Schicksal Englands von den Katzen abhänge. Da sie Mäuse fraßen, erhöhten sie damit die Überlebenschancen der Hummeln, die den Klee bestäubten, der an die Ochsen verfüttert wurde, die das Fleisch produzierten, das die britischen Seeleute ernährte, was es der britischen Marine - der eigentlichen Machtbasis des Empires - erlaubte, ihre ganze Kraft zu entfalten. Thomas Huxley trieb den Scherz noch weiter, indem er anführte, dass nicht die Katzen, sondern die beharrliche Liebe englischer Spinner zu ihnen die wahre Stärke des Empires repräsentierten.“
Jener gegenwärtige Zweig der Biologie bemüht sich um das Auffinden von Sinnesorganen bei den Pflanzen. Wir möchten gerne glauben, dass es sie gibt. Wir wünschen uns buchstäblich das Ohr an einen Baum hin. Aber wir wissen, dass wir scheitern werden. Das bedeutet indessen nicht, dass akustische Reize vernachlässigt werden dürfen. Wenn verschiedene Baumarten, meinetwegen eine Eiche und eine Weißbuche eine gemeinsame Krone bilden, muss das als Zusammenleben genommen werden. Ein gesamter Wald ist als Koexistenz von Lebewesen zu sehen. Sie kommunizieren mithilfe komplexer chemischer Prozesse über die ineinander verflochtenen Wurzeln. Hier ist die Rolle der Pilze umfassend zu denken. Sie erstrecken sich unterirdisch über riesige Felder. Ich vermute, sie verbinden entfernte Wurzelwerke und transportieren Informationen.
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Damit lande ich erneut bei John Cage. Ich zitiere aus <i>A Year From Monday</i>: „Als Valerie Bettis in den Kinofilmen ankam, wurde sie von jemandem, der sie interviewte, gefragt, wie es sich anfühlte, erfolgreich zu sein? Sie sagte: Was meinen Sie? Ich war immer ein Erfolg.“
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<i>11 Diskurs:</i> Ich kenne im Übrigen auch das einschlägige Buch des Philosophen Emanuele Coccia. Es heißt <i>Die Wurzeln Der Welt</i>. Ich habe darin herum gelesen und es als Geschwurbel abgetan.
Dabei möchte ich Sie auf die Form unseres Diskurses hier an diesem Ort aufmerksam machen – wobei ich mich explizit auf Ruth Geiersberger beziehe, die in diesem Rahmen in Bezug auf Stefano Mancuso eine gegensätzliche Meinung geäußert hat. Sie ist ja sogar nach Florenz gefahren, um ihn zu treffen. Wir sprechen nicht davon, dass etwas so ist oder nicht so ist, dass wir dieses oder jenes zweifelsfrei festgestellt haben, sondern dass wir es auf diese oder jene Weise sehen. Wir erzeugen Bilder.
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Beispielsweise fragte mich ein Freund: „Was ist dein Werk?“ Und ich antwortete: „Ich habe keins.“ Das Werk ist eine Erzählung. So und so habe ich vor geraumer Zeit ein bestimmtes Thema angefasst und dies ist damals dabei heraus gekommen. Aber heute wäre es anders. Im Jahr 1998 gab es beispielsweise eine Radiosendung mit dem Titel <i>Der Stadtimker</i>. Und ich staune heute, wie wenig ich damals zu sagen hatte. Ich habe also kein Köchelverzeichnis. Daher ist der Diskurs lebendig.
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<i>12 Bruder Baum:</i> Da wir sehen, dass separate Forschungszweige existieren und sich flüchtig berühren, die einen bemühen sich beispielsweise um Bienen, die anderen um Pflanzen, dann müssen wir im Grunde abwinken. Denn es gibt keine gelegentlichen Berührungspunkte, sondern es ist eine gemeinsame Welt. Wir stehen sowohl davor, als auch darin und bemühen uns, sie als Ganzes zu sehen. Die Tatsache, dass zahlreiche unterschiedliche Gruppen von Forschern sich in Einzelsträngen um Aufschlüsse bemühen, ändert nichts am sinnlich Tatsächlichen.
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<i>13 Kluge Köpfe:</i> Nun schlage ich einen Haken und gehe zurück auf Los. Ich hoffe, Sie glauben nicht, ich würde Ihnen hier einen Ausweg anbieten. Ich beschreibe eine Sicht. Der Text soll Sie nicht verleiten, Ihr Ohr an ein Stück Wiese zu pressen. In München, im Rosengarten, wo meine Bienen stehen, das muss ich kurz erzählen, gibt es im Frühjahr etwa zur Zeit der Magnolienblüte Spaziergänger, die scheu ins Unterholz huschen und einen Baum umarmen. Manchmal, wenn ich bei den Bienen arbeite, sehe ich dieses Treiben. Ich finde es rührend, ein bisschen armselig vielleicht. Bruder Baum. Es ist eine Geste.
Die Babylonische Sprachverwirrung beziehe ich auf Sinnesorgane und -empfindungen und somit auf den Kommunikationsbereich. Uns Menschen ist das Zuhören abhanden gekommen. Oder wir haben noch nie zugehört. (Letztere ist die These, die mir am ehesten einleuchtet.)
Aber, denkt man gleich, wir hatten doch beispielsweise die Romantik oder die Aufklärung. Ich möchte dem gegenüber stellen: Wir haben <i>uns</i> ausprobiert. Im Laufe von ein paar Tausend Jahren haben wir jeweils neue Brillen aufgesetzt. Uns ging es darum, was wir sehen, wenn wir es auf eine bestimmte Weise anschauen.
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Ich will eine Person erwähnen, die mir wichtig ist: Jonathan Franzen, ein US-amerikanischer Schriftsteller, der Vögel beobachtet und sich anhand dessen, was er sieht, etwas denkt. Er hat dazu eine Reihe Essays verfasst. Der letzte heißt <i>Wann Hören Wir Auf, Uns Etwas Vorzumachen?</i> und er schreibt: „Das Kind ist in den Brunnen gefallen.“ Über die Kommunität der Klimaaktivisten, die jede seiner Äußerungen argusäugig verfolgt und mit shitstorms beantwortet, sagt er: „Die Aktivisten, die so denken, erinnern mich an jene religiösen Führer, die fürchten, dass Menschen sich ohne die Verheißung ewiger Erlösung gar nicht erst um tugendhaftes Verhalten bemühen würden.“
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiGYTsWq_1wGdzR57EegIwiQAF-DA4rzeSTs5_nPADaAOh9I6wsWI3J-wIHR6C4cWj2snmBK7XIelkmnnEb_8nnCFrA-SeyPmSXHdc1mC_zrkBmWW5vLf_NXCnX-tBFNkx82JywpRa0sxg/s1843/girls.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="200" data-original-height="1546" data-original-width="1843" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiGYTsWq_1wGdzR57EegIwiQAF-DA4rzeSTs5_nPADaAOh9I6wsWI3J-wIHR6C4cWj2snmBK7XIelkmnnEb_8nnCFrA-SeyPmSXHdc1mC_zrkBmWW5vLf_NXCnX-tBFNkx82JywpRa0sxg/s200/girls.tif"/></a></div>
Wir arbeiten mit Bildern. Bei der Graswurzelbewegung <i>Fridays For Future</i> geht es mir um das erste und ikonischste: Ein Mädchen sitzt auf der Straße und hat ein von Hand beschriebenes Pappschild neben sich. Greta Thunberg ist als eine Marilyn inszeniert worden.
Ihnen ist bewusst, dass wir uns als Menschheit plus zugehörigem Planet Erde in einer heiklen Situation befinden und das ist die Folge unseres Handelns. Doch wen betrifft unser Handeln? Die Antwort ist vergleichsweise einfach. Von den meisten Lebewesen wissen wir es nicht, da wir sie nicht kennen. Die anderen sind derart widerstandsfähig und zählebig, dass wir uns um sie keine Sorgen machen müssen. Es trifft uns Menschen, zahlreiche der Tiere, die mit uns in Gemeinschaft leben und die meisten der uns bekannten Pflanzen, Bäume, Gräser, Büsche. Grundsätzlich entziehen wir uns die Lebensgrundlage.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgJ0F_Xpa9_ITrqSITJXFv12ShnQl-ZQKUtzpyh3QwrfkKq9_qRWsKi0QDL85tzdvYEv3hNlJ-b1XHveXdXtLzodetOLl9d21_anGscpHX2zw85xq24dHarGQ6tmX8r0f5UOgZ8NgiPA6M/s1843/girls.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="200" data-original-height="1546" data-original-width="1843" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgJ0F_Xpa9_ITrqSITJXFv12ShnQl-ZQKUtzpyh3QwrfkKq9_qRWsKi0QDL85tzdvYEv3hNlJ-b1XHveXdXtLzodetOLl9d21_anGscpHX2zw85xq24dHarGQ6tmX8r0f5UOgZ8NgiPA6M/s200/girls.tif"/></a></div>
Vor wenigen Jahren konnte man dreimal pro Saison Honig schleudern: Mai, Juni, Juli. Dieses Jahr ging nur Ende Juli die Abschlussschleuderung. Stellen Sie sich vor, es kämen schlimmere Jahre. Die Bienen könnten wegen Kälte und Regen selten ausfliegen oder extreme Hitze würde den Nektar eintrocknen lassen. Bestäubungen fänden nur gelegentlich statt und oft nicht durch Honigbienen. Die Imker müssten im Herbst regelmäßig füttern, gegen Krankheiten behandeln und einwintern. Ohne Gegenleistung. Was vermuten Sie?
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh-RdCTxqO3zLAALjWQCWRgTwXN_u_mq1cwprWO9q7T_E5gJS33FXI3DBnUFdkW22GhrLvGcEzboqq9TgpVHBUfMBe912slDBHO5dLw6TpQisoByxUKBbmV0XzqeW3dl_PXY0n-ZQCkA3I/s1843/girls.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="200" data-original-height="1546" data-original-width="1843" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh-RdCTxqO3zLAALjWQCWRgTwXN_u_mq1cwprWO9q7T_E5gJS33FXI3DBnUFdkW22GhrLvGcEzboqq9TgpVHBUfMBe912slDBHO5dLw6TpQisoByxUKBbmV0XzqeW3dl_PXY0n-ZQCkA3I/s200/girls.tif"/></a></div>
An dieser Stelle hatte ich eine Abfolge gegenwärtiger Positionen stehen. Die habe ich gestrichen und ersetzt durch einen Satz: Kluge Köpfe tappen in die Falle, indem sie Auswege aufzeigen.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg_OlMEsk9nuxKXhq5VL6qCLaftW-2lyyp8oOcpB4n-fdba9zjE-EFrOGm0yDCd-wYqIE8HUa2MKigOx-XBI0Q9PSmuc2VvpV9c3m41sPvM6p1bSHIhhiN1zvdPLo6ms9CJIYVi8DFeO3M/s2048/Book+of+Kells-Biene-cmyk-frei.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="1026" data-original-width="2048" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg_OlMEsk9nuxKXhq5VL6qCLaftW-2lyyp8oOcpB4n-fdba9zjE-EFrOGm0yDCd-wYqIE8HUa2MKigOx-XBI0Q9PSmuc2VvpV9c3m41sPvM6p1bSHIhhiN1zvdPLo6ms9CJIYVi8DFeO3M/s320/Book+of+Kells-Biene-cmyk-frei.tif"/></a></div>
<i>14 Finale:</i> Zum Schluss kommt noch einmal John Cage zu Wort. Er hat im Jahr 1992 während seines letzten Interviews gesagt: „Ich war mir des Gedankens von Norman O. Brown bewusst, dass wir nun, da wir die Umwelt ruiniert haben, die Atmosphäre für schöne Sonnenuntergänge bereitet haben.“
Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-62797582330202575942021-08-07T00:20:00.008+14:002021-08-07T02:08:39.628+14:00Aus dem Nachlass
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiXMc2-_x43AhZiDb9fOV2DFP-gcWUSeRZRnUoh9yWAA54k1Fzo_czzM2cDTlcBCb_BpVxBiGdfT6ljAxB7mbJYgWUZLlb4kwNwGlhBhAToUaT8frdNu9melNlzQMJS6t50MGhN_I3rHcY/s3344/IMG_20210718_124617.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="1733" data-original-width="3344" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiXMc2-_x43AhZiDb9fOV2DFP-gcWUSeRZRnUoh9yWAA54k1Fzo_czzM2cDTlcBCb_BpVxBiGdfT6ljAxB7mbJYgWUZLlb4kwNwGlhBhAToUaT8frdNu9melNlzQMJS6t50MGhN_I3rHcY/s320/IMG_20210718_124617.jpg"/></a></div>
<b>Franz Wagner</b>
<i><i>Man kann Bienen auch in einem Gummistiefel halten.</i></i>
Franz Wagner wurde im Jahr 1927 geboren, er war Rumäniendeutscher und lebte im Banat. Er kämpfte nicht im Krieg, wurde bei Kriegsende aber von der russischen Armee gefangen genommen, in ein Lager deportiert und gefoltert. Später, als er ins Banat zurück gekehrt war, erlitt er einen epileptischen Anfall, man steckte ihn in die Psychiatrie und verordnete ein viel zu starkes, heute kaum mehr gebräuchliches Medikament. Er hatte lebenslang Angst, geschlagen zu werden. Im Banat heiratete er, bekam einen Sohn und wurde Meister einer Eisengießerei in Temeswar. Er hielt mit seinem Schwiegervater 400 Bienenvölker im Nebenberuf. Mit seiner zweiten Frau, dem zweiten Sohn und der Tochter emigrierte er während der Siebziger Jahre, zu Zeiten des Diktators Ceaușescu, nach Deutschland. Sie durften keine Dokumente mitnehmen, dafür Hausrat, und Franz, der ein Bastler war, schaffte es, sie in einem Nudelwalker zu verstecken. Dadurch war ihnen hier eine Rente sicher. In München angekommen arbeitete er als Hausmeister in der Akademie der Bildenden Künste. Dort lernte ich ihn kennen. Er stellte mir im Jahr 1992 die ersten drei Völker in den Akademiegarten. Ebenso wie er mir sein Wissen weitergab, übertrug ich meines später an eine junge Frau, eine Ärztin, die ich seit Jahren kannte. Und ebenso, wie ich mich nach geraumer Zeit von Franz löste, nahm sie mir eines Tages das Werkzeug aus der Hand und sagte: „Ich will jetzt meine eigenen Fehler machen.“
Franz´ hoch umzäunter Bienenstand lag im Schweizerholz, einem Wäldchen nördlich des Autobahnrings, nahe der Schleißheimer Flugwerft. Dort hielt er um die 30 Völker. Franz setzte ursprünglich selbst gebaute, dann auch gekaufte Kästen ein. Er pinselte jede freie Fläche, sei es im Hobbykeller, auf dem Balkon, als auch im Bienenhaus (und so auch die Bienenkästen) mit stumpfer Abtönfarbe an, was ich für sein Markenzeichen hielt. Da sie aus unterschiedlichen Systemen bestanden, konnten die gekauften Zargen mit den von ihm gebauten nicht getauscht werden. Die selbst geschreinerten Kästen standen im Haus, da sie vom Regen aufquollen, und die anderen im Freien. Anfang des Jahres 2002 bezog er ein neues Bienenhaus in Sendling. Ich hatte anfangs geholfen, zu renovieren. Aber er benutzte Asbestwolle zur Dämmung, spannte Plastikfolie auf alle Flächen, klebte PVC als Fußboden und schraubte gewellte Asbestplatten aufs Dach. Ich hatte erfolglos versucht, ihn davon abzubringen, und schließlich war ich weg geblieben. Mit dem neuen Bienenhaus stellte er auf einheitliche Beuten um und da ein Freistand nicht möglich war, transferierte er die gekauften Kästen nach innen. Jede Zarge war nun mit jeder anderen kombinierbar. Das bildete eine erhebliche Erleichterung für ihn. Allerdings zerschlug er die älteren Bienenkästen, die er selbst gebaut hatte, und warf sie in den Container.
Das Anzuchtkästchen mit fünf Waben und dann nochmal fünf darüber ist für kleine Völker bestimmt. Man sagt, sie entwickeln sich in der räumlichen Beschränkung besser. Danach werden sie in einen großen Kasten umgesetzt.
Franz starb im Jahr 2004 an Leukämie.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhI4dZCQuVn19mCJvZeVVvjo-O9dz7o6oSpnRK1psgx7aDIdeBBjs7SUU7xqucBLCcUUD8d-lAuEx6-VMEVYvzw7GfXIkcufOdRD9htlgPwSVXdTffQBgnzS9921hwcz4ufFbeLmMPkh_8/s1520/Ablegerkasten-cmyk-frei.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="320" data-original-height="1520" data-original-width="1281" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhI4dZCQuVn19mCJvZeVVvjo-O9dz7o6oSpnRK1psgx7aDIdeBBjs7SUU7xqucBLCcUUD8d-lAuEx6-VMEVYvzw7GfXIkcufOdRD9htlgPwSVXdTffQBgnzS9921hwcz4ufFbeLmMPkh_8/s320/Ablegerkasten-cmyk-frei.tif"/></a></div>
<b>Ezra Pound</b>
<i> This liquid is certainly a
property of the mind</i>
aus dem Canto 74
Ezra Pound wurde 1885 in Idaho geboren. Er ging als junger Mann nach Europa, lebte abwechselnd
in England, Frankreich und schließlich in Italien. Da er früh berühmt geworden war, besaß er etwas
Geld und unterstützte Künstler, die noch nicht so weit waren. So verhalf er beispielsweise James
Joyce zur Erstveröffentlichung des Ulysses. Pound übersetzte als erster Texte von Konfuzius aus
dem traditionellen Chinesisch ins Englische. Er kommentierte das japanische Nō-Theater, eine
uralte, rituelle Form des Schauspiels, mithilfe der Aufzeichnungen von Ernest Fennelosa. Er
verfasste eine Unmenge Literatur, aber sein Lebenswerk sind die Cantos. Von ihnen schrieb er 120
Stück, doch er betrachtete diesen Block immer als unvollendet, wenngleich ein Projekt dieser Art,
ursprünglich auf 40 Jahre ausgelegt, immer unvollendet bleiben muss.
Pound unterhielt Freundschaften zu allen wichtigen Schriftstellern seiner Zeit und zu zahlreichen
Bildhauern und Malern und Musikern.
Pound war Faschist und Anhänger Mussolinis. Während des zweiten Weltkrieges wohnte er in
Italien. Er verbreitete über Radio Rom, publizistisch und in seinen Cantos antiamerikanische,
rassistische und antisemitische Propagandareden, deren Gegenstand der Zinswucher und die
jüdische Beteiligung daran waren. Mitte des Jahres 1943 wurde vom amerikanischen
Kriegsministerium gegen ihn Anklage wegen Hochverrats erhoben. Am Ende des Krieges war
Pound sechzig Jahre alt und stellte sich freiwillig. Er glaubte, er könne Beamte vom FBI darüber
belehren, wie ein praktikables Finanzsystem auszusehen habe. Er wurde daraufhin zusammen mit
Schwerverbrechern ein halbes Jahr in einem Hochsicherheitsgefängnis bei Pisa gehalten. Das
Gefängnis bestand aus einer Reihe von Hundezwinger-artigen Käfigen, 1,8 Meter mal 3 Meter, was
heißt jeweils einer Betonplatte als Unterlage, einem Drahtkäfig als Seitenwänden und einem
Holzdach mit Teerpappe. Dazu kam eine einfache Wolldecke. Man findet diese Form heute in
Guantanamo. Pound wurde, nachdem ein psychischer Zusammenbruch diagnostiziert worden war,
ins Sanitätszelt verlegt und schrieb auf einer Militärschreibmaschine die Pisaner Cantos. Wie ich es
mir denke, war er in viele einzelne Personen aufgesplittert und jede davon schrieb sozusagen ihren
Teil. Ich habe überlegt, wie es möglich ist, dass man sie als derart inkohärent empfindet, dass
jeweils nur ein paar Zeilen zusammengehören, Gras, das unter den Rändern des Zeltes hervor
wächst, Konfuzius, Luchse, die nachts durchs Lager schleichen, griechische Götter und
beispielsweise neben scharfsinnigen Beobachtungen niedrigste Gesinnung zum Ausdruck kommt,
und womöglich macht gerade das sie so bedeutend. Das halbe Jahr barbarischer Gefangenschaft
verursachte in Pound einen fast vollständigen und irreparablen psychischen Schaden. Ende Oktober
1945 wurde er nach Amerika deportiert, für unzurechnungsfähig erklärt und bis ins Jahr 1958 in die
Psychiatrie gesteckt. Dort überarbeitete er zwar die Pisaner Cantos, schrieb weitere und übersetzte
Konfuzius, und er empfing bedeutende Besucher, darunter Hemingway und T.S. Eliot, die
schließlich das Ende des Klinikaufenthalts erwirkten, doch er war längst gebrochen. Dennoch gelten
die Pisaner Gesänge „als die wohl größte Dichtung“ des Zwanzigsten Jahrhunderts, schreibt
Thornton Wilder.
Nach seiner Freilassung als unheilbarer, aber nicht gemeingefährlicher Geistesgestörter kehrte er
nach Italien zurück und wurde unter die Vormundschaft seiner Frau gestellt. Im Jahr 1967 saß er im
Atelier von Arno Breker Modell und im selben Jahr drehte Pasolini einen Film über ihn. Er äußerte
spät, dass er seinen Antisemitismus bedauere. Seine letzten Jahre verlebte er beinahe sprachlos bei
seiner Tochter unterhalb von Meran.
Im Nachwort zu einer Neuausgabe der gesamten Cantos wird Pound als „schwieriges Individuum“
bezeichnet. (Was fast als Witz zu deuten ist.)
Pound starb im Jahr 1972. Sein Grab befindet sich auf der Begräbnisinsel San Michele in Venedig.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhrRoQ20x8_61sjLzwnc8vJa-z7rV283NjTIFa7_ud8_VySXgPPjMWfoNGrSYMD2yt6quityFZtfK3q_l7Blqm7RRLKOtg-wIGC6W188NES523YfNMLqBJATMmB3VfDva2bMEWxwDyshLc/s3575/IMG_20210806_140229.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="600" data-original-height="2170" data-original-width="3575" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhrRoQ20x8_61sjLzwnc8vJa-z7rV283NjTIFa7_ud8_VySXgPPjMWfoNGrSYMD2yt6quityFZtfK3q_l7Blqm7RRLKOtg-wIGC6W188NES523YfNMLqBJATMmB3VfDva2bMEWxwDyshLc/s600/IMG_20210806_140229.jpg"/></a></div>
Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-52048898624081403022021-07-07T00:55:00.001+14:002021-08-07T01:00:25.914+14:00tradotto secondo googleGleich zu Anfang des Jahres 2020, nachdem der Katalog gedruckt war, sendete ich ein Exemplar nach Mailand zu meiner Galerie. Sie antworteten mir umgehend, dass sie gern eine weiter Ausstellung mit mir machen wollten und ebenso wollten sie den Katalog präsentieren, auch wenn alle Texte darin auf Deutsch geschrieben sind.
Viele meiner Blätter gehören unterschiedlichen Serien an. Sie entstehen mit der Zeit, langsam und manchmal als Folge des Studiums von bienenkundlichen Büchern. Beispielsweise gibt es zahlreiche neue Erkenntnisse im Bereich der Bienenverständigung. Man hatte diesen Bereich nach den Arbeiten Karl von Frischs zum Bienentanz ja für abgeschlossen gehalten. Aber das ist ganz und gar nicht der Fall. Manche Felder sind auch noch immer undurchsichtig, was heißt, es ist für die Forscher weiterhin unmöglich, dort hinein zu sehen. Bei allen Blättern ist der Fall, dass sie dem Gesetz der Synergie gehorchen, das Buckminster Fuller so genau beschrieben hat: Das Ganze ist größer als die einzelnen Teile. Vor kurzem, da sie ja für Italien gedacht sind, setzte ich einen kleinen Stempel, wie bei der Post, den kann man auf Blätter hauen. Darauf steht: tradotto secondo google. Denn man hat ja das Smartphone neben sich liegen und häufig benutze ich es, um Texte ins Italienische übersetzen zu lassen.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-37086487852422023512021-05-07T01:42:00.038+14:002023-04-15T00:44:18.393+14:00bei: WurzelspitzenDie Ausstellung unter dem Titel Wurzelspitzen wurde von Katharina Heider und Michael von Brentano im Jahr 2021 verwirklicht und sie soll bis in den März des Jahres 2022 hinein reichen. Der Ort ist die ehemalige Gärtnerei Demel. 30 Künstler sind beteiligt. Das Gelände wurde etwa 100 Jahre lang als Gärtnerei genutzt, schließlich auch 18 Jahre lang verpachtet. Nun liegt es vorübergehend brach. Katharina Heider ist Architektin und hat einen komplexen Bebauungsplan für das Gelände entwickelt. Zugleich sind zahlreiche Fotos ehemaliger Angestellter gezeigt, die eine Widmung an diese Menschen und die von ihnen geleistete Arbeit sind.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWiBi0t2ZEOuJ_TGZb8Snvx5zZPS3nSJyvZ8n1sBvXpqM0wQ1tBUdJ6MhxbY5onIpgqBkB35et1LVu7Didq8KenrrogaL1tinnyw8IAX9hGDlBf_kQiduAVCyfhpNGIFkzI4DhSMSLlQE/s4000/IMG_20210521_145039.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="1846" data-original-width="4000" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWiBi0t2ZEOuJ_TGZb8Snvx5zZPS3nSJyvZ8n1sBvXpqM0wQ1tBUdJ6MhxbY5onIpgqBkB35et1LVu7Didq8KenrrogaL1tinnyw8IAX9hGDlBf_kQiduAVCyfhpNGIFkzI4DhSMSLlQE/s320/IMG_20210521_145039.jpg"/></a></div>
Nachdem ich bei der Ausstellung Wurzelspitzen in Seeshaupt eine monumentale Arbeit mit Kies und Gartenerde hingestellt hatte, die aber in diesem Zusammenhang nicht gezeigt werden kann, wurde mir von Michael von Brentano noch ein zweiter Raum zur Verfügung gestellt. Darin verwirklichte ich eine Wachsarbeit. Sie wirkt im Verhältnis klein, vielleicht sogar weniger ausgeklügelt. Aber das ist sie nicht. Sie erscheint mir ebenso umfangreich, nicht nur was ihre Lage im gesamten Raum und in eben jenem Kabinett, das aussieht, wie eine große Vitrine, betrifft, sondern auch wegen des Zusammenspiels der verwendeten mit den vorgefundenen Materialien und deren Möglichkeiten.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg9zGkV456l3DPLdtulyOabevYdMfE3XJqXTgzlcE0MLfz5ebvf834hyphenhyphen5NiL2R3r6bIDrIGc8NCK3EknTC3OQHrR2ywvdjrWjWQAf3F5_R23be12LCrAOkTQNbCDDoagFb-6BVAK0_I-7Q/s0/IMG_20210521_144519.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" data-original-height="1846" data-original-width="4000" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg9zGkV456l3DPLdtulyOabevYdMfE3XJqXTgzlcE0MLfz5ebvf834hyphenhyphen5NiL2R3r6bIDrIGc8NCK3EknTC3OQHrR2ywvdjrWjWQAf3F5_R23be12LCrAOkTQNbCDDoagFb-6BVAK0_I-7Q/s0/IMG_20210521_144519.jpg"/></a></div>Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-6661129736866604972020-11-20T07:25:00.009+14:002021-08-07T01:26:41.979+14:00Bucky<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEixzTWoBnlSB9ROhrg_Ailga07K5tXr2N3cyV0sg2t4BHh9AVmGRie1qsmIW1jzgMAr9YrjsO5CGFsR1yZDsbdwlLjhz2YTuVgupGLzIpqLPKtb5TTVnPAdDWZTWONdzN2JY5M4yonlAuM/s1734/IMG_20210228_162547.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="320" data-original-height="1734" data-original-width="1080" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEixzTWoBnlSB9ROhrg_Ailga07K5tXr2N3cyV0sg2t4BHh9AVmGRie1qsmIW1jzgMAr9YrjsO5CGFsR1yZDsbdwlLjhz2YTuVgupGLzIpqLPKtb5TTVnPAdDWZTWONdzN2JY5M4yonlAuM/s320/IMG_20210228_162547.jpg"/></a></div><div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiYw4lvnw-27tLwg256DJR-3Y4S_qAXnz5uFAg-ZCzfqcV8DCp-W9TpMsY5RpH8NhaUjzwiDg5IIBHbuMbPAKKq__nlWIGZVf16b1HwVvwGBAKeiNmAyHVE_qwT3-o-QGFTk0pdijkg2x0/s1080/IMG_20210228_140454.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="807" data-original-width="1080" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiYw4lvnw-27tLwg256DJR-3Y4S_qAXnz5uFAg-ZCzfqcV8DCp-W9TpMsY5RpH8NhaUjzwiDg5IIBHbuMbPAKKq__nlWIGZVf16b1HwVvwGBAKeiNmAyHVE_qwT3-o-QGFTk0pdijkg2x0/s320/IMG_20210228_140454.jpg"/></a></div>
Es begann mit ein paar Texten, die ich beinahe aus Langeweile, weil gerade nicht allzu viel im Atelier zu tun war, dort las. Es ging um Buckminster Fuller. Der Einstieg fiel mir schwer. Das Buch, in dem ich las, ist schwer zu bekommen, es heißt "Your Private Sky". Neuerdings werden wieder ein paar Exemplare davon auf ZVAB angeboten. Aber vor etwa zwanzig Jahren sah es damit schlecht aus. Damals telefonierte ich endlos herum und fand schließlich ein neues Exemplar in einer schweizer Museumsbuchhandlung. (Ich schenkte es dem Vater zum Geburtstag, da ich es für etwas Besonderes hielt. Als er dann gestorben war, entdeckte ich es in seinem Regal und es war so gut wie ungelesen.) YPS (wie ich es mittlerweile aus Platzgründen abkürze) ist voller Abbildungen und nach kurzer Zeit war ich von den geodätischen Kuppeln, die den meisten, wenn sie an Fuller denken, als erste einfallen, reichlich angeödet. In dem Begleitbuch "Diskurs" geht es dann um theoretische Texte, die gelegentlich so blutarm sind, dass ich das Buch schweigend weglegte. Erst nach und nach wurde daraus eine Recherche. Bucky wurde Fuller offenbar von seinen Freunden liebevoll genannt. Cage gehörte dazu. Wahrscheinlich hat sogar diese Affinität mich bewogen. Es gibt ein Foto, auf dem Cage links abgebildet ist, rechts der hoch aufgeschossene Merce Cunningham und mittig halten sie den kleinen Bucky. Alle drei lachen. Cage lachte ohnehin gerne, das sieht man seinem Gesicht an. Cunnigham lacht wie ein Lausbub. Und Bucky. Es kommt mir fast so vor, als wüsste er gar nicht so recht, ob lachen angebracht ist.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgAVxkMOaDfA3VqOE1PiLdvkhbvC6EaZBjjilZhsKfVs6lCyS2WECxqjXwG74j6lC4cEXLXrRrexeWtiWTP5d5OzLq3KzBZERXEbsMgcdLvOtmVsfyS4JCx-iO7i7BTyGa5Xz_syYwb78E/s1080/IMG_20210228_160018.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="609" data-original-width="1080" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgAVxkMOaDfA3VqOE1PiLdvkhbvC6EaZBjjilZhsKfVs6lCyS2WECxqjXwG74j6lC4cEXLXrRrexeWtiWTP5d5OzLq3KzBZERXEbsMgcdLvOtmVsfyS4JCx-iO7i7BTyGa5Xz_syYwb78E/s320/IMG_20210228_160018.jpg"/></a></div>
Später fand ich den Einstieg zu Fuller und begann voranzukommen, indem ich einfach alles ausließ, was mir zu trocken schien (also sehr sehr viel). Es wurde eine Recherche daraus, die nun bereits bis in den Winter anhält. Ich unterstreiche Texte in Büchern und tippe sie auf Karteikarten und stecke sie in einen der hölzernen Kästen, die ich vor ein paar Jahren aus anderem Anlass, aber auch für Karteikarten (DIN A6), gebaut habe.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgj_5uf_-_vQUd2KWWkkoWwBJ69zsDluA-ix0XzMZaeV9gYLcOFAAzPa5vLXNOVBh394-01WbUHCNa3C4I-syu4oJFaG16avEBFol8Oe4aGThH8Auj8hPgzTb_Xk3Jp0mLF-X6qm1PNxkQ/s935/IMG_20210228_134255.jpg" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="320" data-original-height="620" data-original-width="935" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgj_5uf_-_vQUd2KWWkkoWwBJ69zsDluA-ix0XzMZaeV9gYLcOFAAzPa5vLXNOVBh394-01WbUHCNa3C4I-syu4oJFaG16avEBFol8Oe4aGThH8Auj8hPgzTb_Xk3Jp0mLF-X6qm1PNxkQ/s320/IMG_20210228_134255.jpg"/></a></div>
Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-58688218798970119602020-08-20T05:48:00.018+14:002020-11-20T07:00:46.726+14:00"Die Intelligenz der Pflanzen"Bis weit ins Jahr 2020 hinein beschäftigte mich die Idee der Kommunikation. Pflanzen und Tiere, natürlich ging ich da von Blüten und Bienen aus, sprechen sich unablässig untereinander ab. Zwar fand ich immer wieder einzelne Ansätze, aber der eine große zeigte sich nicht. Mir fiel nur auf, dass offenbar viele Menschen da so eine Hybris am Laufen haben. Nur weil sie miteinander telefonieren, lauthals schreiend in der U-Bahn mit Masken, die unterm Kinn liegen, oder weil sie Emails schreiben oder sich am Küchentisch anfeinden, sehen sich als die Einzigen. Dabei strömen die Informationen an ihnen vorbei durch den Raum. Mit einem Freund sprach ich über die Gefühle der Pflanzen. Er sagte: "Tja, da wird es eng für die Veganer." Ein anderer hingegen bezweifelte, dass Fische Gefühle haben.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-79825972433639034302020-04-05T00:24:00.003+14:002023-04-15T00:49:10.721+14:00Näheres
Der Katalog wurde Anfang des Jahres 2020 gedruckt, gebunden und ausgeliefert. Während der Druck stattfand, was sich über zwei Tage hinzog, wurde ich sogar nach Bozen mitgenommen. Also konnte ich zusehen und stellte fest, dass die Drucker weitaus genauer hinsahen, eher eine winzige Unregelmäßigkeit bemerkten und nicht für tolerierbar hielten, als ich. Lustigerweise holten sie mich auch, wenn eine neue Runde begann, also ein neues Druckblech eingespannt wurde, und breiteten einzelne Andruckbögen vor mir zur Unterschrift aus. Ansonsten saß ich meistens in einem Aufenthaltsraum und trank Cafè. Dort lernte ich auch einen der beiden Chefs kennen, einen freundlichen älteren Herrn, und ich dachte, dass er genau so mit seinen Mitarbeitern umgeht, wie es nötig ist. Denn er weiß – entgegen dem üblichen Klischee, – dass er sie genauso dringend braucht, wie sie ihn.
Das Prozedere schien mir ein wenig absurd, da ich ja am folgenden Tag nicht mehr vor Ort sein würde, sie also ohne die Unterschrift ebenso drucken würden. Aber wahrscheinlich zählt die Geste.
Nachdem der erste Schwung des Katalogs geliefert war, nicht am folgenden Tag, aber bald darauf, begann die Corona-Krise. Wie seltsam, dachte ich. Denn ich hatte mich fast zweieinhalb Jahre bemüht, um ihn zuwege zu bringen, entgegen aller Widerstände, und schon wieder wurde er ausgebremst. Frau Metzel von der edition metzel erzählte, dass kaum jemand Geld für Kunst ausgebe. Zu Anfang der Krise machten sich viele darüber lustig, wie rücksichtslos und egoistisch die Leute in die Supermärkte stürzten und die Regale leerkauften, als müssten sie sich jahrelang in Atombunkern einschließen. Vor allem natürlich ist den meisten die gähnende Leere in den Fächern mit Klopapier in Erinnerung – fast jeder kann eine persönliche Geschichte dazu erzählen. (Nun ist die Frage, ob sich die Krise- oder noch mehr der Virus – sich wirklich gewandelt haben oder nur die öffentliche Wahrnehmung und der Umgang damit. Doch das führt hier zu weit.)
Mein persönliches Leben hat sich kaum geändert. Weder arbeite ich im HomeOffice, noch muss ich viele Videokonferenzen abhalten. Ich radle zu meinen Bienen und wir sind diesen Sommer gut miteinander ausgekommen. Im Atelier geht es etwas zu zäh vorwärts.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-19735553514583278912019-12-01T00:42:00.000+14:002020-10-03T01:52:20.719+14:00Näheres 2019
Das Jahr 2019 war turbulent. Zunächst besuchten Ottilie und ich einen Drucker. Danach suchten wir einen Lithografen auf. Grundsätzlich ist es so, dass in meinem Katalog zwei verschiedene Goldtöne verwendet werden, ein dunklerer und ein heller. Die wollte ich im Druck unterschieden wissen. In der Lithografieanstalt wurden den einzelnen Goldtönen nun die entsprechenden Farben zugewiesen. Das ergab dann einen Druck, der sechs Farben miteinbezieht, zunächst die vier Grundfarben und dann die beiden Goldtöne. Wie ich später feststellte, haben nicht alle Druckerein die geeigneten Druckmaschinen, die diese Menge an Farbtönen drucken können. Die meisten Druckerzeugnisse, meinetwegen auflagenstarke Versandkataloge, bestehen aus vier Farben. Wie ich später herausfand, bedarf es zusätzlich einer gewissen Zuneigung zu einem Produkt, das anspruchsvoll ist, aber nicht auflagenstark. Diese Vorgabe wird einem nicht in jeder Druckerei entgegen gebracht.
Ein grafisches Erzeugnis vom Ausmaß des Kataloges in eine Lithografieanstalt zu bringen, war nicht nur sinnvoll, um die beiden Goldtöne zu trennen und sie in Hinblick auf den Druck zu definieren. Die Angestellten gehen letztlich jedes einzelne Bild noch einmal durch und überprüfen es bezüglich seiner Druckbarkeit. Sie hellen hier noch etwas auf, greifen womöglich leicht in die Farbgebung ein und so weiter. Ich habe das sehr bewundert. Denn alles gründet sich auf langjährige Erfahrung und auf sehr fein kalibrierte Bilschirme.
Nachdem der Katalog in der Lithoanstalt bearbeitet worden war, wanderte er zu einer Druckerei. Die druckten das gesamte Buch, die gesamte Auflage, einmal durch. Und damit begann das Verhängnis des Jahres 2019. Denn der Druck war eindeutig verhauen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir für den helleren Goldton noch eine besondere Farbe vorgesehen. Sie ist ziemlich teuer, da sie aus geschilferten Partikeln von echtem Gold besteht, vermischt natürlich mit den üblichen Zusätzen. Einige der gedruckten Seiten waren mit zahllosen Spritzern mutmaßlich dieser Farbe übersät. Zusätzlich kamen mehrere andere Fehler hinzu. Doch die Spritzer waren ein erhebliches Problem. Schließlich setzten Ottilie, der Chef der Lithoanstalt und ich uns mit dem Drucker zusammen. Und dieser bot als Lösung des Problems großzügig an, dass er den gesamten Druck ohne weiter Kosten einstampfen würde.
Für mich wurde indessen klar, dass ich mir eine andere Druckerei suchen wollte und landete nach langem Hin und Her am Ende des Jahres 2019 bei longo in Bozen. Doch der gesamte Prozess, das Einholen der Angebote verschiedener Druckereien und so weiter, kostete mich Monate. Es kam mir vor, als hätte jemand gesagt: zurück auf Los. Und stets blieb die Unsicherheit, wie das Ergebnis schließlich aussehen würde. Mittlerweile hatte ich außerdem die Echtgold-Farbe durch eine neue aus Pigmenten ersetzt. Die Firma Pantone, die offenbar die meisten Farben liefert, hatte ihren Farbfächer für Schmuckfarben erweitert und bot einen durchaus ähnlichen Goldton an. Für den entschied ich mich.
Zugleich fielen mir immer wieder Änderungen am Katalog ein, und ich bilde mir ein, dass all meine kleinen Eingriffe die Leute von der Lithoanstalt zum Wahnsinn getrieben haben müssen.
Fast das gesamte Jahr 2018 über war ich dem Atelier fern geblieben, hatte all meine Energie auf die Arbeit am Katalog konzentriert. Und nun, im Jahr 2019 kam ich wiederum selten, wenngleich ein wenig öfter, dorthin. Dennoch rann mir das gesamte Jahr zwischen den Fingern hindurch, da ich nie ausreichend Zeit fand, mich künstlerisch mit dem Thema zu beschäftigen, das mir am Herzen lag.
Ein besonderer Fall ergab sich noch im Jahr 2019. Denn die edition metzel, ein Kunstbuchverlag, sprang im Sommer auf den Zug auf. Das war in etwa um die Zeit, als wir die Gespräche mit dem ersten Drucker führten. Letztlich ist die Verbindung mit der edition metzel der Vermittlung von Eva Kraus geschuldet, die mich mit Frau Metzel zusammen brachte. Eva kenne ich seit zwei Jahrzehnten, hatte zwischendurch aber den Kontakt verloren. Frau Metzel besah sich das Gesamte, war begeistert, half mir bei den Rechtschreibkorrekturen und nahm mich in ihr Programm auf.
Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-50707923268796675362018-12-31T23:57:00.000+14:002020-10-03T01:44:01.352+14:00Näheres 2018
Seit Ende des Jahres 2017, das gesamte Jahr 2018 hindurch bis weit ins Jahr 2019 hinein verbrachten die Grafikerin Ottilie Gaigl und ich damit, den Katalog zu erstellen. Ottilie bastelte nach einigen Wünschen, die ich zunächst geäußert hatte, ein Grundgerüst für eine Seite. Man nimmt es, wenn man den Katalog ansieht, sofort wahr, denn es erlaubt, gerade im Übertreten des Grundlinienrasters großen Spielraum. Ich bin Ottilie dafür sehr dankbar. Wenn man so will, wurde der Umgang gelegentlich zu einem Jonglieren mit den Möglichkeiten, die so ein grundsätzlicher Aufbau erlaubt, bis dahin, sich über alles hinwegzusetzen.
Ende des Jahres 2017 bat ich, ebenfalls im Vorfeld, einen Freund, der Fotograf ist, um Aufnahmen aller Zeichnungen, Bilder, Stempelarbeiten und so weiter, die größer als DIN A4 sind und also von mir nicht gescannt werden konnten. Durch seine Arbeit wurde ein großer Teil des abgebildeten Materials geliefert.
Ohnehin war dem Ganzen eine gewisse Verzagtheit meinerseits voraus gegangen. Ich konnte mich erneut auf die Münchner Kunstszene einlassen. Aber wollte ich das? Ich hatte fast überall, an allen strategischen Punkten und an vielen anderen, ausgestellt. 2017 stand ich in meinem Atelier und dachte: Warum mache ich das? Es war keine Sinnkrise. Denn ich bewegte mich weiter gerne in der Kunst, nur die angehängte Szene war mir verleidet. Doch ich hatte ausreichend Einfälle, saß hauptsächlich winters im Atelier und war im Sommer bei meinen Bienen und verrichtete die dort anfallenden Arbeiten. Mir fehlte hingegen der Antrieb, mich um eine Ausstellungsmöglichkeit zu bemühen. Vielleicht erwartete ich, dass sie von selbst auf mich zukommen würde. Wer weiß? Ich legte mir Rechenschaft ab. Dachte ich ans Ausstellen, befielen mich Unlust und der Gedanke: Damit komme ich hier nicht mehr weiter.
Nachdem der Katalog sich für mich als Möglichkeit eröffnet hatte, begannen Ottilie und ich uns Doppelseite für Doppelseite voran zu arbeiten, denn nicht die Einzelne, sondern die aufgeschlagene Seite ergibt ein Ganzes. Und wir bewegten uns zeitlich vorwärts, gliederten jedes Jahr in ein einzelnes Kapitel. Diese Vorgehensweise erschien uns von Anfang an sinnvoll. Manche Arbeiten reichen zwar über das relativ willkürliche Jahresende hinweg. Gelegentlich ist das auch thematisiert. Aber viele machen doch Halt. So seltsam das auch scheinen mag. Ich kann daher durchaus sagen: Im Jahr 2015 beschäftigte ich mich mit dieser Sache und im Jahr 2016 mit jener. Ich verstehe nicht ganz, woran das liegt. Vielleicht weil es einen Überfluss an Themen gibt, letztlich mehr, als ich abarbeiten kann. Aber das ist wieder nur eine Spekulation.
Da wir wussten, dass wir lange brauchen würden, um ins Finale einzulaufen, konnte ich Ende des Jahres 2017 ausstellen, obwohl wir bereits begonnen hatten.
Die Arbeit selbst muss man sich klassisch vorstellen. Ich besuchte Ottilie bei sich zuhause, oft zweimal pro Woche und wir saßen dann einträchtig nebeneinander in ihrem Arbeitsraum. Schließlich steht dort ihr großer Computer. Mittags legten wir eine Pause ein, manchmal sogar eine ganze Stunde, wenn sie oder ich sehr erschöpft waren. Wir tranken Caffè und aßen das Gebäck, das ihr Mann vorher eigens besorgt hatte. Ich bin den beiden sehr dankbar für diese familiäre Situation, dafür, dass ich dort als Freund aufgenommen worden war.
Danach begaben wir uns wieder in ihren Arbeitsraum und werkten gelegentlich insgesamt zehn Stunden. Wenn ich abends mit der S-Bahn nach hause fuhr, war ich weniger zufrieden, als einfach erschöpft.
Anfangs nahmen wir viel Text aus dem Buch Honiggeschichten, der dann kursiv gesetzt ist. Ich hatte das Buch 2004 geschrieben und im Eigenverlag herausgebracht. Später orientierten wir uns textlich am Aufbau des Blogs apicultura.de. Den hatte ich über lange Zeit hinweg geführt. Nur hatte ich einiges hinzuzufügen, manches wollte ich auch weglassen oder umschreiben. Was meine Bilder betrifft, so hatte ich viele gesammelt, es waren etwa 2000 davon. Dazu kamen die Abbildungen, die aus dem Netz stammten plus einige, die ich aus Büchern gescannt hatte. Es stand also viel mehr Material zur Verfügung, als wir unterbringen konnten. Insgesamt, soweit meine Zählung stimmt, kamen wir im Katalog auf 755 Abbildungen. So verwendeten wir etwa ein Drittel des Materials, das direkt von mir selbst stammt. Obwohl der Prozess des Aussortierens gelegentlich schmerzhaft war, begannen wir schnell zu ahnen, wie monumental dieses Werk eigentlich werden würde. Und es stimmt ja. Schließlich kamen wir bei 512 Seiten heraus.
Die genaue Seitenzahl ist übrigens wichtig. Wir hatten uns bald für einen bestimmten Papiertyp entschieden, auch wenn ich ihn immer wieder in Frage stellte. Und bei der Fadenheftung, wie wir sie gleich anfangs als notwendig erachtet hatten, kann die Maschine genau vier Blätter dieses Typs durchstechen. Das ergibt dann jeweils 16 Seiten in einem Bund. Mit anderen Worten: Die gesamte Anzahl muss immer durch 16 teilbar sein. Aber das reicht natürlich tief in den Bereich des Fachwissens hinein. Für den Betrachter ist der Katalog nur saumäßig dick.
Als Ausnahme ging übrigens das Jahr 1991 mit ein. Darin beschreibe ich mit Dankbarkeit meinen Bienenlehrer. Obwohl immer gesagt wird, die Arbeit fange im Jahr 1992 an, was nicht falsch ist, hatte ich ihn längst an der Akademie der Bildenen Künste kennen und schätzen gelernt. Deshalb bekam er sein eigenes Jahr – und ich fühle mich immer noch so, als hätte ich ihm zu wenig Tribut gezollt.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-75863060527900471372018-10-03T01:44:00.002+14:002023-04-15T00:53:37.586+14:00"Ein Satz fürs Leben"Ende September wurde von Laura Selz, einer Mitarbeiterin bei Bayern2Radio, eine Sendung vorbereitet, die hieß: Ein Satz fürs Leben. Laura traf ich gelegentlich im Cafè und sie hatte mich angesprochen, ob mir nicht so ein Satz einfiele. Tja, dachte ich. Es gibt einige Sätze, die die Mutter mir in der Kindheit um die Ohren geschlagen hat. Aber es ist nichts darunter, was man gern weitergeben möchte. Also entschied ich mich für einen Ausspruch von Franz. Er hat stets eine ganze Reihe von Sprüchen auf Vorrat gehalten. Die meisten sind mir im Gedächtnis geblieben oder ich habe sie sogar aufgeschrieben. „Christoph, lass mich dir eines sagen:“ „Schmarrn das Ganze“ und so weiter.
Auf die lange Sicht ist an mir ein seltsamer Ausspruch haften geblieben, den ich anfangs womöglich als etwas schrullig abgetan hatte, der sich jedoch bestätigt gefunden hat. „Man kann Bienen auch in einem Gummistiefel halten.“ Natürlich erkennt man die Übertreibung darin. Doch mir fiel auf, dass Bienen jedweden Bau annehmen, wenn er sich halbwegs für ihre Zwecke eignet. Deshalb nisten sie auch in Rollladenkästen und fühlen sich dort nicht weniger wohl als in einer wiederaufgelegten anthroposophischen (wesensgemäßen) Beute, die eigentlich aus dem Slowenien des Neunzehnten Jahrhunderts stammt.
Hat der Ausspruch mein ganzes Leben geprägt oder mich zumindest lebenslang begleitet? Das nicht. Doch er wurde zu einem Rätsel, das ich auflösen wollte. Er gewann mit den Jahren an Bedeutung. Mir fiel auf, dass die Form des Gebäudes, das wir den Bienen bieten, unseren Bedürfnissen entspricht. Glaubt jemand beispielsweise daran, dass „wesensgemäß“ überhaupt eine Kategorie ist, versucht er, die Umhüllung entsprechend zu gestalten. Das ist aber ein menschlicher Wunsch. Meine Absicht besteht zunehmend darin, die Sache von den Bienen her zu denken.
Als es zur Aufnahme meines Textes kam, auf den ich mich nicht gut genug vorbereitet hatte, standen wir direkt hinter den Bienenkästen im Rosengarten. Seltsam kam mir vor, wie wir da angeordnet waren, nämlich beinahe voreinander, so dass man das Mikrophon bequem hin und her schwenken kann, jedoch die Blicke abgewandt. Laura wusste, dass es nicht funktioniert, wenn man seinem Gegenüber direkt in die Augen sieht. Das bringt einen aus dem Konzept. Sie fragte gelegentlich etwas und hielt mir ansonsten das Mikro unter die Nase und ließ mich reden. Ich erzählte ein wenig, schmückte hier und da ein Detail aus und versuchte möglichst wenig Unsinn zu schwafeln. Auf den Freiheitsaspekt kam ich womöglich zu sprechen. Ich erinnere mich nicht genau. Tatsächlich hat der Satz ja die Aufgabe eines Rätsels. Erst hebt man ihn auf. Er krallt sich womöglich sogar mit Widerhaken in einem fest wie ein Bienenstachel. Er begleitet einen so lange, bis man es aufgelöst hat. Danach lässt man ihn gehen. Diese Wirkung verstand ich aber erst später.
Alles in allem ist es ein prägnanter Satz. Für mich ist er zudem eine Erinnerung.
Anfang Oktober wurde die Sendung geschnitten und ausgestrahlt. Und als sie dann kam, versendete ich den link dafür, als hätte ich eine Ausstellung. Tatsächlich war das ja auch so.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-37714393533428127282017-12-14T01:20:00.000+14:002018-04-24T03:58:55.109+14:00Edition Karbit<br />
Leonardo von Pisa, das steht bereits an anderer Stelle, war ein
bedeutender italienischer Mathematiker und stammte aus dem Dreizehnten Jahrhundert.
Sein Vater war Händler und nahm ihn auf Reisen durch den arabischen
Raum mit. Später studierte Leonardo in Nordafrika. Seine
bedeutendste Leistung war der Import des arabischen Zahlensystems, in
dem die Zahl Null vorkam und mit dem sich erstmals auf moderne Weise
rechnen ließ. Allerdings war diese Art von Indien, von den Hindus
aus, in die islamische Welt gelangt, weshalb er sie als „Zahlen der
Inder“ bezeichnete.<br />
<br />
Leonardos frühe Schriften, die nicht erhalten
sind, werden indessen von anderen zitiert.<br />
Eine seiner mathematischen Beschreibungen (die sowohl den Indern,
als auch den Griechen bereits bekannt war) wird heute die
Fibonacci-Folge genant. Fibonacci ist ein anderer Name dieses
Leonardo. (Figlio di Bonacci). Er veranschaulichte die Reihe mithilfe von Kaninchen, die
sich rasant vermehren. Es handelt sich um jene Zahlenfolge, die in
der Ausstellung <b>I Due Leonardo</b> aus dem Jahr 2006 bereits
verwendet wurde. (In meiner Arbeit werde ich ständig auf sie gestoßen.) Sie nähert sich der Teilung durch den Goldenen Schnitt
umso genauer an, je weiter sie fort schreitet, erreicht ihn jedoch
nicht. Als Fibonacci sein Beispiel einbrachte, handelte es sich nicht um biologische
Kaninchen, was für Verwirrung sorgte und dazu führte, dass man
ihn (aus den falschen Gründen) widerlegte. Jedoch gibt es ein
genetisches Vermehrungsbeispiel bei den Bienen, das damals keinem
einfallen konnten, weil man noch keine genauen Kenntnisse über sie besaß.
Im Stammbaum der Drohnen liegt die Fibonacci-Reihe unbestritten vor.
In diesem Fall, dem genetischen Verhältnis, sind Königinnen und Drohnen gemeint, während der
Stammbaum der Arbeiterinnen wohl ebenfalls einer Fibonacci-Reihe
gehorcht, allerdings zeitlich versetzt. Übrigens ist bei einer Menge
anderer natürlicher Wachstumsmuster, Tannenzapfen oder Muscheln oder
eben Sonnenblumen, die Reihe sichtbar.<br />
<br />
<br />
Bei den Drohnen ist, wie ich fand, das zeitlich Hindernis nicht
ausreichend berücksichtigt. Drohnen treten im Bienenjahr zu kurz auf
und die Vererbungsfolge wird daher nur im Ansatz veranschaulicht. Das
ändert jedoch nichts an der Richtigkeit des Beispiels.<br />
<br />
Fehlt in einem Bienenvolk die Königin über längere Zeit, können
einige Arbeiterinnen dazu kommen, Eier zu legen. Da sie aber nicht
befruchtet wurden, schlüpfen nur Drohnen daraus. Man erkennt das
zunächst daran, dass mehrere Eier ungeordnet am Boden einer Zelle
stecken, manchmal auch seitlich. Und da die Zellen der Drohnen größer
sind, modellieren die Bienen ganze Waben um. Wird das Problem
schlimmer, nennt man das Volk drohnenbrütig. Es gibt wohl Abhilfe,
wie ich gelesen habe. Doch ich löse solche Völker auf, indem ich
sie hinter dem Bienenstand ins hohe Gras schüttle. Die Bienen
betteln sich dann bei Nachbarvölkern ein und die provisorischen
Königinnen verenden im Gras. Eine Biene, falls sie Honig in ihrem
Magen mitbringt, wird von den Wächterinnen, die am Eingang eines
anderen Volkes sitzen, eingelassen. So habe ich es von Franz gelernt. Daher
räuchert man Völker, die man aufzulösen beabsichtigt,
beispielsweise zu kleine Ableger, bei denen sich das Einwintern nicht
lohnt, vorher kräftig ein, damit die Bienen zu ihren Honigtöpfen
getrieben werden und sich dort vollfressen.<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Spätestens ab der
Edition formulierte sich in mir eine Frage, die ich nicht lösen
konnte. Die Drohnen sind
unbestreitbar der männliche Teil innerhalb des Bienenkörpers. Sie suchen keinen eigenen Nektar, sondern lassen
sich im Stock mit Honig füttern. Sie sind daher kaum vor dem Stock zu finden, strecken höchstens einmal die Köpfe zum Flugloch heraus.
Sie haben keinen Stachel, sind aber anatomisch im Wesentlichen den
Arbeiterinnen gleich oder zumindest ähnlich. Sie sind Bienen.
Sie sind für die Befruchtung einer jungen Königin aus
einem anderen Volk zuständig. Dazu krabbeln sie aus dem Stock und
schwingen sich hoch in die Luft und finden ohne vorherige örtliche
Kenntnisse die Sammelplätze. Dort erreichen aber nur diejenigen von
ihnen, das sind dann etwa drei oder vier, die wohl aus verschiedenen Völkern stammen und die
der Königin am weitesten in die Luft hinauf folgen können, ihr
Ziel. Das ist die Begattung, und zugleich
bedeutet es den Tod, da der Begattungsapparat bei diesem Vorgang
heraus gerissen wird. Ansonsten lungern die Drohnen ab April im Inneren des
Stocks herum und werden ab der Sonnwende hinaus gedrängt, wo sie
verhungern, oder sie werden im Inneren abgestochen. Sie können (wie die
Königinnen) wegen ihrer dickeren Hinterleibe nicht durch die
Absperrgitter in die Honigräume gelangen. Manchmal stecken sie
abgetötet zwischen den Stäben der Gitter. Man nennt es die
„Drohnenschlacht“, womit wohl eine Schlachtung gemeint ist.
Unsentimental betrachtet ist es ein Entschlackungsvorgang. Das Volk
wird schlanker, es bereitet sich darauf vor, mit den bis zu diesem
Zeitpunkt angetragenen Futtervorräten über den Winter zu kommen.
Was die Funktion der Drohnen ist, wurde hinreichend geklärt, dass
sie nur ein Vierteljahr im Stock verbringen, ebenfalls. Da sie aber
nur zwischenzeitlich hervorgebracht werden, kommen sie mir wie eine
vorübergehend männliche Ausstülpung des Bienenkörpers vor.
Genauer formuliert, könnte man sie als kurzfristig männlichen
Anteil innerhalb eines rein weiblichen Systems bezeichnen.</div>
<br />
<br />
<br />
Mitte Dezember des Jahres 2017 fand die <i>Edition Karbit</i> in
der Galerie Heufelder statt und ich war neben einem Haufen anderer
Künstler, von denen ich zahlreiche kannte, zur Teilnahme eingeladen.
Die Galerieräume liegen nahe des Ateliers, das ich bewirtschaftete,
nur auf der anderen Straßenseite. Das Verbindende zwischen den
Künstlern war kein Thema, sondern das Format. Man sollte jeweils
drei gleiche Blätter vorlegen, alle im Maß 22 Zentimeter mal 32
Zentimeter, hochkant oder quer. Eines dieser Blätter wurde dann
gerahmt und aufgehängt. Das Format empfand ich als unglücklich, da
es so nahe am DIN A 4 liegt. Ich mühte mich im Atelier daran ab,
stempelte und wurschtelte, wobei unentwegt Ausschuss entstand. Zwar
wurde ich rechtzeitig damit fertig und brachte eine passable Version
zustande, doch erstaunte mich, wie stark meine Arbeit beeinträchtigt
wurde oder zum Erliegen kam, wenn das Format vorgeschrieben war.
Letztlich stempelte ich den Stammbaum der Drohnen. Damit ließ ich es
bewenden. „Drohnen haben keinen Vater“, dieser einfache Satz ist,
man muss es so sehen, die Zusammenfassung des Problems.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-71210213144218152462017-12-11T13:00:00.002+14:002021-08-24T08:50:59.823+14:00in bocca al lupoVortrag in der Akademie der Bildenen Künste München
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGSuF-i9I0aIDYZ15-8DNpKnNcQ1iTxtlDJP8ZCxT1vNNxavyKxW1X3FjdAD6iE5cywHwbzONhbXh9vST7SnbmgOuiGwcxqUR8p9AVZK_yVzAccxa6XNBFtek-JuGIZzEWIQsusKY2rKc/s2048/combs+generate+combs-cmyk-frei.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="400" data-original-height="1039" data-original-width="2048" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGSuF-i9I0aIDYZ15-8DNpKnNcQ1iTxtlDJP8ZCxT1vNNxavyKxW1X3FjdAD6iE5cywHwbzONhbXh9vST7SnbmgOuiGwcxqUR8p9AVZK_yVzAccxa6XNBFtek-JuGIZzEWIQsusKY2rKc/s400/combs+generate+combs-cmyk-frei.tif"/></a></div>
Gegen Ende Juli wurde ich von Katharina Deml angerufen und gefragt, ob ich bereit sei, ungefähr im
Dezember eine Art Vortrag zu halten mit dem Thema, wie es früher an der Akademie gewesen ist,
von der Baracke, dem Garten, der Bienenhaltung, dem Honig, der Herstellung wertvoller Nahrung
und so weiter. Mein Beitrag sollte, wie wir entschieden, auf einen der Gartenarchitektin, die den grünen
Raum im Akademiegelände umgestaltet hat, abgestimmt sein. Die Dame ist nicht mehr eingeladen
oder sie hat abgesagt, das weiß ich nicht. Daher sitzen wir nun ohne sie hier. Weiter befragte ich mich,
ob es für Sie von Bedeutung ist, wenn ich direkt und chronologisch von meinem Leben erzähle. Denn
es sind meine persönlichen Eindrücke und andere sind sicher zu anderen gekommen. Ich wog zwei Formen
gegeneinander ab. Schließlich entschied ich mich für einen Kompromiss. Ich berichte Ihnen ein
wenig von meinem Werdegang, und ich beziehe mich auf die fraglichen Punkte.
Zunächst kurz zum Titel : in bocca al lupo. Das heißt, wenn man es wörtlich übersetzt: im Maul des
Wolfes, und man könnte sich fürchten. Ein italienischer Bildhauer, der nicht Deutsch spricht, sagt mir
das zu Einladungen, die ich ihm schicke. Er meint damit in etwa: viel Glück oder Hals- und Beinbruch.
Doch es ist, wie mir eine Italienerin erklärte, entgegen der deutschen Logik die Bezeichnung für den sichersten
Ort der Welt. Denn wo könnte man sich besser beschützt fühlen als dort?
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWkX_WHQEN3dZtQzXcKzyT6BV5yIy0rm3GSa9AfuZ6edxWD8bv5kMZNmka04VFqBsq4MzbEkwkD5STnCmV_GEM4tp2ndH2r04MXtdw-E49mx05Xw0hLzWcmXZwMXz4NFQCmVmpHLrjuqs/s1528/DanielSpoerri_3+1.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="400" data-original-height="1528" data-original-width="1315" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWkX_WHQEN3dZtQzXcKzyT6BV5yIy0rm3GSa9AfuZ6edxWD8bv5kMZNmka04VFqBsq4MzbEkwkD5STnCmV_GEM4tp2ndH2r04MXtdw-E49mx05Xw0hLzWcmXZwMXz4NFQCmVmpHLrjuqs/s400/DanielSpoerri_3+1.tif"/></a></div>
Ich hole weit aus. Anfangen möchte ich mit dem Berufsgrundschuljahr Schreiner, das ich vor der
Akademie absolvierte, in der festen Absicht, entweder Schreiner oder Treppenbauer zu werden. Zu
Beginn der Lehrzeit sucht man sich eine Lehrstelle, in der man nach dem Ende dieses ersten, schulischen
Jahres arbeitet. Diesen Platz hatte ich bei einem Schreiner, Bauschreiner und Treppenbauer gefunden.
Ich verwendete es später als die neun Monate Praktikum, die man an der Akademie vorausgehend
absolviert haben muss. Die Werkstatt, die ich erspäht hatte, liegt in Ammerland am Starnberger
See. Die Lehrzeit hatte ich mir dadurch traumhaft vorgestellt. Zunächst wollte ich nicht Künstler
werden. Oder ich wusste nicht, dass ich es wollte. Damals, während dieses ersten Jahres, wohnte ich
in Wolfratshausen. Hinter dem Wohnhaus ging es gleich den mit Buchen bestandenen Berg hinauf.
Dort war ich während der freien Wochenenden unterwegs und baute aus Ziegelsteinen, die ich von
Baustellen geklaut hatte, kleine Brennöfen. (Es ist ein Witz, wenn behauptet wird, in Wäldern dürfe
man keine Feuer machen, es bestünde Waldbrandgefahr.) Von diesen winzigen Meilern aus Ziegeln
knipste ich eine Reihe Fotos. Manchmal brannte ich auch modellierte Tonklumpen darin.
Am Ende des Berufsgrundschuljahres ging ich erneut zu der Lehrstelle, um mich quasi zurückzumelden.
Der Meister teilte mir aber mit, mit Scham im Gesicht, dass er die Stelle dem Sohn des
Bruders habe abtreten müssen. Nun stand ich da und hatte nichts außer einem Mann, der um Worte
rang und dem es Leid tat. Natürlich versuchte ich mit aller Kraft, eine neue Stelle zu finden, kam
auch mehr schlecht als recht irgendwo unter, aber der Traum war zerplatzt. Daher dachte ich, da ohnehin
alles wurscht war, könne ich mich auch an der Akademie bewerben.
Dort war es Usus, in einer Mappe geordnet, seine Bewerbungsunterlagen vorzulegen, und sich für
zwei Professoren zu entscheiden. Denn wurde man vom einen nicht genommen, konnte man vielleicht
zum anderen. Das hielt ich nicht so. Ich pfefferte die paar Fotos von den Brennöfen und einige
ziemlich schlechte Zeichnungen in eine alte Mappe, die mir aus der Schulzeit geblieben war. Die
Mappe hatte sogar einem anderen gehört, einem Freund von mir, dessen Namen strich ich provisorisch
durch und setzte meinen dagegen hin. Und ich schrieb nur einen weiteren Namen drauf, nämlich
den des Professors, den ich kannte. Alles andere war mir zu blöd, und ich war der Akademie
gegenüber zu gleichgültig, um mich näher zu informieren. Im Übrigen hatte ich einige Schüler von
Professor Heribert Sturm und ihn selbst bereits auf einer Klassenfahrt nach Italien begleitet. Warum
nicht gleich er?, fragte ich mich.
Danach wurde ich zu einem Gespräch in sein Atelier im Keller des Haupthauses bestellt. Dort sprachen
wir über dies und das, unter anderem, dass ich geraume Zeit im Hunsrück gelebt hatte und einmal
pro Woche nach Düsseldorf getrampt war, um die ehemalige Klasse Beuys in Raum drei der
dortigen Akademie zu besuchen. Dort fand wöchentlich ein sogenanntes Ringgespräch statt, das Johannes
Stüttgen leitete. Von diesem Umstand zeigte sich Heribert Sturm beeindruckt. Die Öfen fand
er ebenfalls großartig. Nur die Zeichnungen, die, wie gesagt, schaurig waren, ließen wir außer acht.
Der Bauch von Heribert wölbte sich weit vor, sein Bart und seine Haare standen ihm ungeheuer
vom Kopf ab wie einem Waldschrat. Er saß vorn auf der Stuhlkante, da er nicht groß war, und seine
Oberschenkel wiesen leicht nach unten. Er hatte also meine Mappe dort liegen und auf einmal
rutschte alles fort und klatschte auf den Boden. Worauf wir lachten. Im Nachhinein glaube ich, dass
dies der Augenblick war, an dem er entschied, mich in seine Klasse auf zu nehmen. Er sagte mir
auch mehr oder weniger gleich zu. Ich wurde auch nicht gefragt, wie ein Freund von mir, warum
ich Künstler werden wolle. Auf diese Weise, ohne es gewollt zu haben, landete ich an der Akademie.
Die Akademiezeit dauerte von den Jahren 1987 bis 1994.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizFQSAG-PPw2lGIlC-We2eHaGglqm6iUO4i3MZneO8rT2iXdk7QtIkOB6VBw4yR6Dy-aYcmYFDIrc8scuRUfpCsNAyI5dpeckOVXda14tYpKtGJVPTj7LHi7m4g-m4A4UBQhEpWoKof_A/s1308/Bernstein-cmyk-frei-kl.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="200" data-original-height="1308" data-original-width="945" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizFQSAG-PPw2lGIlC-We2eHaGglqm6iUO4i3MZneO8rT2iXdk7QtIkOB6VBw4yR6Dy-aYcmYFDIrc8scuRUfpCsNAyI5dpeckOVXda14tYpKtGJVPTj7LHi7m4g-m4A4UBQhEpWoKof_A/s200/Bernstein-cmyk-frei-kl.tif"/></a></div>
Dort wusste ich während der ersten beiden Jahre kaum, was zu tun war. Es dauert meistens ein oder
eineinhalb Jahre, bis man sich fängt. Im ersten Herbst, als erste Tat, pflanzte ich mit einem Kollegen
einen Kirschbaum im Barackengarten. Bäume hatte ich bereits gepflanzt und wusste, wie das ging.
Ich fuhr in eine Gärtnerei und kaufte einen auf Hochschnitt getrimmten Baum, der gepfropft war
und etwa einen Meter achtzig maß. Über den nächsten Sommer hin mickerte das Bäumchen und im
kommenden Herbst war es eingegangen. Das gab mir eine erste Information über die mögliche Bodenbeschaffenheit.
Ansonsten besuchte ich Klassenbesprechungen und fragte mich, was dort besprochen wurde. Dann
ging ich in andere Klassen. Beispielsweise versäumte ich kaum eine Besprechung in der Klasse
Spoerri. Dort wurden, wie Beuys es ausgedrückt hatte, Namen und Begriffe genannt. Das heißt
nicht, dass ich den Diskussionen ganz folgen konnte oder wirklich verstand, warum die eine Arbeit
besser war und es der anderen an etwas mangelte. Wahrscheinlich hätte ich in diese Klasse gewechselt,
wenn nur Spoerri länger an der Akademie geblieben wäre. Aber das war nicht der Fall. Also
ging ich wieder hinunter in die Baracke und versuchte, ein Anliegen zu finden. Denn darum geht es
letztlich und das ist das Schwerste.
Die Baracke hatte eine U-Form. Ich weiß nicht, seit wann unsere Baracke bestand, vielleicht hatte
man nach dem Zweiten Weltkrieg eine Menge zerbombte Dachstühle abgerissen und sie auf diese
Weise einer neuen Verwendung zugeführt. Das habe ich aber nie geprüft. Manchmal werde ich von
einem Historiker gefragt, ob sie ursprünglich für Kriegsflüchtlinge errichtet worden war. Das kann
ich nicht beantworten. Unsere Klasse war in einem der langen Streifen untergebracht, im anderen
die der Klasse Dengler. Dazwischen waren der Akademieladen voller Leinwände, Farben und Pinsel,
dazu Klassenräume der Denglers. Drüben wurde gemalt, weshalb wir mit ihnen nicht allzu viel
zu tun hatten. Uns nannte man die Tonbatzler. Es war schon so, dass man vom Haupthaus ein wenig
abschätzig auf uns herab sah, als liefen die dort oben mit einem goldenen Zahnstocher im Mund
herum und wir wären die Erdnuckel. Dabei war es genau genommen umgekehrt. Wir hatten viel
mehr Platz als die, da die Baracke in lauter kleine Zimmer unterteilt war. Wir hatten etwa 10 Räume.
Außerdem, wie gesagt, hatten wir den Garten vor der Tür.
Unsere Besprechungen fanden häufig in unserem größten Raum statt. Er war nach oben offen und
man sah das Gebälk. Heribert, der während der Sechziger Jahre bei Heiner Kirchner studiert hatte, erzählte
eines Tages, dass dieser Raum die ehemalige Mensa gewesen sei, durch eine Luke, die noch
vorhanden war, sei das Essen ausgegeben worden. Schon damals übrigens hieß es mindestens einmal
pro Jahr, die Baracke werde abgerissen. Das geschah letztlich aber erst Ende des Jahrhunderts.
Die Baracke, mehr noch als die Akademie damals, gestattete einem Studenten so ziemlich alles.
Einmal beispielsweise hatte ich in einem Container ein dreiteiliges Fenster gefunden, das größer
war, als das in meinem Raum. Folglich fischte ich es heraus, lagerte es ein und wartete das Wochenende
ab. Dann nahm ich die große Klassenflex und schnitt damit einen vergrößerten Fensterausschnitt.
Das alte Fenster fiel mir entgegen und ich entsorgte es in demselben Container. Das neue
setzte ich ein und putzte es mit Zement fest. Außerdem fügte ich außen noch ein kleines, schräges
Fensterbrett aus Schnellzement hinzu. Montag vormittags standen prompt drei Hausmeister draußen
im Garten und sagten, das Fenster sei doch neu, es sei auch größer als die anderen und so weiter. Ich
ging hinaus, stellte mich dazu und schaute interessiert. Dann behauptete ich, das sei schon lange so,
ich sei seit Jahren hier und nichts habe sich verändert. Sie murrten und schoben ab. Später mauerte
ich mein Zimmer zu, da es zu einem anderen hin offen war, setzte einen Rahmen und hängte eine
Tür ein. Die konnte ich abschließen. Auch bestimmte Nischen ließen sich sägen, wenn man wollte.
Michael Krause, den manche kennen, hatte in seinem Raum einen Teil des Bodens heraus gerissen.
Es waren ohnehin nur einfache, etwas dickere Fichtenbretter. Anschließend hatte er gegraben,
soweit er gekommen war. Dank Michael Krause erhaschte ich einen Blick auf das Fundament. Es
bestand aus Betonträgern, die quer zum Haus in die Erde gesteckt waren. Die Baracke lag um etwa
drei Treppenstufen erhöht. Die Bausubstanz erklärte ich mir so, dass man irgendwelchen Bauschutt
grob gehäkselt und mit magerem Zement gemischt hatte.
Buckminster Fuller, der berühmte amerikanische Erfinder und Architekten, hatte 1922 als junger
Mann mit seinem Schwiegervater eine Baufirma gegründet. Sie bauten ein paar hundert Häuser, die
sich völlig glichen und stockade hießen, was in etwa Palisadenzaun bedeutet. Sie bestanden aus
Leichtbausteinen aus Stroh, die mit Zement gemischt waren. Die Häuser der Stockade Building
Corporation bestanden aus einem ähnlichen Prinzip, nur dass dort, fast wie aus Tuffstein geschnitten,
große Blöcke zuerst gegossen und dann versetzt gemauert waren und vielleicht alle achtzig
Zentimeter ein rundes, senkrechtes Loch freigaben, quasi eine Stange in der Wand. Da hinein wurden
anschließend Betonstützen gegossen. Das Stroh isolierte und die Betonstangen waren für die
Armierung zuständig. Auch die Stockade Buildings lagen etwas erhöht. Fuller unterrichtete später
mit Cage, Tudor, Albers, de Kooning und all den anderen Helden am Black Mountain Collage.
Unmittelbar nachdem ich an die Akademie gekommen war, fand das Examen für die Abgänger statt. Einer
hatte in einem unserer Räume einen Haufen schwarzen Gießereisand ausgebreitet und darin irgendwelche
Kanäle geformt. Im Garten davor schmolz er Aluminium. Er musste dazu ein mächtiges Kohlenfeuer
unterhalten, denn Aluminium schmilzt erst bei etwa 650° C. Er goss es auf den Sand. Allerdings
verschätzte er sich, es floss seitlich aus und setzte den Holzboden in Brand. Es gab große Aufregung, da
er fast die Baracke abfackelte. Aber schließlich war ein Feuerlöscher zur Hand. Wir hingegen hatten dafür
jahrelang mit dem feinen, beharrlichen Löschstaub zu kämpfen. Im Haupthaus verwirklichte der Pyromane
ebenfalls eine Gussplastik, allerdings aus Blei. Er flexte zwei senkrechte Schnitte in die Wand,
und es fiel ein drei kantiges Stück, das sich nach unten verjüngte, heraus. Und er setzte ein längliches
Aluprofil hochkant davor, es sollte so etwas wie eine stehende, vierkantige Figur zeigen.
Oben auf den Zimmerchen der Baracke, die etwa Zweimeterfünfzig hoch waren, saß ein vergleichsweise
spitzes Dach, dessen Gerüst aus dünnen Fichtensparren gezimmert war. Mittig konnte man
stehen, aber seitlich verlief kein Kniestock. Man gelangte über eine Treppe hinauf, allerdings versperrte
oben eine abgeschlossene Tür den Zugang. Wir mussten erst jemandem den Schlüssel abluchsen.
Ich kann mich aber nicht erinnern, wer das war. Der Speicher, wie wir schnell heraus fanden,
taugte, um alte Plastiken zu verklappen.
Die Firma Schwegler, das als Einschub, stellt unter anderem Hummelkästen her. Sie führen für fast
alle Tiere, die im Freien leben, für Spechte, Hornissen, Igel, und so weiter, Behausungen. Die alle
bestehen aus sogenanntem Holzbeton. Tatsächlich wird da feuchtes, sehr fein gehäkseltes Holz mit
Zement vermischt und in eine Form gepresst. Von Gießerei kann man nicht mehr sprechen, sonst
hätte ich es längst aufgegriffen. Oben auf dem Korpus liegt ein schwerer Deckel und innen, knapp
unterm Rand läuft ein Absatz, in den man ein Brett legt, um die Temperatur im Sommer zu regulieren.
Das Material ist aber kalt und schwer und unangenehm anzufassen. Da Hummeln nur Sommervölker
bilden und in Kuhlen von Sägespänen leben, finde ich es einigermaßen tragbar. Bienen würde
ich darin nicht überwintern wollen.
In Bezug auf unseren Garten gab es übrigens einen Unterschied zum restlichen Akademiegarten.
Die Hausmeister betraten ihn so gut wie nie. Er war unser Reich und wir machten dort, was uns
passte. Der Rest interessierte uns nicht. Ich trieb mich manchmal im Restgarten herum, konnte aber
für die offensichtliche Idylle nur mäßige Begeisterung aufbringen. Hinten lag das Haus, wo Robin
Page, den alle Käpt´n Blaubart nannten, mit seiner Frau und seinen zahlreichen, riesigen, schwarzen
Hunden wohnte. Ich glaube, es waren Neufundländer. Einmal sah ich ihn an der Einfahrt von der
Akademiestraße her, innen am geschlossenen Tor, und er lungerte mit diesen langhaarigen, friedlichen
Monstern herum, die überall hinschissen. Es gab da seitlich ein Fußgängertor und er bat mich
in Zeichensprache, hindurch zu huschen und das Tor schnell hinter mir zu schließen. Er zuckte entschuldigend
mit den Schultern und sagte: „Walking the dogs.“
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhycIIpWV0M32UuJNgQC_wRz4PmLBANgx83gc-FsG9rLfJ5W-ZU0zfSrxYt0MuAZXOJG7C-sVaaJ9N6Yd_5HSNdYwqtm0XgXvXQSKPP96s71rw3LAzuBMVTmAqAhs-XrXzv2umPHiNzMnM/s627/Honigglas+Blumenetikett+3-cmyk-frei.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="400" data-original-height="627" data-original-width="485" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhycIIpWV0M32UuJNgQC_wRz4PmLBANgx83gc-FsG9rLfJ5W-ZU0zfSrxYt0MuAZXOJG7C-sVaaJ9N6Yd_5HSNdYwqtm0XgXvXQSKPP96s71rw3LAzuBMVTmAqAhs-XrXzv2umPHiNzMnM/s400/Honigglas+Blumenetikett+3-cmyk-frei.tif"/></a></div>
Die Bäume des Hauptgartens waren schön, der winzige Teich vor der Kunststoffwerkstatt war künstlich,
er mutete asiatisch an und er vermooste zunehmend. Hinter dem Teich lag ein dichtes Gebüsch.
Darin hatte geraume Zeit vor mir jemand Bienen gehalten. Das sagte Franz. Franz war Franz Wagner,
einer der Hausmeister. Er wurde mir im Lauf der Zeit ein hoch geschätzter Freund, und von ihm bekam
ich schließlich meine ersten Bienen. Wirklich schön fand ich die große Fläche der Blausterne jedes
Jahr Anfang April. Das sind etwa zwölf Zentimeter hohe, tiefblaue Blümchen mit Blütentrauben.
Sie lieben feuchten Boden und ihre Samen werden durch Ameisen verschleppt. Die Fläche erstreckte
sich über die leicht geschwungene Wiese zur Leopoldstraße hin.
Unseren sogenannten Privatgarten gruben wir ständig um, man musste höllisch aufpassen, dass man
nicht plötzlich in ein zugewuchertes Loch fiel. An der Mauer zum Hauptraum breitete sich Herkuleskraut
aus. Das ist ein mannshohes, giftiges Doldengewächs, mit kreisrunden, weißen Blütenflächen,
so groß wie ein Panamahut, die aus lauter kleinen Einzelblüten bestehen. Es bietet eine hervorragende
Nahrung für Bienen. Es wird nicht gern gesehen, aber wir taten natürlich einen Teufel
und ließen es beliebig wuchern.
Eines Abends nach einer Jahresausstellung veranstaltete unsere Klasse ein großes Fest. Ein früherer
Student hatte einen vier Meter breiten Krater gegraben und den Aushub als Rand aufgeschüttet.
Obenauf hatte er ein provisorisches Dach gesetzt. Es bestand aus drahtenen Seilzügen, die dünne,
breite Bretter aus Tropenholz, etwas dicker als Furnier, zu einer provisorischen Kuppel spannten.
Diese mangelhafte Plastik ging mir vom ersten Tag an auf die Nerven. Während des Festes machten
wir ein kleines Feuer am Grund des Aushubs. Dann entschieden ein Freund und ich, dass es genug
sei mit der Kleinkrämerei, wir hoben das Dach an, drehen es um und legten es in den Krater. Kurz
danach fing es Feuer und eine Stichflamme schoss empor. Daraufhin wieder riefen Bewohner der
Türkenstraße die Feuerwehr. Die rückte mit Blaulicht und fünf Löschzügen an. Das Tor war aber
verschlossen und sie kamen nicht in den Garten. Daher rannten sie panisch draußen herum und kletterten
schließlich von der Türkenstraße her über den Zaun, der nach oben hin ja Spitzen hat. Sie zo -
gen einen endlos langen Schlauch hinter sich her, und suchten festen Tritt entlang der Böschung zum
Krater hinauf. Das Feuer war da längst herunter gebrannt. Dann gaben sie „Wasser Marsch“ und hielten
sich am Schlauch fest wie die „Sieben Schwaben“. Sie standen da mindestens eine halbe Stunde,
das Feuer war dreimal ertränkt, aber sie pullerten weiter und ließen den ganzen Aushub voll laufen.
In einem Spätsommer, wurde der alte Häuserblock an der Panzerwiese, wo ich damals wohnte, abgerissen.
Ich hatte vereinbart, in eine Wohnung in der Lothringer Straße ziehen zu können. Doch
das Zimmer dort sollte erst vier Monate später frei werden. Da beschloss ich, es eben mit den Eltern,
die ich jahrelang gemieden hatte, noch einmal zu versuchen. Doch nach zwei Tagen hatte ich
bereits genug und schlief auf einem aufklappbaren Feldbett in der Akademie. Erst blieb ich im Garten,
dann, als es kalt wurde, ging ich in meinen Raum. Das wurde eine seltsame Erfahrung. Denn
die Akademie damals war eine Insel mitten in der Stadt. Dort zu schlafen, dann morgens in die Cafeteria
zu tappen, um den ersten Caffé zu schlürfen, dann vielleicht mittags dort zu essen und
abends dort zu saufen, ließ einen binnen einer Woche den Bezug zur Realität verlieren. Wenn ich
nicht bei Freunden auf der Couch schlafen konnte, saß ich in der Akademie fest, und nach vier Monaten
reichte es mir ziemlich.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhKQYinZDXuYXoz42-SGpo333rDqxc41Au_8uZ5ZEiWBxUiHiQLBn6ylOvXPM5vY_-CBXTY8aOKazmXcF98CSogj8G5qG5dGNJ6tizVUjoy-DdQb77RGGB9ppew9inF80KuXfrMaoZBl1o/s800/Opernhonig+1-cmyk.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" width="200" data-original-height="516" data-original-width="800" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhKQYinZDXuYXoz42-SGpo333rDqxc41Au_8uZ5ZEiWBxUiHiQLBn6ylOvXPM5vY_-CBXTY8aOKazmXcF98CSogj8G5qG5dGNJ6tizVUjoy-DdQb77RGGB9ppew9inF80KuXfrMaoZBl1o/s200/Opernhonig+1-cmyk.tif"/></a></div>
Zu unserem Garten fällt mir noch eine Menge ein. Die Klasse Dengler beispielsweise hatte dort nur
einen winzigen Platz entlang ihrer Klassenräume für sich beansprucht und ein Gemüsebeet angelegt.
Es wuchsen Salatköpfe und Karotten und ein paar Kräuter. Ich stand diesen Beeten kritisch gegenüber.
Der Boden, schien mir, war verdorben und ich hätte nichts davon gegessen, vor allem nicht
Salat. Übrigens ist so ein Projekt in diesem Jahr im Rosengarten am Schyrenbad, wo seit 20 Jahren
meine Bienen stehen, zu Ende gegangen. Man hatte Nutzern je zwei Quadratmeter für einen Sommer
vermietet. Dann stellte sich jedoch heraus, vor kurzem erst, dass dieser Boden, der zuvor zum
Abfallwirtschaftsamt gehört hatte, kontaminiert ist. Seither ließen die Leute, die zuvor eifrige Esser
gewesen waren, ihr Gemüse und ihre Kräuter ausblühen. So stelle ich mir auch den Kräuteranbau
im Akademiegarten vor. Man muss erst den Boden prüfen. Anders ist es bei bestimmten Formen des
Guerilla-Gardenings, bei dem man nur Pflanzensamen über Zäune streut ohne den Wunsch, die Saat
zu essen. Ein Freund hatte Schlafmohn kultiviert und dessen Samen geerntet und wir warfen ihn in
allerlei bürgerliche Gärten, wo er aufging und seine schönen Blüten entfaltete. Ein anderer Freund
war Bauer oben im Hunsrück bei Idar-Oberstein, der alten Steinschleiferstadt. Er legte jedes Jahr
große Maisfelder an und ließ in deren Mitte runde Flächen frei, auf denen er Gras anbaute. Das
rauchten wir dann. Sein Ackerland hatte früher als Abraum für nicht nutzbare Edelsteine gedient.
Man hatte das Zeug einfach dort hin gekippt. Gelegentlich pflügte er beispielsweise einen brasilianischen
Rauchtopas auf und ohnehin alle Arten von billigen Kristallen, Zitrite, Rosenquarze, Amethyste
und so weiter. Er sammelte sie auf seinem Fensterbrett.
Edgar Stein, auch aus der Klasse Dengler, mit dem ich später in Straubing im ehemaligen Schlachthof,
viel zusammen saß, hatte im Barackengarten seine Boote gelagert. Er flexte dazu Öltanks auseinander
und kalfaterte sie. Dann transportierte er sie nach Straubing, wo die Donau fließt. Er schraubte einen
Außenborder dran, ließ sie zu Wasser und kurvte herum. Sozusagen als Fortsetzung schweißte er sich
aus gebogenen Stahlstangen runde Steuerräder, die über Seilzüge den Außenborder bewegten.
Im Barackengarten reparierte ich mehrfach mein Auto, einen roten R4. Ich bockte den Wagen mit
Ziegelsteinen hoch auf, dann kroch ich darunter und wechselte beispielsweise die Bremsbeläge oder
setzte eine neue Kupplung ein. Einmal schlenderte Stefan Lehnerer vorbei, der zu den ersten Studenten
in unserer Klasse gehört hatte und damals so etwas wie ein Mythos war. Vielleicht war er
auch kein Mythos, aber eine Besonderheit. Er bemerkte, das Auto im Garten sei die beste Plastik.
Damals war ich längst in der Bildhauerei angekommen und dachte: „Vor so schnell hingeworfenen
Bemerkungen muss man sich hüten.“ Überhaupt aber fuhr ich öfters mit dem Auto in unseren Garten
hinein. Es gab eine Auffahrt und man musste sich, hinter den Abfallcontainern vorbei, durch den
üppigen Bewuchs hindurch schlängeln und die vielen Löcher im Boden und die Eisenstücke, die
scharfkantig heraus ragten, umkurven. Gelegentlich lieferte ich Sand oder Kiesel von der Kippe in
Riem an. Der Wagen war ausgelegt für etwa 300 kg Zuladung und ich beförderte mindestens 600
kg. Dadurch ragte der Kühler des Wagens hoch wie bei einem Rolls Royce. Die Ladung schaufelten
wir durchs Fenster in den großen Raum.
In unserer Klasse wurde zunächst viel in Ton gearbeitet. Auch ich hatte damit begonnen, bis ich fest -
stellte, dass das nichts für mich war. Die nächste Generation der Studenten entdeckte das Gießen. Es
gab natürlich Übergangsgenerationen. Ich glaube, ich gehörte zur zweiten oder zweieinhalbten. Das
Gießen wurde für mich das Eigentliche. Vor allem im ehemaligen Schlachthof in Straubing, der offiziell
eine Dependance der Akademie sein sollte, aber eigentlich unserer Klasse gehörte, gossen wir
wie die Wilden. Die Palette reichte von Gips und Zement über verschiedene Wachse zu Schwefel zu
Blei, Zinn, Zink und Aluminium bis hin zu Eisen. In Straubing bauten wir tatsächlich einen Kupolofen,
einen professionellen Eisengussofen, den wir mehrmals benutzten. Nur Bronze ließen wir aus.
Es ist ein überfrachtetes, traditionsbehaftetes Material. In Straubing saßen wir abends oft zu dritt oder
viert in der Küche, kochten und soffen uns grandiose Räusche an.
Übrigens unterhielten wir enge Beziehungen zur Klasse Kornbrust. Viele meiner Freunde studierten
bei ihm.
Vor Kurzem habe ich gelesen, dass Heiner Kirchner, der Professor meines Professors, zunächst die
Gusswerkstatt geleitet hatte und dann in den Rang eines Professors erhoben worden war. Beim
Bronzeguss hatte er das uralte Wachsausschmelzverfahren neu entdeckt. Seltsamerweise hatte ich
Heiner Kirchner kennengelernt, als ich etwa 18 Jahre alt gewesen war. Damals wusste ich noch
nichts. Ich zeichnete wohl viel, aber das war auch alles. Heiner Kirchner war damals bereits ein alter
Mann, der in seiner Werkstatt stand und freundlich mit mir sprach. Später bekam ich aus seinem
Nachlass einige Bände der frühen bienenkundlichen Werke von Enoch Zander, einem berühmten
Bienenforscher aus den Zwanziger- bis Fünfzigerjahren geschenkt.
Im Laufe meines Studiums neigte ich mich dem Thema Bienen zu. Bei den Bienen ist der Standort
Stadt übrigens anders, da die Pflanzen gute Filtereigenschaften besitzen und beispielsweise die Schwermetalle
nicht bis in den Nektar gelangen, schon gar nicht bei den Bäumen. Daher kann man in der Stadt
biologisch imkern, wenn man seine Bienen so aufstellt, dass die Abgasschwaden der Autos nicht ins
Flugloch dringen. Dafür habe ich immer gesorgt, wenngleich anfangs unbewusst. Mit Neonicotinoiden
und Glyphosat, die auf die Pflanzen zugeschnitten sind, muss man sich nicht herum schlagen.
Der vorhin erwähnte Franz Wagner war Rumäniendeutscher und hatte zuhause 400 Völker im Nebenberuf
gehalten. Franz war Gießermeister in einer Eisengießerei in Temeswar gewesen. Er half Emmy
Di SanCarlo in der Cafeteria oder stand bei Festen im Ausschank. Dort traf man dann regelmäßig
mich ebenfalls an, da ich ihm Löcher in den Bauch fragte. Er hatte einen kleinen Bienenstand im
Schweizerholz, außerhalb der nördlichen Autobahnumfahrung, links von der Fortsetzung der Leopoldstraße,
nicht weit von der Schleißheimer Flugwerft. Emmy war damals die Pächterin der Cafeteria und
wohnte in Hochmutting. Sie half gelegentlich am Bienenstand, wenn es ums Schleudern ging. Ansonsten
blieb sie fern. Die beiden besaßen die Bienen gemeinsam oder zumindest teilweise gemeinsam.
Was Franz und sie verband, blieb mir verborgen. Das Bienenhaus lag mitten im Wald und war von einem
hohen Zaun umgeben. Dort standen 25 bis 30 Völker. Franz wurstelte ständig herum und strich
jedes einzelne Stück Fläche mit hellbrauner Abtönfarbe. Mir war er ein geduldiger, aber unnachgiebiger
Lehrer. Er war für jemanden wie mich, der dauernd alles hinterfragt, das Beste, was mir passieren
konnte. Er veranlasste, dass mir von den Hausmeistern das kleine, aufklappbare Bienenhäuschen, das
im Akademiegarten im Gebüsch hinter dem Teich gestanden hatte, in den Barackengarten getragen
wurde. Eines Abends im Jahr 1992 fuhren Franz und ich zu seinen Bienen hinaus und er verkaufte mir
drei Völker, die wir in die Stadt herein schafften. Das war dann der Anfang einer ganz neuen Zeit.
Denn die Bienen treten in ein Leben wie ein großes Haustier, wie ein Pferd vielleicht. Es gibt ein wunderbares
Foto, das ein Freund gemacht hat, der damals mit Architekturfotografie sein Geld verdiente.
Man sieht meine Bienenkästen, das Häuschen, die Baracke und das Akademiegebäude, lauter unterschiedliche
Formen. Dazu erkennt man das vorhin erwähnte Herkuleskraut.
Anfangs erntete ich natürlich wenig Honig. Ich gewöhnte mir zudem an, jeden überschüssigen Honig
in Eimern unters Bett zu schieben. Später eröffnete ich im Keller ein zweites Lager. Ich wusste
einfach nicht, wohin damit. Nach Jahren begann der Verkauf in größerem Umfang. Im Grunde hielt
ich die Bienen um der Bienen willen. Sie lagen mir am Herzen. Den Honig sah ich als die Nebensache,
der man eben nicht entgeht. Den Nutzen des Honigs verstand ich erst spät, nicht den gesundheitlichen,
sondern denjenigen, ein Botschafter zu sein. Menschen, die den Honig meiner Bienen
essen, entwerfen sich ein Bild, sie besuchen den Bienenstand, sie interessieren sich, schneiden Zeitungsartikel
aus, in denen es ums Bienensterben geht, sie verfolgen aufmerksam jede Nachricht. Ich
bekomme häufig Mitteilungen, wann das nächste Imkertreffen ist, wann ein Film im Fernsehen gezeigt
wird und ich werde über neue Erfindungen informiert.
Katharina bat mich, ein paar Worte über den Stadthonig als Nahrungsmittel zu sprechen. Allerdings
bin ich dazu nicht der Richtige. Man weiß, dass Bienenprodukte auf der Grenze zu Stoffen mit Heilwirkung
liegen. Insbesondere Propolistinktur, die ich für den privaten Gebrauch anfertige, half mir
letzten Sommer, eine tiefe Wunde im großen Zeh meiner Tochter zu behandeln. Manche lutschen
Propoliskügelchen beim ersten Anflug einer Erkältung, denn es ist ja dessen antibiotische Wirkung
bekannt. Die Verwundeten (ich vermute) des Zweiten Weltkriegs bekamen Umschläge mit Zucker
oder Honig.
<div class="separator" style="clear: both;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg6NxKaItJvYGi_BXr1r1OkYC2jyHOmb-ObPWAlWDpYAi0JHYNf1pBDt3obZKUHgCR0HAPxHOi2RZj0Y1ZwptlAos4j0P7Bde5eDCt2SSRpwz9uDatxHyPIP01-WutCSatdYJBgzD1d0vY/s556/Tresorhonig-von-den-Kraftwerkbienen-cmyk.tif" style="display: block; padding: 1em 0; text-align: center; "><img alt="" border="0" height="320" data-original-height="556" data-original-width="547" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg6NxKaItJvYGi_BXr1r1OkYC2jyHOmb-ObPWAlWDpYAi0JHYNf1pBDt3obZKUHgCR0HAPxHOi2RZj0Y1ZwptlAos4j0P7Bde5eDCt2SSRpwz9uDatxHyPIP01-WutCSatdYJBgzD1d0vY/s320/Tresorhonig-von-den-Kraftwerkbienen-cmyk.tif"/></a></div>
Inzwischen, ganz neu und ziemlich teuer, gibt es ein Honigkochbuch. Das geht in Richtung Kochkultur
und Esskultur, und ich war versucht, es zu kaufen und hier Rezepte vorzulesen. Ich kann nur
sagen, es fällt mir schwer, den Honig als reines Nahrungs- und Genussmittel aufzufassen, etwas,
das morgens auf dem Frühstückstisch steht. Für mich ist Honig nach wie vor ein Kundschafter. Er
berichtet den Käufern von den Bienen und den Pflanzen, allgemein von den Naturzusammenhängen
und von den klimatischen Veränderungen.
Zu den Anpflanzungen rund um die Städte habe ich eine unklare Meinung, die mal in die eine, dann
in die andere Richtung ausschlägt. Mir entgeht natürlich nicht, wie viele Imker und streitbare Leute,
die an der Erhaltung der Naturzusammenhänge interessiert sind, der Bund Naturschutz und Naturkundler
und so weiter sich gegen Neonicotinoide und Glyphosat wenden. Diese Stoffe werden von
den großen Düngemittelkonzernen nach wie vor hergestellt. Manchmal geschehen Unfälle wie im
Jahr 2008 in der Oberrheinebene. Ich berichte das jetzt nicht im Einzelnen, aber es starben dabei aufgrund
eines Fehlers, den ein großer Konzern begangen hatte, etliche 10.000 Bienenvölker. Das ganze
Gefecht ähnelt einem Kampf von Titanen. Sehr vereinfacht will ich es so beschreiben: Die einen sind
viele, die anderen haben das Geld. Manchmal erringt die eine Partei einen Sieg, manchmal die andere.
Ich bin nicht auf dem Laufenden, wo der Streit gerade steht. Ich bin auch kein Prophet, sondern
Künstler. Ich bin nicht einmal jemand, der über das künstlerische Projekt hinaus einen großen Entwurf
in den Raum stellen kann. Mir fiel jedoch auf, dass auf dem Land bestimmte Gebiete mit außergewöhnlichen
Pflanzen, die wertvollen Nektar liefern, bestanden sind. Es gibt die Lüneburger Heide
samt einer eigenen Bienenrasse und Heidehonig, den Pfälzer Wald mit Esskastanienhonig, den Weg
nach Murnau hinaus mit überdüngten Wiesen, die einmal im Jahr knallgelb voller Löwenzahn blühen.
Ich kenne das Gebiet westlich von Frankfurt, die Hänge hinab ins Rheintal, jene Anbaufläche,
worauf Eckes Edelkirsch seine Pranke gelegt hat. Dort wachsen haufenweise Kirschbäume, dazu
Zierobst. In Kalabrien und Sizilien fand ich Orangen- und Zitronenplantagen, dazu einen großblütigen,
sehr roten Klee, der auf Sizilien sulla heißt und wahrscheinlich Inkarnatklee ist. Er wird als Futter
verwendet. Im Mittelmeerraum, vor allem aber auf Sardinien und Elba gibt es größere Bestände
des Corbezzolo-Strauches, der im Winter blüht und hier missverständlich Erdbeerbaum heißt. In Ungarn
stehen ausgedehnte Robinienwälder, die Akazienhonig liefern. Es gibt Sonnenblumen in Frankreich
und schließlich noch unseren Wald oder diverseste Linden hier in der Stadt. Das ist gewiss eine
unvollständige Aufzählung besonderer Trachten. Damit will ich jedoch sagen: Man muss seine Bienen
nicht Raps befliegen lassen. Der Raps ist etwa zu 70 % ein Windbefruchter. Diese Pflanzungen
kommen also ohne die Biene zurecht. Der Mais liefert keinen Nektar und nur wenig Pollen. Also
kann man seine Bienen auch von dort abziehen. Man sollte weiter gegen Neonicotinoide und Glyphosat
ankämpfen, aber man muss den Dreck nicht auch noch essen. Rapshonig ist ohnehin so billig,
dass sich all die Arbeit, vom Schleudern über das Filtern über das Rühren, die Gläser und das Abfül -
len, kaum lohnt. Viele Imker klagen bei uns über einen Mangel an Bienen, zahlreiche Jungimker gehen
erst einmal leer aus. Jene hypothetischen Imker, die sich dem Raps und dem Mais entziehen,
könnten vermehrt Ableger bilden und diese verkaufen. Sie könnten während der Zeiten, die auf dem
Land ausgespart würden, in die Stadt ziehen. Im nördlichen Englischen Garten ließen sich riesige
Quartiere ausweisen, die sie vorübergehend anwandern könnten. Dieser Vorschlag ist nur eine Möglichkeit
und sicher lückenhaft. Was wir aber sicher brauchen, was in der Stadt halbwegs gegeben ist,
auf dem Land kaum, ist Vernetzung. Es gibt mehrere Großgruppen von Imkern und sie tauschen sich
wohl nach innen hin aus, aber die Gruppen als Ganze schotten sich ab. Sie haben jedoch ein giganti -
sches gemeinsames Problem, das ist die Varroamilbe. Zwischen den Eigenbrötlern, denen auf dem
Land und denen in der Stadt und untereinander müssen mehr Informationen ausgetauscht werden.
Wofür ich ebenfalls sorgte, das jedoch bewusst, war, dass die Bienen in einem öffentlichen, städtischen
Garten zu stehen kamen und dass man sie aufsuchen kann. Viele Besucher des Rosengartens am Schyrenbad,
gehen bei den Bienen vorbei, schauen ein wenig herum und informieren sich dadurch über die
Geschehnisse im Jahresablauf. Übrigens schubste jemand im Jahr 2016 zwei meiner Bienenstöcke in
den Schyrenbach, der vor ihnen vorbei fließt. Das war bereits einmal geschehen, vor zahlreichen Jahren.
Diesmal sprach ich mit einem der Stadtgärtner und er sagte: Ruf die Zeitung an. Also telefonierte ich
sie alle durch. Und die von der TZ schickten binnen einer halben Stunde ihren Fotografen.
Wie es bereits gesagt wurde: Das Halten von Bienen ist heute ein Politikum.
Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-57679008421802071642017-10-13T04:45:00.002+14:002018-04-24T03:32:29.190+14:00sculpture sonore<br />
Die Wertschätzung, die John Cage für Marcel Duchamp empfand,
erstreckte sich über ein halbes Jahrhundert und bezog sich nicht nur
auf dessen Kunstausübung, sondern auf die Präsenz, mit der er im
Leben stand. Cage und Duchamp waren zeitlich mindestens eine
Generation voneinander entfernt. Cage hatte übergroßen Respekt vor
dem Älteren und näherte sich vorsichtig an.
Er benahm sich wie ein schüchternes Kind, dem die Tante erklärt,
dass es stört. Cage stellte eines Tages Teeny Duchamp die Frage, ob
es wohl sehr aufdringlich sei, ihren Mann zu bitten, ihm das
Schachspielen beizubringen. Teeny antwortete lapidar: „Frag
ihn.“ Cage fand sich von da an wöchentlich ein und spielte gegen
den Meister. Man muss dazu vielleicht wissen, dass Duchamp auf
professionellem Niveau spielte. Cage berichtet im Jahr 1992 in seinem
letzten Interview, dass er kein einziges mal gewonnen habe,
allerdings nicht, weil es keine Möglichkeit gegeben hätte, sondern
weil seine Absicht nicht im Gewinnen lag. Er suchte einfach Duchamps
Gesellschaft. Er berichtet außerdem, dass Duchamp darüber erzürnt
war. Ich vermute, dass Duchamp ein paar mal absichtlich eine Öffnung
ließ, Cage aber widerstand und nicht in die Lücke vorpreschte.
Offenbar unterhielten die beiden sich außerhalb der ausgiebigen
Schweigeperioden, die beim Schachspiel üblich sind, über Kunst.
Duchamp ging kaum einmal zu einer Ausstellung, wusste aber umfassend
Bescheid. Auch mithilfe des Zufalls hatte er bereits komponiert, was
Cage den Boden unter den Füßen wegzog, denn das war bereits 1912
gewesen, im Jahr, als Cage geboren worden war. Weiter setzte Duchamp
den Zufall als generierendes Prinzip ein, arbeitete jedoch nicht mit
Münzen oder Stöckchen, also dem I Ging, sondern erfand auf subtile
Weise eigene Möglichkeiten. Cage indessen besetzte diese
I-Ging-Nische völlig. In Interviews mit Duchamp steht zu lesen, dass
er die Wertschätzung für Cage teilte, er erwähnt besonders dessen
Humor und die Leichtigkeit, mit der Cage dem Leben begegnete.<br />
Das besagte Interview mit Cage wurde von Joan Retallack, einer
amerikanischen Dichterin, von 15. bis 17. July 1992 geführt und ist
in der Wesleyan University Press erschienen. Zu dem Gespräch
kommen drei weitere zwischen September 1990 bis 30. Juli 1992.
Cage starb am 12. August 1992. Zu dieser Zeit stand eine umfassende
Werkschau zu seinem 80. Geburtstag kurz bevor.<br />
<br />
<br />
In einem Interview aus dem Jahr 1959 mit dem wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazin Newsweek, New York, (gesammelt und übersetzt von Serge Stauffer) sagt Duchamp:<br />
"Ich glaube, man könnte sagen, ich verbringe meine Zeit mit Atmen", schloss Duchamp ab mit einer Fröhlichkeit, die seine Lust am Lebensakt bekräftigte. "Ich bin ein <u>respirateur</u> - ein Atmer. Ich genieße das ungeheuerlich."<br />
<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-18359690983950376762017-10-11T04:08:00.004+14:002018-04-24T03:28:39.132+14:00Blüten<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiNkrbHzLALJ0dWtkjOmqKwv1zlZdHzMbGjbri85XkrxyZVdDU0l8sbfvNmNTM0xkUADafdSm5tHEgehD6YsAcEwPHjOrhyphenhyphen-rijHdd1vuG0Sy5MfP79AehecvcX8kwIzaahzwqCjSGFXQM/s1600/Lotus.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><br /></a></div>
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEq29iiNkroIoDfS_sBFMDw0PXcKcEPx2Xys853PHXfngDwXyOU-s7aDahZljinrc3rWRgX9PPHb8PIiqu1buoJm-m3pw7YYHwS7qppsTV90GXm-FNOUh7caf0Mqg-ZQhfbqgOh8nBUdY/s1600/Lotus.jpg" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="917" data-original-width="1600" height="366" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEq29iiNkroIoDfS_sBFMDw0PXcKcEPx2Xys853PHXfngDwXyOU-s7aDahZljinrc3rWRgX9PPHb8PIiqu1buoJm-m3pw7YYHwS7qppsTV90GXm-FNOUh7caf0Mqg-ZQhfbqgOh8nBUdY/s640/Lotus.jpg" width="640" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Eine Vorform dieser Arbeit entstand im Jahr 2000. Damals ordnete
ich jeweils vier Blätter , teils farbig, teils gemustert oder sogar
mit gedruckter Schrift, zu mittelgroßen Rechtecken. Anfangs dachte
ich, sie müssten von einer zusätzlichen Spange zusammen gehalten werden. Daher
experimentierte ich und legte in zwei oder drei von ihnen eine Blüte ein, und
zwar so, dass sie die Mitte bildete und dort saß, wo die Blätter sich
schnitten und wo sie in alle vier hinein ragte. Dann unterließ ich die
Sache mit den Blüten. Sie war eine Verdoppelung. Denn ich fasste die
Blätter an sich als vielfarbige Blüten auf. Sie mussten nicht
weiter zusammen gehalten werden. Das besorgte der äußere Rand.</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Anders war es diesmal mit den mehrfarbigen Blättern. Ihre Farbigkeit
war nicht nur ausgeprägter und exzentrischer, ich ließ die
einzelnen, teils quietschbunten, ziemlich großen Papierbögen nach
außen ragen. Also setzte ich innen eine gestempelte Zeile, die sie
nicht nur zusammen hielt, sondern die in eine andere Dimension wies. Die
Zeile stammt aus Finnegans Wake und enthält jeweils einen
Blumennamen, Veilchen, Lotus, Amaryllis und so weiter. Die Farbigkeit
wurde von der Menge an bunten Blättern bestimmt, die in einer
Schublade meines Planschrankes gesammelt waren. Dazu kam eine völlig
subjektive Auswahl, die ich traf, und dazu wiederum eine völlig
objektive, die aus der gestempelten Zeile besteht, die ich wiederum subjektiv gewählt hatte. Das klingt kompliziert und womöglich verquast, ist aber einfach: Die Subjektivität in den Zusammenstellungen, das
Begrenzte in der Auswahl und die Objektivität im Stempeln sind
jeweils bis an den Endpunkt gedehnt. Mehr war mir nicht möglich.
Zwischen diesen drei finalen Punkten spannt sich schließlich jedes
Blatt auf.</div>
<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjM6Jni1nWSx9NUkn2gAk7bnCTdM6OD0m-zcDsT8_W2OfIAwLKPvgo26KQjCCtoPLRjNuH6o-yaDferaNeYBvjnpQp8hLQI5BaectTjXA_-UUUCpHQWBGzaVrV0CHlZPPUyhScRsLWmstk/s1600/Amaryllis.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1229" data-original-width="1600" height="245" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjM6Jni1nWSx9NUkn2gAk7bnCTdM6OD0m-zcDsT8_W2OfIAwLKPvgo26KQjCCtoPLRjNuH6o-yaDferaNeYBvjnpQp8hLQI5BaectTjXA_-UUUCpHQWBGzaVrV0CHlZPPUyhScRsLWmstk/s320/Amaryllis.jpg" width="320" /></a></div>
<br />
<br />
<br />
Die Entstehung der Blätter zog sich über mehr als ein Jahr hin,
ich begann damit in der Mitte des Jahres 2016 und blieb bis weit ins Jahr
2017 daran kleben. Daher ist eine genaue Datumsangabe nicht sinnvoll.
Die Sache schlummerte jeweils ein paar Monate, dann fiel mir die nächste
Variante ein. Selbst als sich die folgende Arbeit ausrollte,
sculpture sonore, auch sie hatte jahrelang vor sich hin gegoren, fuhr
ich mit den Blättern fort. Ich wollte sie unbedingt hinter Glas
und gerahmt präsentieren.<br />
<br />
Mit den Blütenbildern verknüpfte ich mein anfängliches
Interesse für Pflanzen, das schon vor dem für Bienen bestanden
hatte, mit einer mehrdimensionalen Arbeit.<br />
Einige, wenngleich wenige Textstellen in Finnegans Wake sprechen
Blumennamen aus, die uns gebräuchlich sind. Ich stellte fest, dass
Joyce häufig üppige Blüten aus angelegten Gärten transportiert,
als sei er in der sogenannten freien Natur selten unterwegs gewesen, anders als ich, der selbst kleinsten Blüten hinterher gekrochen war. Bei Joyce findet sich die Blüte wohl in Verbindung mit Weiblichkeit.
Kann ich das belegen? Nein. Aber mir kommt es so vor. Das ist
eine Menge, wenn man bedenkt, wie tief ich mich in den
Text verstrickt habe und wie oft ich mich daraus bediene.<br />
<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiavkuqdTVFwSbzZL00v7F8-vLsDMgcgxAe9TQ3zA7tU4BRY_MkZJO40l7Hm2QQVf2rN4h__ngZYWXvNCFedwdwzglTLvYvs8CteZT1fa0pXVJ4gA3udyUqcSmBPhUm9beExOUEZ1pWndQ/s1600/Wildrose.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="800" data-original-width="1600" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiavkuqdTVFwSbzZL00v7F8-vLsDMgcgxAe9TQ3zA7tU4BRY_MkZJO40l7Hm2QQVf2rN4h__ngZYWXvNCFedwdwzglTLvYvs8CteZT1fa0pXVJ4gA3udyUqcSmBPhUm9beExOUEZ1pWndQ/s400/Wildrose.jpg" width="400" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<br />
<br />
<br />
Von Anfang an fasste ich die Bienen nicht nur als Sammlerinnen,
sondern als geflügelte Kundschafter und als Botschafter zwischen den
einzelnen Blüten auf. Daher wollte ich bei der Vieldimensionalität,
die sich den menschlichen Sinnen eröffnet, herauskommen. Mein Weg
führte von den Blüten zu den Bienen und zurück. Dem
Wissenschaftler gilt als entscheidend und maßgeblich, welche Farben
die Bienen sehen, wenn sie zu den Blüten fliegen, welche Gerüche sie in feinster Weise unterscheiden können, wie sie abgegraste Blüten markieren und so weiter. Vielleicht zurecht
wird die Wahrnehmungsfähigkeit der Bienen über die des Menschen gestellt. Bienen stehen beispielsweise in enger, notwendiger Verbindung zu den Blüten. Sie orientieren sich im Raum und im dunklen Bienenstock. Der Mensch verfügt über zahlreiche Sinne. Doch einige davon nutzt er nicht oder hat keinen Zugriff. Sie werden überlagert oder die Wahrnehmungsfähigkeit ist schwach ausgeprägt. Beispielsweise können viele Menschen weder den abends bevorstehenden Regen riechen, noch den baldigen Schnee. Andere schmecken zahlreiche Nuancen im Wein. Oder sie schmecken kleine Trachten aus dem Honig heraus.<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-54247071626851549032017-10-11T03:02:00.000+14:002018-04-24T01:03:28.237+14:00Kein Schwarmjahr<br />
Es gibt Jahre, in deren Frühling und Sommer die Bienen nicht die geringste Neigung zeigen, zu schwärmen, das heißt sich zu teilen (und dann als Schwarmtraube im Baum zu hängen). Umgekehrt gibt es
Jahre, während derer sie nichts anderes im Sinn zu haben scheinen.
Von starken Völkern bildete ich häufig Ableger, allein schon,
um junge Königinnen zu bekommen. Während des Jahres 2017 war es ruhig am Stand. Die Bienen werkelten still und geschäftig vor sich hin. Sie bastelten gelegentlich lose ein paar Weiselnäpfchen. Manche Imker habe ich sie als Spielnäpfchen bezeichnen hören. In
diese runden, leicht bauchigen Wachswiegen müsste die alte Königin
ein befruchtetes Ei legen, damit eine junge Königin anfinge, darin
zu entstehen. Als ich feststellte, wie ruhig die Völker saßen, hielt
ich keine Nachschau mehr. Es genügte, die Drohnenwaben
auszuschneiden. Und erst im Herbst, nachdem ich die Damen zwei Monate
in Ruhe gelassen hatte, stellte ich fest, dass die Königinnen weiter
Eier legten.<br />
Ich hatte bemerkt, dass Bienen ihre eigene Ordnung im Stock
finden. Ihre Vorgehensweise unterscheidet sich nicht
wesentlich von der, die berühmte Bienenforscher entdeckt haben. Nur
zeigt der Honigkranz die natürliche und optimale Form des Volkes. Im
Zandermaß-Betrieb ist es nahe liegend, mit einem Brutraum zu imkern,
der aus zwei Zargen besteht. Diese beiden bilden nahezu einen Kubus. Wie
gesagt. Dadurch ist genügend Platz für das in etwa kugelförmige
Volk garantiert und wenn der Winter kommt, wird in die Ecken Futterhonig
gestopft. Im Herbst sitzt das Volk übrigens weiter unten. Man kann
das Ohr an den Kasten legen und mit dem Fingerknöchel eine
Klopfprope machen. Im Frühjahr haben sich die Bienen allmählich
nach oben gefressen.<br />
<br />
(Zeichnung Absperrgitter)<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-16909536643636524742017-09-13T05:22:00.000+14:002018-04-24T00:58:12.582+14:00Stempeln<br />
Das Stempeln ist ein Druckvorgang, wenn man des Ergebnis
betrachtet. Jedoch in der Ausführung ist es ein plastischer Vorgang.
Die Hand nimmt ein beschichtetes Stück Holz auf, taucht es in ein
Farbkissen und drückt es ab, und dieser Vorgang wiederholt sich
hunderte Male über zwei Jahrzehnte und auf die verschiedensten
Untergründe bis hin zur weißen Wand. Alle neuen und viele der alten Texte, die ich benutzte, sind Buchstabe für Buchstabe gestempelt. Eine Ausnahme ist der runde APICULTURA Schriftzug in verschiedenen Größen.<br />
Die allerfrühesten Arbeiten, noch bevor ich Bienen hielt, bestanden gelegentlich aus einem Wort, das so oft abgedruckt werden sollte, dass sich eine winzige Plastikschiene, auf die es geheftet war, dafür lohnte. Anfangs benutzte ich zusätzlich Bilder, vorgefundene Motive, die ich in Stempel umfunktionieren konnte, beispielsweise jene berühmte Dame mit dem schwingenden Rock, die die Gauloise-Zigarette auszeichnet, (ich schnitt sie aus und klebte sie auf einen Holzklotz) oder robuste Blätter, beispielsweise die des Ginkgo-Baumes.<br />
<br />
<b>Bild Gummitypen</b><br />
<br />
<br />
Die ersten Texte waren entlang einer Bleistiftlinie oder eines
Lineals gestempelt. Dann entdeckte ich auf einem Flohmarkt, bequem in
Holzkästen hängend, ganze Stempelsätze mit jeweils einer bestimmten
Schrifttype in einer besonderen Größe. Man hatte sie im
vordigitalen Zeitalter dazu verwendet, um in Schaufenstern die Waren
auszuzeichnen. Auf ein Holzklötzchen geklebte Gummi-Buchstaben sitzen in derselben Entfernung vom unteren Rand. Auf der Oberseite des Holzes ist der jeweilige Buchstabe in seiner genauen Größe
abgedruckt. Die Schrift sitzt also auf einer Grundlinie, was in Worten
etwas schwierig zu beschreiben ist, sich jedoch im Anblick sofort
erschließt. Man schreibt damit sozusagen wie ein Erstklässler. Die Neuerung war, dass die Buchstaben nicht frei aufs Papier
gedruckt werden, sondern entlang einer L-förmigen Schiene, auf der ein
Schlitten läuft. Dadurch bildet sich eine Ecke, die man Buchstabe
für Buchstabe weiter nach rechts rutscht und in die hinein man den
Holzblock drückt. Seitlich liegen Lineale, damit man die Buchstabenreihen gleichmäßig nach unten verschieben kann. Jedoch ist der Abstand zwischen den Buchstaben frei. In
manchen Worten zappeln sie nur so herum. Dass sie dennoch auf einer gerade Linie sitzen, wirkt zunächst verwirrend. Wenn ich einen Text stemple, lerne ich oft erst gegen
Ende, die Abstände gleichmäßig zu setzen, das e beispielsweise etwas
näher unter das w zu rutschen und so weiter.<br />
Eines Tages fuhr ich mit einem Freund zu der
Firma in Neu-Ulm, die die Buchstabensätze hergestellt hatte. Dort
lagerten noch einige davon und ich nahm alle außer Sonderschriften.
Die ärgerliche VW-Type beispielsweise ließ ich ihnen dort.
Insgesamt besitze ich jetzt sieben verschiedene, von drei
Millimetern Höhe bis zu drei Zentimetern Höhe, von schmal zu fett,
von Futura über Helvetica bis hin zu einer, die aussieht wie eine
Times. Später ließ ich mir ein längeres Aluprofil schneiden, damit ich lange Texte nicht nur auf größeres Papier, sondern auch auf die Wand stempeln kann.<br />
<br />
Gewisse Blätter scheinen ohne Sinn, dienten jedoch dazu, die Gummitypen von einer dunklen Farbe zu säubern, um auf eine helle wechseln zu können.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjcI0P25QPxVsbNnQcuqCH9UqJitSOMqCg-_WQ1FmXhGGcGD6Y8uklrkxqadRNgSpjJENDrr05WkjgS71yY_PiP6K6aQI_FgsAgKlyeb5-kunyOsiwpm7q30BSO_xVMfZQPX0DUGJpfw-o/s1600/Stempelkasten+%252801%2529.TIF" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1200" data-original-width="1600" height="480" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjcI0P25QPxVsbNnQcuqCH9UqJitSOMqCg-_WQ1FmXhGGcGD6Y8uklrkxqadRNgSpjJENDrr05WkjgS71yY_PiP6K6aQI_FgsAgKlyeb5-kunyOsiwpm7q30BSO_xVMfZQPX0DUGJpfw-o/s640/Stempelkasten+%252801%2529.TIF" width="640" /></a></div>
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Während der letzten zehn Jahre ist in geringem Maß Schreibmaschinenschrift hinzu gekommen. Ursprünglich benutzte ich
sie nur, um die Honigetiketten zu beschriften. Heute fertige ich auch
bestimmte Texte damit. Der Buchstabenabstand ist nicht im Geringsten
variabel, so dass jedes Wort starr und unharmonisch aussieht. Das hat
seinen Reiz, aber ich setze diese Art nur selten ein. Im Übrigen ist
die Breite jedes Papiers, das man mit der Schreibmaschine einzieht,
begrenzt. Bei uns entspricht das in etwa dem DIN A 4 Format. Zieht man vom Ergebnis her den gleichen Rückschluss auf
die Fertigung, landet man ebenfalls bei der Hand. Sie drückt Taste für
Taste nieder und lässt den blechernen Buchstaben zum Papier sausen.<br />
<br />
Jack Kerouac tippte die erste Fassung seines berühmten Buches On
The Road auf einzelne Bögen von länglichem Zeichenpapier, die er
aber aneinander klebte, so dass eine schier endlos lange Rolle
entstand. Literaturwissenschaftler vergleichen sie heute natürlich mit der Straße, auf
der er sich bewegt hatte. Er lieferte die Rolle beim Verlag ab. Dann
machte er sich sofort an eine Überarbeitung und danach sofort ein weiteres
mal, ich weiß nicht, wie oft. Auf der rororo Ausgabe, die man hier
zu kaufen bekommt, steht eigens vermerkt, es sei die Urfassung, aber
wie zur Strafe häufen sich darin 130 Seiten lang die Nachworte.<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-79121277599117846552017-06-20T22:59:00.000+14:002018-04-24T04:01:02.914+14:00Papierarbeiten 7<br />
Die Arbeiten auf Papier begleiteten mich unablässig, manchmal schienen sie den größeren
Teil auszumachen, denn vieles ist überhaupt nur auf Papier sichtbar. Als
ich mit einem Freund alle großen Blätter fotografierte, die sich seit
dem Jahr 1992 zum Bienenthema angesammelt hatten, und mithilfe des Scanners die kleineren erfasste, bekam ich erst einen Eindruck von deren
purer Vielzahl.<br />
Der Freund und ich beispielsweise waren einen ganzen Tag zugange. Am Schluss überreichte er mir einen USB-Stick, auf dem sich 293 Dateien befanden. Schließlich waren es tausendeinhundert Arbeien. Damit konnte man kaum einen Katalog bestücken, so großartig aufgemacht er auch sein mochte. Die Auslese musste die unbarmherzigste sein. Einige Kapitel, das kam hinzu, waren sogar so geschrieben, dass sie gar keine Bilder erforderten. Sie waren kurz und nur Zitate aus den <i>Honiggeschichten</i>. Mich erstaunte, wie sehr sich meine Arbeitsweise im Laufe der Jahre verändert hatte.Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-2642241892764007162017-02-21T06:58:00.000+14:002018-04-17T02:01:01.364+14:00Winterarbeit Honigeditionen<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Im Mai 2017 eröffnete in der Galerie Werkschau eine Ausstellung, in der alle Künstler vertreten waren, die bisher dort ausgestellt hatten. Es gab das zehnjährige Bestehen der Galerie zu feiern. Es sollte ein Galeriefest und ein Hoffest werden. Aber da es regnete, kamen wenige Besucher. Dagegen war in der Küche ein üppiges Büffet aufgebaut. Doch während Inge, die Galeristin, noch ihre Einführungsrede hielt, wanderten viele in die Küche und fraßen das Büffet kahl. Als ich später dorthin kam, ragten zwei Stangen Baguette aus einem Topf, auf einem großen Teller lagen drei Oliven und ein wenig Joghurt mit Knoblauch dümpelte in einer enormen Schale.</div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1CDb3OyfNurg71wa-X2iJI_AVYm8HZOktA0GtoR8ir7MXMKaJRW-v11b_KzEKpwX0n1YyTj7_Ib9mtpt80lbwkSHIM8HLhVZYW8jJOvYI8E6HuGGJpfEAOaX60Og76ckrSJKLazwXHvw/s1600/Honigglas+Blumenetikett+3.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1CDb3OyfNurg71wa-X2iJI_AVYm8HZOktA0GtoR8ir7MXMKaJRW-v11b_KzEKpwX0n1YyTj7_Ib9mtpt80lbwkSHIM8HLhVZYW8jJOvYI8E6HuGGJpfEAOaX60Og76ckrSJKLazwXHvw/s320/Honigglas+Blumenetikett+3.jpg" width="296" /></a></div>
<br />
<br />
<br />
Mit Honigetiketten herumzuspielen ist eine der typischen
Winterarbeiten. Man hat den Honig verarbeitet und in die Gläser
gebracht und es geht um das Ausliefern. In diesem Fall drehte es sich
um ein Sonderkontingent von zwei Schachteln kleiner Gläser, 250
Gramm, die ich eigens abgefüllt hatte. Mir lag im Sinn, für die Ausstellung eine Edition
mit den entsprechenden Etiketten zu entwerfen. Einen verhaltenen Schritt, in dem ein wunderschönes Gedicht von Heine zum Einsatz kam,
hatte ich bereits im Jahr 2015 getan.<br />
<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhIVjL7nSh-C3bpMID7_SUa9kMwYQNt1q6PQeQwIMyWvqPBnYiOHXiwTWfwTDM-0Y5kiVA8IfX4mg2lKXP4rwOsV9dPmaM75lULmCRXpAI7_W8qXa03JaYmhiXnzWDjWgXyH-1w2xTL88s/s1600/Gedichtetikett.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="108" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhIVjL7nSh-C3bpMID7_SUa9kMwYQNt1q6PQeQwIMyWvqPBnYiOHXiwTWfwTDM-0Y5kiVA8IfX4mg2lKXP4rwOsV9dPmaM75lULmCRXpAI7_W8qXa03JaYmhiXnzWDjWgXyH-1w2xTL88s/s400/Gedichtetikett.jpg" width="400" /></a></div>
<br />
<br />
<br />
Der Anfang bestand darin, dass meine üblichen Etiketten, die ich
bereits einmal hatte nachdrucken lassen, wieder zu Ende gingen. Für
das Jahr 2017 mochten sie noch genügen, aber danach mussten neue
parat stehen. Es gab mittlerweile einige Beschwerden hinsichtlich des
Motivs. Zwar teile ich die Einwände nicht und sie sind mir sogar
unverständlich, doch war das himmelblaue Etikett, wie gesagt, von einem Grafiker entworfen worden. Ich hatte damals dessen Mut bewundert, dieses Blau mit so kaltblütiger Präzision zusammen mit einer Westernschrift einzusetzen. (Einer Frau, die vor zwei Jahrzehnten mit ihren Kinder beim Honigschleudern zugesehen hatte, war der anthroposophische Schrei entfahren: "Seht nur Kinder, seht nur, flüssiges Gold!") Das Motiv, in das der Grafiker die restlichen Informationen integrierte, hatte ich Jahre vor dem Etikett bereits auf Einladungskarten und in Zeichnungen verwendet. Daher wollte ich im Jahr 2017 sehen, ob mir selbst etwas
Überzeugendes gelingen würde. Da versagte ich völlig. „Du kannst ja nur Kunst“,
sagte ein Freund ab und zu. (Das beschreibt die Spezialisierung des
Künstlers aufs Ozeanische.) Sobald ich allerdings anfing,
auszuprobieren, was außerdem möglich war, öffneten sich so viele
Möglichkeiten, dass ich um Begrenzung bemüht sein musste, damit
überhaupt Editionen zustande kamen. Ich ging mit mir zu Rat und
dachte schließlich, drei Themen konnten es sein.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj4CR_ySWXyduEpN_h2PahC0_pkJfZrfxc1dbFI8qJ8Q-AOqqyw-r27K1VDefDt8G0K9qMb9x8TOn9pTCESDjZDgrgrP40gyskJ2nzUDEshbUDBvsVDHtLFX9V6B4NosOS1vmP4mGfHCtw/s1600/Briefmarkenetikett+1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="150" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj4CR_ySWXyduEpN_h2PahC0_pkJfZrfxc1dbFI8qJ8Q-AOqqyw-r27K1VDefDt8G0K9qMb9x8TOn9pTCESDjZDgrgrP40gyskJ2nzUDEshbUDBvsVDHtLFX9V6B4NosOS1vmP4mGfHCtw/s320/Briefmarkenetikett+1.jpg" width="320" /></a></div>
<br />
<br />
Das eine Drittel der Editionen bestand aus graubraunen Streifen
mit Blumenbriefmarken und den jeweiligen Stempeln, fremden gemischt
mit eigenen. Die Post hatte die Blüten zahlreiche Jahre lang
ausgegeben. (Darauf wird in dem Kapitel "Postalisches Feld" eingegangen.) Sie folgten auf Bienen, die mitten im gelben
Blütenstaub einer rosafarbnen Blüte mit fingrigen Blütenblättern
saßen. Das ist einige Jahre her, denn meines Wissens kostete der
Brief damals 55 Cent, und die Bienen waren für die emsigen Flüge kreuz und quer durch Deutschland ausgelegt.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhAFsMHv0-xwNiWeXEJibeBlWHM2cqJlBRksui0028FWaw_J_rzxvkTsFGrb2FFBeRk-0k8fIEGp5l2QudBpwYavLIWahwb42vBjal2GNTJO2F8zeaJg8yudVIYQN3cHeiemSaPtapsO_4/s1600/Briefmarkenetikett+2.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="86" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhAFsMHv0-xwNiWeXEJibeBlWHM2cqJlBRksui0028FWaw_J_rzxvkTsFGrb2FFBeRk-0k8fIEGp5l2QudBpwYavLIWahwb42vBjal2GNTJO2F8zeaJg8yudVIYQN3cHeiemSaPtapsO_4/s320/Briefmarkenetikett+2.jpg" width="320" /></a></div>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhVzYaQGAsoiCTrDq6WOE-EmjaCWsIRpqGl4S5qDmw7Spr42esCm1i7671Dhp_7Nh9oGN029sYdlg9hc5A-HqzWUqmw3dlQ1DIp4edvKTf8PjSzUQnWwgoX0OWX9pG1StxVeKXNj3FUMww/s1600/Briefmarkenetikett+3.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="109" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhVzYaQGAsoiCTrDq6WOE-EmjaCWsIRpqGl4S5qDmw7Spr42esCm1i7671Dhp_7Nh9oGN029sYdlg9hc5A-HqzWUqmw3dlQ1DIp4edvKTf8PjSzUQnWwgoX0OWX9pG1StxVeKXNj3FUMww/s320/Briefmarkenetikett+3.jpg" width="320" /></a></div>
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<br />
Zuvor, in den Jahren 2003 und 2004 hatte es schon einmal übergroße, schwülstige Marken mit Rosen- und Kamelienblüten gegeben, ebenfalls
zu 55 Cent. Es stand dort in geschwungener Pseudohandschrift "für dich" und "Grüße", als ob man einer entfernten, aber innig geliebten Tante im Ruhrpott schreiben würde. Die Marken erinnerten mich sofort, wie Großmütter und Tanten in ihre mit Kölnisch-Wasser getränkten Taschentücher spuckten, um mir den schokoladigen Mund sauber zu wischen. Nur die stahlharten Poststempel, die auf die Briefe gedroschen wurden, milderten diese widerwärtigen Assoziationen ab.<br />
Erst später ließ sich die Post dazu hinreißen, die
nüchternen, aber umso romantischeren Blüten in kompletter Vielfalt, jeweils mit einem eigenen Wert versehen, aufzulegen.
Eines Tages, als ich schier endlos auf einen Zug warten musste und
sich ein Postamt neben dem Bahnsteig befand, stapfte ich hinein und
sagte, ich wolle von jeder Blütensorte mindestens eine Marke kaufen.
Später stellte ich fest, dass der Beamte einige Werte unterschlagen
hatte oder sie dort nicht vorrätig gewesen waren oder sie zu diesem
Zeitpunkt noch nicht gedruckt worden waren. Ich denke mir, dass es
mehr Spaß macht, einen Brief voller Blüten in den
Postkasten zu stopfen, als beispielsweise frankiert mit der trockenen
„600 Jahre Universität Leipzig“ Marke.<br />
In der Zeit der Blütenschwemme bat ich einige Freunde, diese
Briefmarken für mich zu sammeln. (Der Vorgang entsprach dem Sammeln der Bäckereibiene.) Später bastelte ich daraus
Etiketten. Natürlich hatte ich auch persönliche Favoriten,
beispielsweise die Kuhschelle zu 58 Cent oder das Tausengüldenkraut
zu 28 Cent. Die Schokoladen-Kosmee zu 70 Cent kam mir verwegen vor.
Dass die Blüten der selteneren Pflanzen umso höheren pekuniären
Werten zugeordnet sind, erschien mir logisch. So kam der Frauenschuh,
eine seltene heimische Orchideenart, mit Viereurozehn enorm heraus.
Allerdings ist die weiß blühende „Federnelke“, mit einem
rotblauen Saftmal, im Naturspektakel selten zu finden, und doch
bleibt sie mit 85 Cent auf den unteren Rängen.<br />
<br />
<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh4_OB-Fmcds5staEDLULHwjjUz1shvL7Ao4OO7hS21CW-k0OLOxZvsDm8MLtpawD9dbJAC8KBFtlbRzy8AbhntcPQdTQlcWJg4MCspmcuMQhYjcXF7wB9pCxS_za25Vu84c-tkMg6LsYU/s1600/fw+Zitat+1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="179" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh4_OB-Fmcds5staEDLULHwjjUz1shvL7Ao4OO7hS21CW-k0OLOxZvsDm8MLtpawD9dbJAC8KBFtlbRzy8AbhntcPQdTQlcWJg4MCspmcuMQhYjcXF7wB9pCxS_za25Vu84c-tkMg6LsYU/s640/fw+Zitat+1.jpg" width="640" /></a></div>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXIstWlrsDe7Ry2x9o0co1pwhgKEzv1UyIWTkiUsDCfsJvrefbak-NT9bfr2zMpuPQAuxK4m4YZF3ZnGA5cQfkX0PmYcO2KXrngKw1ZkSyj7kX2izO-uAwllZbu7Sk3lCmY7E8zO69vpo/s1600/fw+Zitat+2.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="174" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXIstWlrsDe7Ry2x9o0co1pwhgKEzv1UyIWTkiUsDCfsJvrefbak-NT9bfr2zMpuPQAuxK4m4YZF3ZnGA5cQfkX0PmYcO2KXrngKw1ZkSyj7kX2izO-uAwllZbu7Sk3lCmY7E8zO69vpo/s640/fw+Zitat+2.jpg" width="640" /></a></div>
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<br />
<br />
Eine labyrinthische Spur, die sich in Zusammenhang mit meiner
gesamten künstlerischen Arbeit aufdrängte, sind knappe, verrätselte
Sätze über Bienen und Wachs und Honig, die bumble bee und sprachliche Verdrehungen. Natürlich ist wieder von Finnegans Wake
die Rede. Es ist die unerschöpfliche Quelle. Von dort zu zitieren
ist immer ergiebig. Joyce ist ein Meister der Verknappung und der Wake erscheint mir als <b>das</b> Buch der Moderne. Man kann sich
damit nicht an den Strand legen und schmökern und die Zeit
vergessen. Doch einige würden es heute auf die immaginierte einsame
Insel mitnehmen.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgpppAfchIxje-yblOEP4wqZly6OlQcKK4gUI7cO1uoC9LgNC2AUCY65K47Kd8iBstd9ASLzYWQ57t8YVRvxvcQyQicGb8lbCITjjuKth6-tIvfMNeqzpcc1s2wH5YGUPTvmhy-Xr4hj9Y/s1600/youtube+Etikett.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgpppAfchIxje-yblOEP4wqZly6OlQcKK4gUI7cO1uoC9LgNC2AUCY65K47Kd8iBstd9ASLzYWQ57t8YVRvxvcQyQicGb8lbCITjjuKth6-tIvfMNeqzpcc1s2wH5YGUPTvmhy-Xr4hj9Y/s640/youtube+Etikett.jpg" width="640" /></a></div>
<br />
<br />
<br />
Eine dritte Quelle und somit die dritte Edition bildete ein Thema,
das mich vor allem im vergangenen Jahr beschäftigte. Es sind
Filmchen auf youtube, die ich oft gemeinsam mit meiner Tochter
anschaute. Jedem, der weiß, worum es geht, ist sofort verständlich,
dass ich hier nicht mehr preisgeben kann.<br />
<br />
Übrigens rief mich später, als die Ausstellung bereits am Laufen war, eine Frau an und erbat sich, ein goldenes Etikett mit einem Text aus finnegans wake angefertigt zu bekommen. Und im Glas sollte frischer Honig aus dem Jahr 2017 sein. Der war zu Beginn der Ausstellung noch nicht geerntet worden. Sie wolle eine Verwandte damit beschenken, sagte sie. Doch als ich für ein vorgefundenes Glas das Etikett anfertigte und frisch geschleuderten, beinahe noch bienenwarmen Honig einfüllte, wies sie es zurück. Das sei nicht das Glas, das sie erwartet habe. Es war etwas höher und schlanker und obenauf saß ein Blechdeckel mit Sechseckmuster. Man konnte gerade bei diesem Glas besonders gut den hellen, fast klarsichtigen Honig betrachten. Sie wollte lieber eins der gedrungenen mit Plastikdeckel.<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-42300731163326525512016-07-21T00:30:00.001+14:002023-04-15T03:13:08.019+14:00sugar loaf<br />
Die Strukturformeln bilden eine Arbeit, die zwar bis zum Ende durchdacht, jedoch nicht gänzlich ausgeführt worden ist. Da sie aber provisorisch und in Form von vorbereitenden Stempelarbeiten vorhanden ist, wurde sie in den Katalog aufgenommen. Sie veranschaulicht übrigens, wie die meisten meiner Arbeiten entstehen. Ich nähere mich ihnen im
Krebsgang. Die Anordnung wirkt, vom Ende her betrachtet, mühelos und logisch. Allerdings brauche ich meistens geraume Zeit, um sie zu entwickeln. Die assoziative Versammlung englischer Ausdrücke,
die Zucker in sich enthalten, ist Beiwerk. Meistens beginnt die Arbeit damit, das Material aufzubieten und zu ordnen.<br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEglun4yIoNVEHAZcfCVGeMxuBbxf3IWe2E7Zue1ysa9kgA4abnu1-Q6xT-sz6mPXENJ18bRwBIh73f_bv5GePmwkcAUfLQ__WmDvpSJFRd79TZ-JK1jG8Z1L7fBhRb3ZMJTJUuofeZ7U-0/s1600/CIMG0445.JPG" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1200" data-original-width="1600" height="480" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEglun4yIoNVEHAZcfCVGeMxuBbxf3IWe2E7Zue1ysa9kgA4abnu1-Q6xT-sz6mPXENJ18bRwBIh73f_bv5GePmwkcAUfLQ__WmDvpSJFRd79TZ-JK1jG8Z1L7fBhRb3ZMJTJUuofeZ7U-0/s640/CIMG0445.JPG" width="640" /></a></div>
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5zq4f8ssjFXmZbGmC_8pjc3mUVLbscdLWSdTZf0-DdZ46-6LzN4HhOHRSa1UQuluKORYkSzidYQRLkj8kzFuQgECpj82pmkqo1Etm0Cdxfdf7Jeoh_dIbMQ8x7DaOt_laHQW0GS1jyos/s1600/Strukturformeln+1.JPG" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><br /></a><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5zq4f8ssjFXmZbGmC_8pjc3mUVLbscdLWSdTZf0-DdZ46-6LzN4HhOHRSa1UQuluKORYkSzidYQRLkj8kzFuQgECpj82pmkqo1Etm0Cdxfdf7Jeoh_dIbMQ8x7DaOt_laHQW0GS1jyos/s1600/Strukturformeln+1.JPG" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"> </a><br />
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Die Blätter mit Kopien der Strukturformeln liegen noch immer herum. Natürlich beziehen
sie sich nicht metaphorisch oder symbolisch, sondern direkt auf die verschiedenen Arten von Zucker, die im Nektar
vorkommen. Hier musste ich mich zwischen zwei Arten der Darstellung innerhalb der Chemie entscheiden, zwischen der Fischer-Projektion und der Haworth-Projektion. Beide betrachte ich als Bilder. Fischer gebraucht eine Art Baum als Figur, Haworth nimmt Fünfecke und Sechsecke, die in den Raum hinein perspektivisch verzerrt sind. Mithilfe des Fünfecks ist die Fructose dargestellt, mithilfe des Sechsecks die Glucose. Auch wenn der Baum sinnfälliger ist, neigte ich der Haworth zu. Doch hatte ich keine Zeit, die Moleküle zu stempeln.<br />
<br />
Wikipedia weiß: Die Fischer-Projektion ist eine Methode, die Raumstruktur einer linearen, chiralen chemischen Verbindung eindeutig zweidimensional abzubilden. Sie wurde von Emil Fischer entwickelt und wird häufig für Moleküle mit mehreren, benachbarten Stereozentren wie Zuckern verwendet. Er gilt als Begründer der klassischen organischen Chemie und erhielt 1902 den Nobelpreis für Chemie.
Und es weiß weiter: Die Haworth-Formel ist eine nach dem Chemiker Walter Norman Haworth benannte Darstellungsweise für ringförmige fünf- und sechsgliedrige Moleküle, z.B. Glucose und Fructose in ihrer cyclischen Form. Haworth erhielt 1937 den Nobelpreis für Chemie
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEggv_lilCdSsgIvGOeSJNx4GwxokcRWlhsXzxGQo8RvnxV9Y482QCNY9ppb_X1nLrFmX0NRocvQ2UeRnE0buV35wt5L8N5PTcCv7LmyAAoJvCI713mbNOi4S7bEDnq6AXdgxKDwd18tsgY/s1600/strukturformeln+gescannt+06.tif" imageanchor="1" style="clear: left; float: left; margin-bottom: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1600" data-original-width="1132" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEggv_lilCdSsgIvGOeSJNx4GwxokcRWlhsXzxGQo8RvnxV9Y482QCNY9ppb_X1nLrFmX0NRocvQ2UeRnE0buV35wt5L8N5PTcCv7LmyAAoJvCI713mbNOi4S7bEDnq6AXdgxKDwd18tsgY/s200/strukturformeln+gescannt+06.tif" width="141" /></a><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEtmk9l-da2VSOcceTnOVXwuA05Py55ebKTag67CviEaL2pepDG66le2bOAnw91okdY7taM58Jd1rD5hsghsw0L1M5wb1ROqEcVrbpl5W2vvvbyIIBENKU39ehF36V1hngFAczQ_EMGJY/s1600/Strukturformeln+1.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="900" data-original-width="1600" height="180" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEtmk9l-da2VSOcceTnOVXwuA05Py55ebKTag67CviEaL2pepDG66le2bOAnw91okdY7taM58Jd1rD5hsghsw0L1M5wb1ROqEcVrbpl5W2vvvbyIIBENKU39ehF36V1hngFAczQ_EMGJY/s320/Strukturformeln+1.JPG" width="320" /></a></div>
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Man unterscheidet fünf oder sechs verschiedene
Hauptzuckerarten, danach nennt man sie Vielfachzucker. Davon ist jede
noch einmal in einzelne Sorten unterteilt. Am Schluss, aber das habe
ich nicht nachgezählt, könnten es so um die zwanzig werden. Am
Anfang stehen als Einfachzucker Glucose und Fructose. Das sind die
sogenannten Fruchtzucker, die der Körper sofort aufnimmt. Sie machen
den größten Bestandteil jeden Honigs aus. Ich kann mich täuschen, aber auf sie scheint alles zurück zu laufen. An zweiter Stelle
beispielsweise, unter den Zweifachzuckern, steht Saccharose. Das ist
eine simple Molekülkette, die aus Fructose und Glucose zusammen
gesetzt ist. Um alles aufzuspalten und bei den einfachen Bestandteilen zu landen, ist ein Enzym nötig und die Bienen
tragen davon eine Menge, die ihnen etwa für zehn Tage reicht, im
Magen. Die Melezitose ist Honigtauzucker. Sie ist der typischeste Dreifachzucker und wandert zunächst durch das Enzymsystem der Pflanzensauger. Der berüchtigte Waldhonig besteht daraus, man nennt ihn auch Zementhonig, da er, wenn man ihn nicht sofort schleudert, in der Wabe aushärtet. Melezitose ist eine Kette aus Saccharose und Glucose.<br />
Nektar ist in der
Regel zusammengesetzt aus zahlreichen Zuckern. Er wird von den Bienen
an den Nektardrüsen der Pflanzen geholt und im Honigmagen fermentiert. Daher wahrscheinlich ist sich die Wissenschaft nicht
einig, ob die Bienen bereits die Honigmachende genannt werden muss
oder ob sie noch Nektar befördert. Fest steht hingegen, dass manche
der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten aus den Zuckersorten, aus
denen der Nektar einer Pflanze besteht und die dann ein überaus
komplexes Molekül bilden, die Bienen weniger anziehen. Volkstümlich
kann man sagen: Sie schmecken ihnen nicht so gut. Daher hält es sich die Pflanze offen, ihre Palette aus den zahlreichen
einzelnen Zuckern leicht zu verändern, wenn dann die Bienen lieber
kommen. Wie diese Vorliebe der Bienen den Pflanzen mitgeteilt wird,
ist mir unklar.<br />
Ich beschäftigte mich seit dem Jahr 2014 damit, doch kam mir etwas
Schwerwiegendes dazwischen, das mich daran hinderte, im Atelier zu
sitzen. Danach drängte eine Reihe neuer Arbeiten herein wie Flugzeuge in der Warteschleife. Jedesmal, wenn ich das Atelier betrat, bemerkte ich, wie ich zunächst unentschieden, ob ich die Arbeit daran aufnehmen sollte, um die Blätter mit den Strukturformeln herum schnürte. Dann wendete ich mich Anderem zu.</div>
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-72831463262644084542016-07-20T23:16:00.000+14:002018-04-17T00:37:43.283+14:00Stadthonige<br />
Eine Freundin sammelt verschiedensten Honig, nicht nur aus
München, mit besonders einfallsreichen Etiketten. Der erwähnte
Tresorhonig, den es nur in Berlin gibt, gehört dazu. Mittlerweile
halten auf zahlreichen Dächern prominenter Münchner Gebäude,
beispielsweise auf dem Gasteig, jene Stadtimker, von
denen bereits die Rede war, ihre Bienen. Sie stellen eigene Etiketten
her und verkaufen den Honig. Darunter fällt Opernhonig, der auf dem
Dach der Bayerischen Staatsoper geerntet wird. Die beiden Imker, die
für die dortigen Bienen zuständig sind, gaben kürzlich eine
Information heraus, wieviel Honig ihre vier Völker in diesem Jahr
eingetragen hatten. Sie sagten, es seien etwas über 80 Gläser zu 250 Gramm gewesen. Das Jahr
sei leider schlecht gewesen, gaben sie zu Protokoll, die Ernte habe nur 21 Kilo gebracht und so weiter. Das kann
ich so nicht bestätigen, da ich selten so volle Honigräume hatte.
Vor allem im Mai blühte die Robinie, die einen der höchsten
Honigwerte aller Pflanzen hat, mindestens eine Woche. Den gesamten
Juni hindurch blühten alle Sorten der Linde hintereinander durch,
dazu noch deren Honigtautracht. Nur der Juli war mau. Eine Freundin,
die im Akademiegarten (!) zwei Völker hält, erntete 90 Kilo.<br />
Meine Vermutung ist natürlich gewagt: Leider haben diese Herren
zu sehr im Sinn, auf die Bienenproblematik aufmerksam zu machen und
es kann sein, sie kümmern sich zu wenig um die Bienenhaltung. Die
beiden Imker auf dem Dach des Opernhauses gaben weiter ein Statement
zur Situation des Imkerns sowohl auf dem Land als auch in der Stadt
ab. Sie sehen ebenfalls das Problem, dass viele Stadtimker jetzt auf
einen Zug aufspringen, aber eine vernünftige Ausbildung
vernachlässigen und im Herbst womöglich bezüglich der Milbe
Schindluder treiben.<br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEguKoi_hUqg3gtkGjFE9jNUCJIopSqQPAFuyr1_7hyphenhyphenGcIrP5VWTG0wTbfCkOUpVVdM1zh02U_S05OLmvwBD3dqVRIlkR_z_NucT4iT6a_CtiffDeLrnU8rS6fKENQNCf_KUlZ1FvWtoFoE/s1600/Opernhonig+1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="516" data-original-width="800" height="206" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEguKoi_hUqg3gtkGjFE9jNUCJIopSqQPAFuyr1_7hyphenhyphenGcIrP5VWTG0wTbfCkOUpVVdM1zh02U_S05OLmvwBD3dqVRIlkR_z_NucT4iT6a_CtiffDeLrnU8rS6fKENQNCf_KUlZ1FvWtoFoE/s320/Opernhonig+1.jpg" width="320" /></a></div>
<br />
<br />
Übrigens gibt es in der Polizeidienststelle in der
Ettstraße, entlang der Fußgängerzone, ebenfalls Imker auf dem Dach. Es sind zwei (oder drei) Polizisten, die dort Völker halten. Von dort stammen Gläser mit dem
Etikett: Polizeibienenhonig.<br />
<br />
Ich kann nicht alle aufzählen, die sich hier hervortun. Viele führen ihr eigenes Etikett oder sie bosseln sich eins aus bestehenden Elementen zusammen, wie
Franz es tat. Kürzlich sah ich das Etikett eines Imkers, der in
einer nahen Kleingartenanlage Bienen hält. Er bot seinen Honig dort zum Verkauf, wo ich meinen verkaufe. Aber er verlangte mehr Geld. Er hatte erst ein behelsmäßiges Etikett, dann eines aquarelliert und den Begriff STADTHONIG von mir übernommen. Später benutzte er Imkerbundgläser mit geprägter, geriffelter Oberfläche. Wahrscheinlich hat man deren Aussehen inzwischen verändert. Ich bin da nicht auf dem Laufenden. Vor einigen Jahren war darauf ein Reichsadler dargestellt, der einen Bienenkorb schützend in seinen Klauen hielt. Die Schrift bestand hauptsächlich aus Haken und war oben im Halbrund über das Motiv gelegt: "Gewähr für Echten Deutschen Honig" Auf dem Bienenstock zeigte sich seltsam viel Platz. Eines Tages hörte ich, dass dort ein Hakenkreuz geprangt haben soll. Die Etiketten des Imkerbundes sind so angelegt, dass eine Lasche von der Seite über den Rand auf den Deckel reicht. Keiner soll ein Glas einfach öffnen können. Das Etikett ist genormt und unspektakulär und etwas unübersichtlich wegen all der Informationen, die darauf untergeracht werden müssen. Beispielsweise wurde ein breites weißes Feld angelegt, auf dem die Sorte angegeben werden soll. Nur haben sich zahlreiche Imker nicht darauf spezialisiert, Sortenhonige zu ernten. Vor allem der Frühjahrshonig in der Stadt ist in der Hauptsache aus verschiedenen Baumtrachten zusammen gesetzt. Das Etikett betrifft wohl mehr diejenigen, die auf dem Land ihre Bienen halten. Der Name des Imkers steht nurmehr in einem kleinen Feld. Einige Jahre, nachdem ich angefangen hatte, Bienen zu halten, gab es auch einen Bayerischen Imkerverband und dessen Gläser. Sie waren ebenfalls geprägt, wenngleich unverfänglich, und hatten ein eigenes Etikett, aber auch auf diesem wurde eine Sorte ausgewiesen.<br />
Über das Etikett des Polizeihonigs kann ich jedoch
sagen: saugut, saulustig.<br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEAxIchdsbVjH6J28zr6EjLpVBqUkmRNVefydPF7FlqLd0GQHXFXj_aJwlpL-XRRUBNB5G_ocPAB4QUy7GqONnXryJsFJKwtV6lDRQnBF-d9sSsn8i8xFkCu646PEWuvO-Cl4WsqFcPEU/s1600/Polizeibienenhonig+2.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="480" data-original-width="640" height="240" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEAxIchdsbVjH6J28zr6EjLpVBqUkmRNVefydPF7FlqLd0GQHXFXj_aJwlpL-XRRUBNB5G_ocPAB4QUy7GqONnXryJsFJKwtV6lDRQnBF-d9sSsn8i8xFkCu646PEWuvO-Cl4WsqFcPEU/s320/Polizeibienenhonig+2.JPG" width="320" /></a></div>
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<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-27756391158103279612016-04-20T10:00:00.000+14:002017-11-13T12:06:35.899+14:00Bienenfrevel<br />
Vermutlich spätabends am 19. April 2016 wurden zwei meiner
Bienenstöcke ins Wasser geschubst. Am folgenden Morgen wurde ich von
einer Email, die mich von einem Mitglied der Platform Stadtimker erreichte, darauf aufmerksam gemacht, wo sie lagen. Ein kleiner, langsamer Bach
dümpelt unterhalb des Fluglochs an den Bienen vorbei. Die Stöcke
waren unterhalb einer Brücke angelandet. Dort muss der Bach eine
kleine Steinhürde überwinden. In einem der beiden Kästen befand sich ein
Ableger, der auf einer Zarger saß. Das bedeutet, dass die
Grundfläche größer ist, als die Höhe, und er schwamm ruhig dahin.
Zwar waren die Waben im Inneren geneigt, er musste also einen
heftigen seitlichen Stoß bekommen haben, aber sonst hatte sich nichts bewegt.
Wirklich in Mitleidenschaft gezogen worden war ein Zweiraumvolk. In
dieser Größe und Stärke überwintere ich meine Bienen gewöhnlich.
Der ganze Stock war gekippt und teilweise mit Wasser vollgelaufen.
Dadurch war ein Haufen Bienen sofort an Unterkühlung gestorben. Sie hatten
sich nicht mehr in Sicherheit bringen können. Dennoch stellte ich
fest, dass in beiden Fällen die Königin überlebt hatte. Das
zweiräumige Volk brauchte etwa einen Monat, bis ich es wieder seiner
ursprünglichen Stärke zugeführt hatte. Es war stärker betroffen.
Dennoch hielt sich der Schaden verhältnismäßig in Grenzen.<br />
<br />
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgB0Mok3kObBOBT7-FEuR6Lz1LuBI8XkLHiEsgIigZvp_sS131f6bVaRmQdj6wBrqob-K1VZKixPgL1ZyxFj0PvBxErEPaE8JALWFWMD-WtWNr4mACpUzokcYnoSDUuJIXMTCS9JkXw0Xc/s1600/Copy+of+Bienenfrevel.jpg" imageanchor="1" style="clear: right; float: right; margin-bottom: 1em; margin-left: 1em;"><img border="0" data-original-height="1600" data-original-width="1000" height="640" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgB0Mok3kObBOBT7-FEuR6Lz1LuBI8XkLHiEsgIigZvp_sS131f6bVaRmQdj6wBrqob-K1VZKixPgL1ZyxFj0PvBxErEPaE8JALWFWMD-WtWNr4mACpUzokcYnoSDUuJIXMTCS9JkXw0Xc/s640/Copy+of+Bienenfrevel.jpg" width="400" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<br /></div>
Nachdem ich die Kästen untersucht und wieder an ihre
ursprünglichen Plätze am Stand postiert hatte, rief ich umgehend
alle Münchener Zeitungen an. Sie zeigten sofort Interesse. Die TZ
schickte binnen einer halben Stunde einen Fotografen. Der dort
gedruckte Bericht schaffte es sogar in die sozialen Medien, wo ein
Freund, der 350 km entfernt wohnt, die Nachricht innerhalb von
Minuten nach dem Versenden erhielt. Die Entrüstung im Netz war groß, manche Kommentare vernichtend.<br />
Vor Jahren war mir ein ähnlicher Fall bereits passiert, da war ein 9-Waben-Volk, das auf zwei Etagen saß und noch leichter kippte, ins Wasser gestoßen worden. Das lag vor der der Zeit, als der Bach mit Rundungen und Untiefen ausgestattet ein Spielparadies für kleine Kinder geworden war. Der Stock hing an einem Wehr am Ende des Rosengartens, dort wo der Aenbach unter dem Schyrenbad, einem Freibad verschwindet, die Humboldtstraße unterquert und auf der gegenüber liegenden Seite in einem kleinen Park wieder empor tritt. In jenem Fall, dem ich kein Jahr zuordnen kann, waren die Bienen allesamt dahin gerafft. as<span style="font-family: "Times New Roman", serif;">Es
war 100 Gramm pro Quadratmeter schwer, glatt, nicht gestrichen und
nur knapp dicker als unser gewöhnliches weißes Kopierpapier. Man
konnte ohne weiteres auch einen Kopierer mit Bodonia füttern.
Dennoch verwendete ich es kaum für diesen Zweck. </span>Das Fliederquartier bestand damals noch. Ich stellte den Kasten in die Sonne in der Hoffnung, er würde trocknen, was aber nicht der Fall war. Dann packte ich die mittlerweile verschimmelten Waben, stülpte sie in blaue Abfalltüten und warf sie in den Container. Den Kasten versuchte ich, so gut es ging, zu reinigen. Ein Jahr später setzte ich ihn wieder ein. Seltsamerweise, das fie<span style="font-family: "Times New Roman", serif;">l mir im Nachhinei auf, waren zunächst sechs Stöcke am Stand, und der mit den neun Waben trug als einziger nicht die Aufschrift <i>apicultura</i> auf der Rückseite. Aber das mochte nichts bedeuten.</span><br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
Im Jahr 2016 erwischte ich einen Praktikanten bei der Süddeutsche Zeitung. Er fragte nach einem Bild, aber ich konnte ihm natürlich keins schicken. Am liebsten, das bekam ich schnell zu verstehen, vor allem auch von der TZ, wäre ihnen ein Foto mit den Stöcken im Wasser gewesen. Aber wer geht so vor, fragte ich mich, und schießt erst ein Foto, bevor er seine Bienen birgt? Die SZ brachte also kein Bild, jedoch einen
schmalen Absatz, und der zuständige Redakteur, vielleicht ein
Rookie, fragte mir ein Loch in den Bauch. Danach standen aber doch falsche Angaben bezüglich der gestorben Bienen zu lesen.<br />
Auch bei der Polizei war ich gewesen, natürlich um Anzeige zu erstatten. Sie schickten mich zuerst einmal hinaus, da draußen ein warmer Frühsommertag war und es sich dort leichter warten ließ, während drinnen eine Familie in erster Reihe saß. Nach einer Dreiviertelstunde riefen sie mich herein und erst ein ganz junger Beamter, der später von einem älteren abgelöst wurde, nahmen meine Aussage auf. Sie fragten nach so unglaublich vielen Belangen, auch ganz bienenfremdem, dass schließlich zwei DIN A 4 Seiten daraus wurden, die ich unterschreiben sollte. Kurz bevor ich ging, eröffneten sie mir, dass meine Anzeige höchstwahrscheinlich nutzlos sein würde, da die Wahrscheinlichkeit, einen Täter zu fassen, kaum bestand. Ich schaute mir den Burschen genau an. Er war höchstens 22 oder 23 Jahre alt und trug bereits eine Waffe. Ich war versucht, ihn zu fragen, ob das eine österreichische Glock sei, die er da trug und ob die Munition aus 9 mm-Patronen bestand, und ob das die Standardbewaffnung sei oder ob sie nur in dieser Dienststelle welche trügen. Aber dadurch, dachte ich, hätte ich nur Misstrauen ausgelöst und die Rolle des armen, um seine Bienen gebrachten Imkers verspielt.<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-78535978932661111242016-04-02T06:45:00.000+14:002018-04-08T07:38:53.425+14:00Rückinfektion<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;"><br /></span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Vor
einigen Jahren fand eine Veranstaltung statt, die im Titel den
Vorsatz trug, Stadtimkern den Weg zu ebnen. Das Bienenthema wird
seither in den Medien häufig empor gekocht. Die Bienen sind bedroht,
diese Einschätzung hat die meisten Leute erreicht. Nur Abhilfe ist
nicht in Sicht.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Ein
junger, schlaksiger Mann, ein sogenannter Kommunikationswirt, sprach
begeistert von der Bienenhaltung. Er erinnerte mich daran, wie ich
vor Jahren gesprochen hatte. Sobald man in die Bienenkunde eintaucht
wie in die Erdatmosphäre wird man euphorisch gestimmt. Doch sobald
man praktisch mit den „Mädels“ arbeitet, wird man ruhig und
konzentriert und vergisst alles um einen herum.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Nachdem
der dünne Mann, von dessen Berufsstand ich bislang nicht gewusst
hatte, sich in seinem Vortrag verausgabt hatte, ließ er Fragen zu.
Gleichzeitig schien er ein wenig ungläubig wie es möglich sein
konnte, dass nach seiner umfänglichen Darstellung überhaupt noch
Fragen gestellt werden konnten. Für ihn schien alles abgehandelt und
mehr gab es nicht zu sagen. Aus seiner Sicht, in der ich meine Sicht
von vor zwanzig Jahren erkannte, musste das stimmen.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Nun.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Nachdem
Fragen zugelassen waren, fragte ich, wie lange er schon Bienen
hielte. Da wurde er verlegen und zögerte und erinnerte mich sofort
wieder an mich. Er hatte noch gar keine Völker, sondern wollte im
folgenden Jahr erst beginnen.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Wie
ich hörte, entschied der schlaksige Bursche sich später, einen
breiter gestreuten Ansatz zu verfolgen und wendete sich von den
Stadtimkern ab. Ob er schließlich Bienen hielt, weiß ich nicht,
vermute aber, dass er es trotz seiner anfänglichen Begeisterung
bleiben ließ. Jedoch tauchte er, wie ich erfuhr, von Zeit zu Zeit
auf und bemängelte, dass die von ihm geschaffene digitale
Infrastruktur, all die Verlinkungen und Vernetzungen brach lägen.
Die Seite werde nicht gepflegt, sagte er, die Titel wie Stadthonig
oder Stadtimker oder „Was-auch-immer“ würden nicht benutzt. Was
sei das hier? Und er selbst, das lustigste Beispiel für „nomen est
omen“, das ich seit langem gehört hatte, denn er heißt Daniel
Überall, torkelte in meiner ungenauen Vorstellung wie ein verirrter
Falter durch die ökologische Szene.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Weiter
gab es noch zwei andere Personen auf der Tribüne. Der eine war ein anthroposophischer Imker, der andere kam aus Berlin und hielt
ebenfalls Bienen. Beide Herren wirkten ruhig. Dennoch ließ der Mann
aus Berlin ein leichtes Unbehagen in mir aufsteigen. Er schien davon
auszugehen, dass die Berliner die Stadtimkerei erfunden hätten. So
folgerte ich beunruhigt. Und sie brachten dem sturen Fleckvieh, also
uns, den Bayern, die frohe Botschaft.</span></span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Später
durchforstete ich das Internet und erkannte, dass alle Seiten, die
Stadtimker oder Stadthonig oder ähnliches im Namen führten,
reserviert worden waren. Mein eigenes Bedürfnis, dahin gehend Platz
zu belegen, ist gering, da ja </span></span><span style="color: navy;"><span lang="zxx"><u><a href="http://www.apicultura.de/"><span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;"><span style="font-size: small;">apicultura</span></span></span></a></u></span></span><span style="color: black;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;"><span style="font-size: small;"> alles
ist, was ich brauche. Dennoch überraschte es mich.</span></span></span></div>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
Als ich anfing, Bienen zu halten, richtete Franz einen Großteil
meines Lernens sofort auf den Anfang des neuen Bienenjahres (am 1. August) und die
Notwendigkeit der Varroabehandlung. Ich lernte, während des Sommers
Drohnenwaben auszuschneiden. Franz betonte, wie wichtig die
Varroabehandlung für alle Imker ist. Denn ein mit Milben
durchseuchtes Volk hat ein hohes Potential an Rückinfektion für
Völker, die in der Nähe stehen. Wer nicht oder zu wenig behandelt,
gefährdet andere im Umkreis. Gewöhnlich kennt man die (ernsthaften)
Imker in der näheren Umgebung. Das Problem sind daher nicht
diejenigen, die eine solide Behandlung gegen die Milbe
durchführen, sondern solche, die auf halbem Weg aufgeben, denen die
Kosten für die Kurse und das erforderliche Material zu hoch werden
und die ihre Völker einfach verwaisen lassen.<br />
<br />
Vor einiger Zeit schrieb ich einen bissigen Beitrag im
anthroposophischen Forum „mellifera“. Diese Leute verkaufen das Wesensgemäße. Meine Absicht war selbstverständlich, die Diskussion auf
das Milbenthema zu lenken, anstatt sich selbst zu beweihräuchern. Auf zahlreichen anthroposophischen
Internetseiten wird gepredigt, dass man nicht gegen die Milbe
behandeln darf. Gar nicht. Weder zum Winter hin, noch im Frühling
und Sommer, wenn, wie ich es von Franz gelernt habe, Drohnenwaben
ausgeschnitten werden müssen. Denn einige Anthroposophen fassen dies
als eine Amputation auf. Und im Winter, sagen viele, sollen die
Bienen selbst damit fertig werden. Aber zahlreiche Argumente, die sie
vorbringen, sind sachlich falsch. Der
Beitrag wurde von gewissen Administratoren intern geprüft und kurz darauf gelöscht.<br />
<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-62189462315494174672016-01-07T00:29:00.000+14:002018-04-08T07:22:30.921+14:00clover leaves<br />
Die Arbeit umfasst
sechs ganzseitig gestempelte Blätter aus Finnegans Wake. Das Papier,
auf dem ich stempelte, war in der Proportion um den Faktor 4,3 vergrößert, damit es zu meiner Schrifttype, einer Times in der
Versalhöhe von 10 mm passte. Die Papiermaße betrugen am Ende 96 cm
mal 60 cm. Ich wollte gern eine Serifenschrift, da sie bei Büchern üblich ist. Wikipedia weiß: „Als Serife
bezeichnet man die (mehr oder weniger) feine Linie, die einen
Buchstabenstrich am Ende, quer zu seiner Grundrichtung, abschließt.“
Die Times New Roman wird häufig von Zeitungen verwendet. Zur Times
weiß es außerdem, sie sei „robust, klar und einfach lesbar, sowie
im Platzverbrauch ökonomisch“. Daher sei sie „für
schmalspaltige Texte besonders geeignet.“<br />
In der gestempelten Arbeit kommt pro Seite einmal das Wort clover
vor.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjayh6E-xP8q3gjm9FLimKHPnYh5EHOnCmV2LIRrsfqI3ajIa_oOtrVqT4kNYQOnd2PTrH1E_afJv1iN7BLYYibM7wXNeh6sCFPDMzgkpH1bksq9FHkNNWHvGEwM15UUVkvstuSv7Lmoac/s1600/clover+leafs+3+%25281%2529.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1600" data-original-width="1091" height="640" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjayh6E-xP8q3gjm9FLimKHPnYh5EHOnCmV2LIRrsfqI3ajIa_oOtrVqT4kNYQOnd2PTrH1E_afJv1iN7BLYYibM7wXNeh6sCFPDMzgkpH1bksq9FHkNNWHvGEwM15UUVkvstuSv7Lmoac/s640/clover+leafs+3+%25281%2529.jpg" width="435" /></a></div>
<br />
Es entspricht der Regel, dass der Klee in der Natur drei
Grundblätter hat. Er gehört zur Gattung Trifolium. Wikipedia in
seinem unbeholfenen Deutsch weiß erneut: „Alle Laubblätter sind
scheinbar grundständig, aufgrund der liegenden Sprossachse,
angeordnet und in Blattstiel sowie Blattspreite gegliedert. Der
Blattstiel ist bis zu 20 Zentimeter lang. Die Blattspreiten sind
dreizählig gefingert. Die Blattfiedern sind bei einer Länge von
meist 1 bis 2,5, selten bis 4 Zentimetern ein- bis zweimal so lang
wie breit und breit-elliptisch bis verkehrt eiförmig mit gestutztem
oder schwach ausgerandetem oberen Ende. Der Blattrand ist fein
gezähnt.“ An der Unterseite sind die Laubblätter des weißen
Klees, der bei uns ausdauernd und unverwüstlich auf den Wiesen
wächst, glatt, und seine Blüten duften nach Nektar. In Sizilien
pflanzte man bis vor einigen Jahren einen lippenstiftroten Klee an,
der ganze Felder zum Leuchten brachte. Ich vermute, es ist der
sogenannte Inkarnatklee, dessen Blütenstand länglich und purpurrot
ist. Man nennt ihn dort sulla und er duftet nach Honig. Ausgewildert
leuchtet er an Straßenrändern. Für die Bienen ist er eine
hervorragende Trachtpflanze. Auf Feldern angebaut, wird er als Futterpflanze verarbeitet.<br />
<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhW3nx8UFWyMLX1C6bjfLfDIdaqrwuszziXHqVm2a1m_HOSG-JyP1DgTfnWKTQVpfGt1ag3McrEwCv82rit7MXmqavkn4UrDrK0d29pnKJ3vqQGZ02sXrtvyXjVjmAidvv1APGaj8VLyVE/s1600/Inkarnatklee.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1067" data-original-width="800" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhW3nx8UFWyMLX1C6bjfLfDIdaqrwuszziXHqVm2a1m_HOSG-JyP1DgTfnWKTQVpfGt1ag3McrEwCv82rit7MXmqavkn4UrDrK0d29pnKJ3vqQGZ02sXrtvyXjVjmAidvv1APGaj8VLyVE/s320/Inkarnatklee.jpg" width="239" /></a></div>
<br />
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Das vierblättrige Kleeblatt ist mit „Glück“ oder
„Christentum“ verbunden. Beispielsweise in einem Schulbuch
gepresst, soll es zu guten Noten verhelfen und unterm Kopfkissen soll
es Albträume vertreiben. In meiner Kindheit besaß ich ein Buch mit
Geschichten über Ignaz Kupferdach, ein Junge, der sich nur umzudrehen und zu
bücken brauchte, schon hatte er eines abgezupft. Das Buch ist heute
vergriffen. Das Vierblättrige Kleeblatt stellt in der Draufsicht ein
Kreuz nach und kommt damit in Verbindung mit St. Patrick, einem
Nationalheiligen Irlands. Manchmal wird es mit dunkelrotem Saftmal
dargestellt und es gilt als Irlands nebenberufliches Wahrzeichen. Es
prangt übergroß auf der Verpackung einer gelblichen Butter.
Hauptsächlich jedoch wird die Harfe verwendet. (Joyce hatte sich mit
16 Jahren, als er an einem Jesuitencollege unterrichtet wurde, vom
Christentum abgewendet. Aber er blieb lebenslang darin bewandert. Und
schließlich ist er einer der bedeutendsten Barden Irlands.) Die
irländische Harfe findet sich heute auf der Rückseite der
Euromünzen. Vor dessen Einführung war die Vorderseite mit der Harfe
bestückt, die Rückseite mit verschiedensten Tieren: Stiere, Wale,
Hühner, der Viertelpenny mit einem herabschießendem Vogel mit
langem Schnabel, es gab Schweine, einen Hirsch und so weiter.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg2YDbAUUZBVOhB48pWJoeEJHG8xr7fV4x4Ot88TUMah2sT9gE2KJ8gjWYmFM12DZdnI48XDhS8NObyCinwrKimWrO2zSh8bDlOj4_wkWVWGWHnC9_Osu79LO-XT7PpdzejLHSp7V9ZtQM/s1600/M%25C3%25BCnzen+Irland.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1600" data-original-width="1334" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg2YDbAUUZBVOhB48pWJoeEJHG8xr7fV4x4Ot88TUMah2sT9gE2KJ8gjWYmFM12DZdnI48XDhS8NObyCinwrKimWrO2zSh8bDlOj4_wkWVWGWHnC9_Osu79LO-XT7PpdzejLHSp7V9ZtQM/s400/M%25C3%25BCnzen+Irland.jpg" width="332" /></a></div>
<br />
<br />
Die sechs Blätter der clover leaves sind gerahmt und hängen
nebeneinander. Das letzte Blatt stempelte ich am 7. Januar 2016, daher gehört die Arbeit zum größeren Teil ins Jahr 2015.<br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1tfJvgEcVg4E2fF2BCJ2rhM6Eossod-5J4EkEajGcVmq7F_HyHKPHI8UdaS32O7NMNnDwMmn1_VYcnLQ6KQC-NfcWYcT6CmwyJgLCYISIyU6-sHx9uSeW1bMOOEGMKVm2QAjq_AtB1v4/s1600/clover+leafs+1.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1600" data-original-width="1091" height="640" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1tfJvgEcVg4E2fF2BCJ2rhM6Eossod-5J4EkEajGcVmq7F_HyHKPHI8UdaS32O7NMNnDwMmn1_VYcnLQ6KQC-NfcWYcT6CmwyJgLCYISIyU6-sHx9uSeW1bMOOEGMKVm2QAjq_AtB1v4/s640/clover+leafs+1.jpg" width="436" /></a></div>
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<br />Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5831613049621183020.post-63118635106781475402015-10-12T02:53:00.001+14:002023-04-15T03:48:20.987+14:00buch in der au<br />
<span style="color: #222222;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;">Lustig
ist übrigens eine Geschichte aus dem Buchladen, wo der Stadthonig
vertrieben wird. Da kam (der schwarze) Mann wütend herein gestapft
und plärrte, dass mein Honig zu günstig verkauft werde. Das gehe
nicht. Man müsse mindestens zwölf Euro verlangen. Die Damen dort,
weil kaufmännisch hart gesotten, nahmen ihm ein Glas zu 250 Gramm
ab. Das verstaubte dann ein halbes Jahr im Regal, während der Absatz
von Stadthonig aus dem Rosengarten florierte. Nach der besagten Zeit
holte er es murrend wieder ab, ließ sich jedoch nicht entmutigen,
sondern brachte 500 Gramm-Gläser, auf deren Etikett plötzlich "Stadthonig" zu
lesen stand. Das Etikett war aber fahl, die Farben wirkten gedeckt, ein bisschen wie mit Wasserfarben von einem Kind gemalt, und
das Ganze war selbstgestrickt. „Seids ihr wahnsinnig?“, fragte ich. Aber die
Buchhändlerinnen antworteten trocken: „Das Zeug will eh keiner.</span></span><span style="color: #222222; font-family: "times new roman" , serif;">“</span><span style="color: #222222; font-family: "times new roman" , serif;"> Die Gläser standen ewig herum, ohne dass einer Notiz von ihnen nahm. Tatsächlich hatten die Schlauen seine Gläser im Regal hinterm
Verkaufstresen nach hinten und in eine Ecke gerutscht, als handle es
sich um eine unliebsame Bucherscheinung (Sarazzin), die leider nicht
fehlen durfte. </span><span style="color: #222222; font-family: "times new roman" , serif;">Der Wüstling benutzt inzwischen Imkerbund-Gläser. Das sind die mit dem geprägten Glas. Ein Adler beschützt einen Bienenkorb. Früher war darauf, so las ich es, wohl noch ein Hakenkreuz geprägt. Sein Name steht da nur noch klein in einem Kästchen auf einem ansonsten wirren Etikett und auf den Deckel führt eine Lasche, so dass man gleich erkennt, ob er geöffnet wurde. </span><span style="color: #222222; font-family: "times new roman" , serif;">Den </span><i style="color: #222222; font-family: "times new roman", serif;">echten</i><span style="color: #222222; font-family: "times new roman" , serif;"> Stadthonig aus dem Rosengarten
betreffend, führten sie hingegen eine Liste der Personen, die sich
namentlich angemeldet hatten, weil sie unbedingt ein Glas kaufen
wollten. Der Engpass tritt vor allem im Frühjahr auf. Da will jeder Erster sein, wenn der frische Honig auf den Markt geworfen wird. Und
die Gläser stehen ohnehin vorne auf dem Tresen.</span><br />
<span style="color: #222222;"><span style="font-family: "times new roman" , serif;"><br /></span></span>Christoph Scheuereckerhttp://www.blogger.com/profile/10500953175202313953noreply@blogger.com