Knete


Die Plastik ist ein Arbeitsrelikt. Ich versuchte einen apicultura-Stempel aus Gummi, den ich mir hatte machen lassen, in einen exakt formgleichen Bleistempel umzugießen. Der Plan war, mit dem Metall, das sich umstandslos im Ölbad erhitzen läßt, Prägedrucke in Wachs vorzunehmen. Mit dem fertigen Bleistempel wurden später die Glühbirnen, die auch in dieser Sammlung vertreten sind, gleichsam wie mit einem Firmenzeichen geprägt.





Bei der Herstellung dieses für mich fast zu anspruchsvollen Objektes unternahm ich die verschiedensten Versuche, einen perfekt abgebildeten Schriftzug zu erhalten. Dabei ging ich zunächst den Weg über die Knete. Der Gummistempel wurde darin abgedruckt und anschließend mit Gips ausgegossen. Also ein Zwischenstadium. Aber schließlich zeigte sich, dass der ganze Vorgang zu langwierig war, weil er zuviele Negativ-Positiv-Umwandlungen erforderte, und daher war er eine Sackgasse. Knete übrigens firmierte in meiner Kindheit unter Plastilin.
Die kleinen Scheiben kleben auf einem Offset-Blech aus Aluminium.

bulb

Für Ulrich Panick

Migliu u sceccu vivu ca u dutturi murtu
(Besser ein lebender Esel als ein toter Doktor)
Sizilianisches Sprichwort



Seit ich Bienen halte, fällt von den ausgemusterten Waben regelmäßig Wachs an. Man täuscht sich leicht über die Ausbeute einer Wabe, denn obwohl sie große Räume aufspannt, ist sie aus hauchdünnen Wänden gebaut. Das Wachs aus den Waben zu schmelzen ist eine umständliche und langwierige Arbeit, die Bienen hinterlassen bei der Aufzucht der Brut viele Rückstände, von denen es getrennt werden muß. Es braucht eine gehobene Vorstellung vom Wert des Bienenwachses, um die Mühe auf sich zu nehmen.
Manche Studenten unserer Klasse arbeiteten mit Stearin oder Gießereiwachsen, die eine ähnliche Beschaffenheit haben wie Bienenwachs, nur dass sich durch Zuschläge die Verflüssigungstemperatur beeinflußen lässt. (Bienenwachs schmilzt bei etwa 60°C.) Mir, der ich sozusagen im Wachs versinke, fehlte der vollständige Bezug. Die Blöcke stapelten sich im Keller und ich wußte nicht recht, was ich damit anfangen konnte. Wenn man als Künstler mit Bienen arbeitet, liegt Wachs als Werkstoff möglicherweise zu nahe. Erst die Glühbirnenarbeit hat die Proportion zugunsten des Skulpturalen verschoben.

Ein Künstler, der häufig Bienenwachs verwendet, hatte eine Ausstellung im Haus der Kunst. Ich ging hin und setzte ich mich auf eine Bank, um in Ruhe über seine Arbeit nachzudenken. Mir fiel der feiste, auf Dauer und in der Masse unerträgliche Geruch des Wachses auf. Da kam eine Frau vorbei und sagte: „Oh, welch feiner und angenehmer Duft.“

Glühbirnen hatten eine genormte Form. Sie unterschieden sich durch die Stärke und natürlich durch den Hersteller. Der war durch ein aufgedrucktes Firmenlogo an der Oberseite repräsentiert. Osram beispielsweise hat einen runden Schriftzug mit 18 mm Durchmesser. Meine apicultura-Stempel sind ebenfalls rund, deshalb ließ ich einfach einen weiteren mit 18 mm fertigen.
Aus der inneren Logik der Plastik musste ich für sie einen Prägestempel herstellen. Blei ist dafür ein gutes Material. Für den Guss der Glühbirnen genügte eine simple zweiteilige Form. Aber den Gummistempel in Blei umzugießen war die kniffligste Aufgabe. Die Buchstaben sind sehr fein geschnitten, und das größte Problem verursachte die Gipsform. Es dauerte Tage. Zusätzlich mußte eine Schraube eingegossen werden, damit sich alles auf einem Holzgriff befestigen ließ. Als Objekt sieht es vielleicht zu gefällig aus. Aber es hat seine Notwendigkeit, denn das Blei wird im Ölbad erhitzt, damit die Schrift heiß geprägt werden kann.



bulb ist sowohl der Titel dieser Plastik, als auch der ganzen Ausstellung. Eigentlich ein englisches Wort, bedeutet es Zwiebel, Knolle, Wulst, auch Kolben oder die Kugel eines Thermomethers, und eben Glühbirne. Der rettende Einfall einer Comicfigur wird oft mithilfe einer Glühbirne dargestellt.



Mit Manfred Ellenrieder hatte ich ein Gespräch über das Vorfinden. Er hatte zugesagt, einen Text für einen Katalog zu schreiben, und er brauchte einige Anhaltspunkte. Ich sagte: Was diesen Gesichtspunkt betrifft, unterscheiden sich meine ersten Arbeiten, die zwanzig Jahre alt sind, in nichts von den heutigen. Er bemerkte: "Was wir sagen wollen, lässt sich mithilfe des bereits Bestehenden sagen. Wir müssen nichts erfinden, sondern die Augen offen halten."