Bienenrecht


Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich eine eigene Abteilung über Bienenrecht. Es geht darin beispielsweise um Besitzansprüche, die neu gefangene Schwärme betreffen oder das Recht des Imkers, ohne nachzufragen, fremde Gärten zu betreten. Natürlich klingelt man im Zweifelsfall, doch in der Verfolgung von Schwärmen, die sich ja nicht an die Straßenverkehrsordnung halten, habe ich Odysseen erlebt, ganze Tage verbraten, um am Ende festzustellen, dass der Schwarm kaum rentabel war. Denn in der Luft schaut ein Schwarm beeindruckend aus, während man seine Größe am besten abschätzt, wenn er am Baum hängt. Ich flankte über Mauern und Zäune und verharrte plötzlich auf unbebauten Grundstücken, wo das Gras hoch stand, Grundstücke, von denen ich nicht gewusst hatte, weil sie in zweiter Reihe lagen, auf die die Sonne herunter brannte und wo nie gemäht wurde und wo seltene Pflanzen wuchsen und wo plötzlich Stille herrschte, und dann rannte ich weiter. Das geschah vornehmlich, als ich in Pasing wohnte, von den Jahren 1994 bis 2002. Später wurden die Schwärme weniger, da ein Imker, der mit den Bienen umzugehen weiß, kaum noch Bienen verliert, sondern im Zweifelsfall einen Ableger macht.
















Im Juni des Jahres 2014 fing ich einen Schwarm, der nicht mir gehörte. Er hing bei den Isarauen in einen nahe gelegenen Garten herüber, auf der Grenze zu einem winzigen Kinderspielplatz, von dessen Existenz ich nichts gewusst hatte. Der hiesige Hausbesitzer kannte die Leute, die dort wohnten. Eine Frau, der ich manchmal auf der Straße begegne, war mit ihren zwei kleinen Kindern zuhause. Es war neu gebautes Haus mit vier großen, aber flachen und einfallslos geschnittenen Wohnungen, die mich an Schuhschachteln erinnerten. Der Hausmeister werkelte gerade herum und lieh mir sofort seine hölzerne Leiter und einen Handbesen. Dann schlug ich die Bienen in einen Pappkarton ein und schlenderte damit gemütlich in den Rosengarten. Als ich die Humboldtstraße überquerte, sah ich nur müde und genervte Leute, die allein in ihren Autos saßen wie in Käfigen und im Stau verharrten. Ein Arbeiter bemerkte, was ich da trug, lachte und reckte die Daumen nach oben.
Wer zuerst am Ort ist, wo der Schwarm sich niedergelassen hat und ihn einfängt, ist der neue Besitzer.