Papierarbeiten 2


Im Herbst des Jahres 1999 befand ich mich an einem Punkt des Stillstandes. Das heißt, es kam mir so vor, als stünde alles unbewegt im Regal, während sich unter der Oberfläche die größten Umwälzungen vollzogen. Ich fühlte mich, als sei ich ein vulkanisches Gestein, das sich an der Oberfläche verhältnismäßig ruhig dahin schiebt, während es unterirdisch um und um wirbelt.
Viele Arbeiten hatte ich noch nicht ausgeführt, sie kündigten sich aber bereits an. Häufig entstanden zunächst projektive Zeichnungen, die ich später als plastische Arbeiten ausführte. Daneben kam es zu jeder Menge Arbeiten auf Papier, die nicht darauf ausgelegt waren, etwas nach sich zu ziehen. Sie ließen sich nicht anders oder in größeren Dimensionen verwirklichen.
Wegen der zahlreichen Zäsuren führte ich die sichtbare Gliederung der Papierarbeiten ein. Die ersten bienenkundlichen Zeichnungen lagen ja bereits im Jahr 1992. Vermutlich umkreisten sie ihr Thema eher, als dass sie direkt auf sie zustießen, wie das später der Fall war.

So unwahrscheinlich es klingen mag, Karl von Frisch war mir zunächst kein Begriff. Zwar wurde ich nach ihm gefragt, wusste aber nichts zu antworten. Der Grund fiel mir später ein. Ich musste in der Bienenhaltung zunächst das Praktische bewältigen. Damit hatte ich die größten Schwierigkeiten und es war noch lange nicht Zeit, aufzuatmen. Daher las ich mir im Winter theoretische Kenntnisse an und versuchte im Sommer, das Gelesene, sofern ich es nicht vergessen hatte oder es zu kompliziert gewesen war (oder die Bienen sich weigerten), in die Praxis zu übertragen.
Karl von Frisch rückte wenig später in meinen Gesichtskreis. Da beschäftigte mich die Farbwahrnehmung der Bienen. Sie ist gelegentlich Gegenstand der zweiten Papierarbeiten.


Ab dem Sommer des Jahres 1999 verbrachte ich mehrere Monate allein im Hunsrück, in einem uralten Haus. Einerseits war ich froh, einen grauenhaften Lebensabschnitt hinter mir gelassen zu haben, andererseits wusste ich nicht so recht, wie es weiter gehen sollte. Vergil hätte mich sicher mit einem Wanderer verglichen, der sich noch durch den dichten Wald kämpft. Die weite, offene Ebene war mir zwar in Aussicht gestellt und auf geografischen Karten verzeichnet. Aber augenblicklich sah es nur düster aus.
An einem Tag wurde es besonders unerträglich und ich rief eine Freundin an, die ebenfalls als Künstlerin arbeitete. Ich schilderte ihr mein Verhängnis.
Sie sagte trocken: „Halte durch.“