The queen is not amused.
Bienenrassen
Kärntnerbiene und
Ligurische Biene
Bei
uns heimisch ist die Carnica-Biene. Sie hat einen gleichmäßig
dunkelbraunen Hinterleib. Viele Imker bevorzugen sie schon aus
Patriotismus. „Welche Bienenrasse haben Sie?“, fragen sie streng.
Wenn man antwortet: „Carnica“, nicken sie befriedigt. Aber man
kann auch sagen: „keine Ahnung.“ Dann ist man durchgefallen. Ein
gutes Mittel, um weiterer Inquisition aus dem
Weg
zu gehen.
Beim
sogenannten Hochzeitsflug
wird eine Königin von mehreren Drohnen begattet.
Sie lagert die unterschiedlichen Samen schichtweise in einer Blase.
Bei der Eiablage werden die Schichten wieder abgetragen. (...) Manche
Grundeigenschaften eines Volkes können sich dadurch verändern. So
wird vielleicht aus einem sanftmütigen Volk ein stichliges. Oder
umgekehrt. Manchmal schlägt eines meiner Völker um und ich bekomme
mehrheitlich Bienen mit hellgelben Hinterleibsringen. Sie sind sehr
sanft. Franz sagte, es sei die Italiener-Biene. Apis mellifera
ligustica. (...) Das Handbuch sagt: „(Die Ligustica) ist, von der
gelben Panzerfärbung abgesehen, der Carnica sehr ähnlich.“ Jedoch
ist ihr Rüssel länger, 6,4 mm bis 6,7 mm. Das befähigt sie,
bestimmte Pflanzen zu befliegen, an der die Carnica scheitert,
beispielsweise
den Rotklee, dessen Nektar tief in den Blütenhülsen liegt und nur
bei gleichmäßig
warmfeuchter Witterung
langsam aufsteigt.
Im
Handbuch der Bienenkunde sind Haltung und Zucht als zwei Abteilungen
in einem Band zusammengefasst. Manchmal treten die Leute an meinen
Stand und sagen forsch: „Aha, da ist er ja, der Bienenzüchter. Wie
gehts unsern Schützlingen denn heut?“ Das Handbuch sagt in der
Vorrede zum Zuchtabschnitt: „Unter Zucht verstand man seither
sowohl die Haltung und Pflege der Biene wie auch das Erhalten ihres
Fortbestandes. Heute hat sich der Begriff gewandelt. Bienenhaltung
und -pflege meint man meist nicht mehr damit.“ Wenn ich gut
aufgelegt bin, erkläre ich den Leuten, was der Unterschied ist.
Heidebiene,
Caucasica
In
der Lüneburger Heide kommt eine eigene Biene zum Einsatz. Sie ist
für die krautigen Heidegewächse besser geeignet, heißt es.
Genauso, wenn man nach Nord-, Mittel- oder Ostdeutschland reist,
erfährt man von dort bevorzugten Rassen.
Buckfastbiene
Wenn
man über die Bienenzucht spricht, finde ich, drängt sich die
Buckfastbiene in den Vordergrund. Sie unterscheidet sich von den
anderen, weil sie eine sogenannte Kunstrasse ist. Das heißt, sie
wäre von selber in der Natur nicht entstanden. Eine Zeit lang war
die Buckfastbiene sehr in Mode. Erschaffen wurde sie (...) im Laufe
des Zwanzigsten Jahrhunderts von Bruder Adam, einem in Deutschland
geborenen Benediktinermönch, der im englischen Kloster Buckfast
lebte und
dort eine riesige Imkerei aufbaute.
Es scheint, der ganze Schöpfungsmythos der katholischen Kirche
kulminiert in dieser Biene. Bruder Adam reiste bis ins hohe Alter in
der Welt herum und sammelte Bienenrassen,
die er mit nach England nahm.
(...) Auf Kreta, heißt es, entdeckte er sogar eine Biene, die er als
eigene Rasse identifizierte. Sie wurde nach ihm benannt: apis
mellifera adami. So machen sie es in der Wissenschaft.
Die
Reinerbigkeit der Buckfastbiene wird von Kritikern bezweifelt.
Allerdings ist sie ja züchterisch anders aufgebaut. Das Verfahren
bezeichnete
man als
Dynamische Zucht. Bruder Adam kreuzte
immer neue Bienenrassen, die er im Laufe seines Lebens in aller Welt
aufgestöbert
hatte, seiner Biene ein. Natürlich durch Auslese der gewünschten
Eigenschaften. work in progress. Im Gegensatz zur Reinzucht, deren
Ziel Rassenerhalt und eine in ihrem äußeren Erscheinungsbild
einheitliche Form sind. Die Buckfastzucht verfährt nach der
Bewertung der Volkseigenschaften. Die einzelnen Bienen eines Volkes
können uneinheitliche Körpermerkmale aufweisen.
Nach
dem Ausscheiden von Bruder Adam aus der Imkerei legte einer seiner
Schüler eine Genanalyse der Buckfastbiene vor. An diesem Profil wird
heute gemessen. Der jahrzehntelange Entwicklungsprozess, der die
Besonderheit ausmachte, wurde eingefroren.
Franz
kaufte
einmal eine Buckfastkönigin. Sie
kostete damals
50 DM. Er wollte es wissen. Sie kam mit der Post, in einem kleinen
Käfig mit Pflegebienen. „Und?“, fragte ich ihn, nach einem
Vierteljahr etwa. „Auch nicht anders“, sagte er. Damit war das
Thema vom Tisch. Zucht war nicht unser Geschäft. Mit der Buckfast,
hieß es auf der Internetseite www.buckfast.de arbeiteten (...) viele
Erwerbsimker. (Das sei der Beweis für ihre außerordentliche
Tauglichkeit.) Dennoch, ihre Konjunktur lief ein wenig aus. In der
Zeitschrift Imkerfreund, September 2003, wurden
von einer Firma sechs verschiedene Bienenrassen angeboten, in vier
aufsteigenden Preiskategorien. Die Buckfast war
weit abgeschlagen und stand
nur noch an vierter Stelle. Gemeinsam mit der Italienischen
Biene.
Primorskibiene
Damals
stieg
die Primorskibiene kurzfristig
zum
Spitzenreiter
auf.
In der teuersten Ausführung kostete eine befruchtete Königin 750
Euro. Im
Internet recherchierte ich (...) unter primorski, denn
die meisten
Bienenrassen sind
nach ihrer (...) Herkunftsgegend benannt (...). Das Primorski-Gebiet
liegt an der ostsibirischen Pazifikküste. In der Region um
Wladiwostok. Auf Russisch schreibt es sich mit ij am Ende. Für die
Amerikaner ist es primorsky und wir haben uns verständigt auf
Primorski.
Eine
Erfolgsgeschichte amerikanischer Prägung liest sich unter: Die
Primorskistory. Verfasst von zwei amerikanischen
Züchtern. Von anderswoher stammend, ich glaube aus der Ukraine, sei
die Biene Ende des Neunzehnten Jahrhunderts mit Siedlern Richtung
Primorski gewandert und habe sich als westliche Biene mit der
asiatischen Biene apis cerana gepaart. Die ist der natürliche Wirt
der Varroa-Milbe. Im Laufe eines Jahrhunderts habe sie selbständig
gelernt, mit der Milbe umzugehen. Aus dem Primorskij-Gebiet wurde sie
unter allerstrengsten seuchenhygienischen Sicherheitsbestimmungen und
nach monatelanger Quarantäne auf einer Insel angesiedelt,
die dem nordamerikanischen Festland östlich vorgelagert ist.
Dort wurde sie in Reinzucht vermehrt. Unter Verbesserung bestimmter
Eigenschaften, versteht sich. Und dann kam sie zurück. Quasi als
gemachter Mann. Denn sie springe unduldsam mit der Varroa-Milbe um.
Vor allem nach der Trachtzeit kümmere sie sich offensiv um die
Beseitigung des Schädlings. Und im Frühjahr, wenn man den Stock
öffne, seien die Milben niedergemacht.
Sie
konnte
das aus Gründen, die ich nicht verstanden habe. In der Beschreibung
klang
es obskur, eine Art black-box-Prinzip. Was drinnen im Stock
passierte, ließen
die dortigen Züchter, die natürlich Geld verdienen wollten,
wohlweislich
im Dunklen. Vielleicht ist sie gelenkiger (...). Oder sozialer, so
dass die
Bienen
sich gegenseitig putzen. Das könnte sie von der östlichen Biene
haben, der diese Eigenschaften bescheinigt sind. Ob aber wirklich
eine Kreuzung stattgefunden hatte?
Ich weiß nicht. Jedenfalls gab
es seit einiger Zeit Rückimporte aus den USA. Im Jahr 2001 kostete
eine befruchtete Königin der Primorsky-Biene 1000 $. (...) Es gab
auch
eine Vereinigung der Primorski-Imker. Die stimmte ein Hohelied an auf
den Neuen Stern am Himmel der Bienenzucht. Erster
FC Primorski.
Vor allem waren viele Bioimker darunter. Was sich nur mit dem
ersehnten Wegfall der Schädlingsbekämpfungsmittel begründen ließ,
der da in Aussicht stand.
Sie wurden von all dem so optimistisch gestimmt, dass für sie „die
Zeit nach der Varroa bereits begonnen hat.“
Um
all das unter die Lupe zu nehmen, stellten die Bayerischen Prüfhöfe,
im Rahmen eines Kooperationsprojekts von fünf deutschen
Bienenforschungseinrichtungen, im Jahr 2002
Vergleichsforschungsreihen an. Und waren
nicht begeistert. Denn sie diagnostizierten eine „signifikant
schlechtere Honigleistung reiner Primorski- Linien“. Plus eine
schlechte Anbrütphase im Frühjahr. Schließlich „keine (...)
Unterschiede im Merkmal Varroa“ zu Carnica- und Buckfastherkünften.
Und dann auch noch stichlig. Zum selben Ergebnis kam
die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V.. Das
Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. setzte
sogar Infrarot-Video-Technik ein, um den dunklen
Vorgängen auf die Spur zu kommen. Etwas
ausgiebigeres Putzverhalten, sagten sie. Aber dennoch lautete das
Fazit: „In Übereinstimmung mit den Ergebnissen einer
niederländischen Arbeitsgruppe zeigt der Vergleich nicht den
geringsten Hinweis auf eine Überlegenheit der Primorski Bienen
hinsichtlich dieses Merkmals (Varroa).“ Im Übrigen bekam
der Transport aus den USA den meisten Königinnen schlecht.
Dreiviertel gingen unterwegs ein oder waren
beschädigt.
Die
Züchter hingegen fragten entrüstet: Wie kann es möglich sein, dass
derart
sensationelle Meldungen von den Bieneninstituten in Deutschland nicht
wahrgenommen werden... ? Dem deutschen Pimorski-Pionier wurde
von einigen Einrichtungen sogar beschieden, (...) dass er auf jeden
Fall die Finger davon lassen solle. (...) Obwohl
(...) die Qualität der primorsky in den
USA wissenschaftlich belegt sei.
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