Ende September wurde von Laura Selz, einer Mitarbeiterin bei Bayern2Radio, eine Sendung vorbereitet, die hieß: Ein Satz fürs Leben. Laura traf ich gelegentlich im Cafè und sie hatte mich angesprochen, ob mir nicht so ein Satz einfiele. Tja, dachte ich. Es gibt einige Sätze, die die Mutter mir in der Kindheit um die Ohren geschlagen hat. Aber es ist nichts darunter, was man gern weitergeben möchte. Also entschied ich mich für einen Ausspruch von Franz. Er hat stets eine ganze Reihe von Sprüchen auf Vorrat gehalten. Die meisten sind mir im Gedächtnis geblieben oder ich habe sie sogar aufgeschrieben. „Christoph, lass mich dir eines sagen:“ „Schmarrn das Ganze“ und so weiter. Auf die lange Sicht ist an mir ein seltsamer Ausspruch haften geblieben, den ich anfangs womöglich als etwas schrullig abgetan hatte, der sich jedoch bestätigt gefunden hat. „Man kann Bienen auch in einem Gummistiefel halten.“ Natürlich erkennt man die Übertreibung darin. Doch mir fiel auf, dass Bienen jedweden Bau annehmen, wenn er sich halbwegs für ihre Zwecke eignet. Deshalb nisten sie auch in Rollladenkästen und fühlen sich dort nicht weniger wohl als in einer wiederaufgelegten anthroposophischen (wesensgemäßen) Beute, die eigentlich aus dem Slowenien des Neunzehnten Jahrhunderts stammt. Hat der Ausspruch mein ganzes Leben geprägt oder mich zumindest lebenslang begleitet? Das nicht. Doch er wurde zu einem Rätsel, das ich auflösen wollte. Er gewann mit den Jahren an Bedeutung. Mir fiel auf, dass die Form des Gebäudes, das wir den Bienen bieten, unseren Bedürfnissen entspricht. Glaubt jemand beispielsweise daran, dass „wesensgemäß“ überhaupt eine Kategorie ist, versucht er, die Umhüllung entsprechend zu gestalten. Das ist aber ein menschlicher Wunsch. Meine Absicht besteht zunehmend darin, die Sache von den Bienen her zu denken. Als es zur Aufnahme meines Textes kam, auf den ich mich nicht gut genug vorbereitet hatte, standen wir direkt hinter den Bienenkästen im Rosengarten. Seltsam kam mir vor, wie wir da angeordnet waren, nämlich beinahe voreinander, so dass man das Mikrophon bequem hin und her schwenken kann, jedoch die Blicke abgewandt. Laura wusste, dass es nicht funktioniert, wenn man seinem Gegenüber direkt in die Augen sieht. Das bringt einen aus dem Konzept. Sie fragte gelegentlich etwas und hielt mir ansonsten das Mikro unter die Nase und ließ mich reden. Ich erzählte ein wenig, schmückte hier und da ein Detail aus und versuchte möglichst wenig Unsinn zu schwafeln. Auf den Freiheitsaspekt kam ich womöglich zu sprechen. Ich erinnere mich nicht genau. Tatsächlich hat der Satz ja die Aufgabe eines Rätsels. Erst hebt man ihn auf. Er krallt sich womöglich sogar mit Widerhaken in einem fest wie ein Bienenstachel. Er begleitet einen so lange, bis man es aufgelöst hat. Danach lässt man ihn gehen. Diese Wirkung verstand ich aber erst später. Alles in allem ist es ein prägnanter Satz. Für mich ist er zudem eine Erinnerung. Anfang Oktober wurde die Sendung geschnitten und ausgestrahlt. Und als sie dann kam, versendete ich den link dafür, als hätte ich eine Ausstellung. Tatsächlich war das ja auch so.