Naturkunde


Das Handbuch der Bienenkunde/Honig gibt folgende Auskünfte: Die Verschränkung von Biene und Blume ist inniger als gedacht. Meistens wird zur Einstimmung Goethe zitiert. Genaues Wissen besteht seit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts. Man erforschte die Tagesrhythmik der Nektarabsonderung in Zusammenhang mit dem Blütenbesuch der Bienen. Es zeigte sich, dass bestimmte Blüten um gewisse Uhrzeiten ein Höchstmaß an Nektar absondern, der Salbei um elf Uhr, der rote Klee um dreizehn Uhr oder die Linde generell in den Abendstunden.
Die Sammlerinnen der Honigbiene stellen sich darauf ein, indem sie täglich um diese Uhrzeiten bei den Blüten erscheinen, sonst aber weitgehend fernbleiben. Was ein Zeitgedächtnis voraussetzt. Als Rückkopplung kann vorkommen, dass die Pflanzen auf den gehäuften Bienenbesuch reagieren und besonders viel Nektar um die jeweilige Besuchszeit bereit stellen. Weiter gibt es die Beobachtung, dass Bienen eine bestimmte Zusammensetzung innerhalb der zahlreichen Zuckerformen im Nektar bevorzugen und manche Pflanzen darauf eingehen, indem sie ihr Spektrum ein wenig ändern. Pflanzen, die noch nicht ausreichend bestäubt sind, können ferner ihre Blühzeiten verlängern, teilweise um mehrere Wochen.
Die Nektarproduktion wird durch klimatische Verhältnisse beeinflusst. Höhere Temperaturen fördern die Ausscheidung, Wassermangel vermindert sie. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der relativen Luftfeuchtigkeit und der Konzentration des Nektars. Hohe relative Luftfeuchte erhöht die abgesonderte Menge, vermindert aber die Konzentration des Zuckergehaltes. Und umgekehrt. Karl von Frisch gibt an, Bienen bevorzugen bis Ende Juni hohe Zuckerkonzentrationen, da ihr Geschmacksempfinden bis dahin bezüglich zuckriger Lösungen schwächer ausgeprägt ist, als das der menschlichen Zunge. Sobald sie jedoch anfangen, Kleinstmengen nachzustellen, steigert es sich.

aus den Honiggeschichten

Schwarmfang


Ein anderes Mal hingen die Bienen in einer riesigen Lärche, in dem Eckgrundstück schräg gegenüber. Die Eisheiligen waren am Tag davor zuende gegangen, und die Bienen hatten die erste Gelegenheit genutzt. Ein Freund und ich kletterten hinauf, um sie zu bergen, aber sie hingen sehr hoch, weit über dem First unseres zweistöckigen Hauses und außerdem etwa fünf Meter vom Stamm entfernt. Es war Vatertag, 1996, ein (...) warmer Tag, und nach etwa einer Stunde war die ganze Nachbarschaft zusammengelaufen, um dem Spektakel zuzusehen. Während wir oben herumturnten und mit Pappkartons, die an Dachlatten gebunden waren, versuchten, an den Schwarm heranzukommen. Nach einiger Zeit hielt sogar ein Polizeiauto und sie fragten, was es mit dieser „Versammlung“ auf sich habe. Aber als Babette an den Wagen trat und ihnen erklärte, es handle sich um einen Imker, der einen Bienenschwarm einfange, ließen sie sofort das Fenster hoch und fuhren davon.

aus den Honiggeschichten

Anruf im Bienenstock


Die Idee zu diesem Konzept war einfach und überragend. Ich hatte einem Freund, der das Bienenprojekt vom Anfang her kennt, von meinen Schwierigkeiten erzählt, mir eine zündende Idee für das städtische Projektstipendium einfallen zu lassen. Im Jahr zuvor hatte ich es mit einer livecam vor dem Bienenstock versucht und war ohne Fördermittel ausgegangen. Im Jahr 1996 schien es dann plötzlich so, dass die große Zeit der livecam vorbei war. Vermutlich wurde sie noch in der Pornoindustrie gebraucht oder bei der Umwandlung von privatem in öffentlichen Sex.
Wir steckten die Köpfe zusammen. Es gab neu auf dem Markt Handys mit sogenannter Babyruf-Funktion. Tatsächlich funktionierte das nicht anders als ein Babyfon. Man wählt die betreffende Nummer, das Telefon hebt selbsttätig ab und man hört die Geräusche, ohne selber sprechen zu können. Genau das wollte ich im Bienenstock veranstalten, und es war natürlich eine in jeder Hinsicht riesige Idee.





Weiter bot die Möglichkeit, tatsächlich in einem Bienenstock anzurufen, einen poetischen Aspekt. Viele Leute hätten das schon aus Neugier getan und wären überrascht gewesen, wirklich dort gelandet zu sein. Die archaische und überzeitliche Welt der Bienen, für die viele einen unbestimmten Respekt empfinden, sollte mit gegenwärtigen Medien verbunden werden. Der Gesangsvortrag der Bienen hätte dann beispielsweise Auskunft über die Temperatur, das Wetter, den Wind oder die tageszeitliche Laune gegeben, es wäre ein Umweltbarometer entstanden.

Das Telefon selber empfand ich nicht als finanzielle oder technische Hürde. In meiner Ausführung der Kästen befindet sich im Boden ein rechteckiger Schacht, an den man von unten und außen herankommt. Mich hätte man gelegentlich gebraucht, um den Akku frisch aufzuladen. Das Projekt sollte von Anfang April bis Ende Oktober laufen. Das ist jener Zeitraum, der einem das Öffnen des Stockes erlaubt. Alles keine Sache. Allerdings wäre eine auf unterschiedliche Medien gefächerte Kampagne nötig gewesen. Die Telefonnummer musste verbreitet und unterschiedliche Zielgruppen sollten erreicht werden. Das war der Punkt, denn in dieser Hinsicht hätte sich nicht knausern lassen. Mir schwebte zunächst Gedrucktes in der Zeitung und in Anzeigenheften vor. Die Abendzeitung war an mich herangetreten, über das Prokjekt Stadtimker etwas in ihrer Stadtteilseite zu bringen. Damals kamen auch die Bildschirmwerbungen in den U-Bahnstationen auf (info-screen). Zusätzlich dachte ich an Kinowerbung, doch das wurde in der Summe zu teuer. Alles in allem ging es nicht ohne Fördermittel. Und ich bekam sie nicht. Eine Frau, die an der Jury für das städtische Projektstipendium teilgenommen hatte, erzählte mir später, mein Name sei auf Platz vier festgesessen. Nummer eins bis drei bekommen Geld. Babette, meine damalige Freundin sagte: „Zum Teufel. Diese Platz-Vier-Geschichte ist genau das, was einem noch den Rest gibt.“

Städtischer Insektenbauftragter



1996 war das Jahr, in dem ich meinen zweiten Antrag bei der Stadt München einreichte, mich als Stadtimker einzustellen. Als Städtischen Insektenbeauftragten, wie ich es in einer ausführlichen Begründung formulierte.
Ich hatte mir alles genau überlegt und sogar eine Möglichkeit erarbeitet, das Projekt in die Stadtverwaltung zu integrieren. Diesmal schickte ich die Bewerbung direkt an den Oberbürgermeister und erhielt nach einiger Zeit von einem Sekretär oder Sachbearbeiter eine Antwort: Ausgezeichnete Idee, hieß es darin, und wir würden auch gerne, aber leider, unsere finanziellen Mittel, usw. Den ersten Antrag hatte ich über die Grünen laufen lassen und die Antwort war karger ausgefallen. Es gibt, hieß es, sowieso schon so viele Bienen und Imker in der Stadt. Da brauchen wir nicht noch einen dafür bezahlen. Es klingt paradox. Einige waren wohl dafür, aber andere hatten selber Bienen, und ich gewann schließlich den Eindruck, sie sahen es nicht gerne, dass jemand in ihr Hohheitsgebiet eindrang.

aus den Honiggeschichten

Bild Pappschild auf Alusockel