Durch Zufall, vielleicht während eines Flohmarktgangs, geriet ich
an das Buch Alpenblumen. Es heißt darin, dass die Gewächse der
Hochlagen mehr mit ihren Verwandten in der arktischen Tundra
gemeinsam haben, als mit den hier heimischen. Das Buch spricht von
einem möglichen Klimawandel und erschien bereits im Jahr 1977.
Die Arbeit besteht aus möglichst hell gehaltenen, schwarzweißen Kopien
der Blüten im Buch, einige waren vergrößert beziehungsweise dem Format
DIN A 3 angepasst. Und diese alle kolorierte ich mit Buntstiften nach der
Vorlage im Buch. Während der Schulzeit, mindestens zwanzig Jahre
zuvor, hatte mir jemand ein dreißigteiliges Buntstiftset geschenkt.
Das verwendete ich. Die Arbeit bezieht, wenn man sie genau
betrachtet, die unterschiedlichen Ebenen des Abbildens in sich ein.
Final ist es so, als drehe man sich einmal im Kreis.
(Fotos REH_?: Verschiedene Alpenblumen)
Es war ein warmer, gleichmäßiger Frühling und kein zu heißer
Sommer, und ich arbeitete vorwiegend im Garten. Dort saß ich und
strichelte auf den Blättern herum. Den schwarzweißen Untergrund
kann man kaum mehr ausmachen, zehn bis fünfzehn Schichten Farbe
überdecken ihn.
(Foto: Tisch im Garten)
Für die höheren Lagen existiert bei uns eine eigene Bienenrasse,
von der im Film more than honey die Rede ist. Sie heißt apis nigra
und ist nicht zu verwechseln mit der apis nera, die im großen Stil
auf den Liparischen Inseln rückgezüchtet wird. Diese war früher
auf Sizilien heimisch, wurde jedoch von einer anderen Rasse
vertrieben, ich vermute, es war die carnica. Der Vorteil der nera-Rasse ist, wie ich hörte, dass sie zweimal pro Jahr in Brut geht, genau zu der Zeit, wenn es auf Sizilien regnet und die Pflanzen blühen. Allmählich soll sie nun
ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet rückerobern. Diese Maßnahme
wird vom slow-food-Verband in Italien finanziell unterstützt.
Die Alpen sind das natürliche Habitat der nigra. Das hat gute
Gründe, denn sie geht spät in Brut. Das ist auf den örtlichen
Bewuchs abgestimmt. Mich erstaunte, als ich das Buch durchblätterte
und die darin abgebildeten Pflanzen sah, dass ich einigen, außer
natürlich Glockenblumen und Krokussen, und den Lilien, dem
Löwenzahn, den Karthäusernelken, nie zuvor begegnet war. Um die
dazu gehörige Biene kümmern sich die beheimateten Imker. Darüber
hinaus ist sie kaum bekannt. Als zähe Gebirgsrasse eignet sie sich nicht für das flache
Land.
(Fotos REH_?: Verschiedene Alpenblumen)
Vom imkerlichen Standpunkt her ist die Alpenblumen-Arbeit nicht besonders
wichtig, speziell was die Eigenart ihres Aufbaus betrifft. Sie kreist
ja in sich und stellt keinen aktiven Bezug zu den Bienen her. Dennoch
ist sie hier aufgenommen. Das hat mit der Verschränkung von Bienen
und Blumen zu tun. In zahlreichen Büchern, vor allem in älteren,
ist davon stets am Anfang die Rede. Meistens wird Goethe zitiert, der
einen kleinen Zweizeiler geschrieben hat, dessen Schluss lautet: „
... sie müssen füreinander sein.“ Detailierte wissenschaftliche Kenntnisse über das gesamte Ausmaß der Verschänkung
sind, soweit ich weiß, erst in den Zwanziger oder Dreißiger Jahren hinzu gekommen.
In diesem Zusammenhang hat mich die Hummelragwurz erstaunt. Sie ist
eine wilde Orchidee, die auf halbtrockenen, lößhaltigen Böden
wächst, sehr selten vorkommt und in ihrer Form den bestäubenden
Hummeln nicht gleicht, aber sie dennoch anatomisch anspricht.
(Foto: Stehende hölzerne Stempelbuchstaben auf Arbeitstisch)
Parallel fertigte ich zum ersten Mal im großen Stil eine Stempelarbeit. Schließlich brachte ich beide in Zusammenhang und stellte sie zusammen aus. Ich hatte die Rathausgalerie zur Verfügung bekommen und bat zwei Künstler, die ich kannte, hinzu.
Alpenblumen
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