Eröffnung am Mittwoch, den 23. Mai
Was hier als Bild erscheint, gibt es mit derselben Einstellung auch als Film.
Während wir uns bezüglich der Biene mit unseren germanischen Wurzeln herumschlagen, mit Imme und Bien, bezeichnen die Italiener die Imkerei geschmeidig als Bienenkultur. Das hielt ich für ausbaubar, da der Kulturbegriff darin so mühelos zum Einsatz kommt. Was ist in diesem Fall Kultur, fragt sich ein Bienenlexikon und gibt sich selbst die Antwort: Haltung und Pflege. Kultur beinhaltet allerdings viel mehr, das weiß man. Der Kulturbegriff ist so weit, dass man seine Ränder nur unscharf sieht. Das übergeordnete Label für meine Aktivitäten auf diesem Sektor ist vom ersten Tag an apicultura gewesen. So und nicht anders muss es heißen, dachte ich sofort. Besondere Spaßvögel fragten mich anlässlich des achtzehnten Geburtstags von apicultura, ob die Bienen jetzt einen Führerschein machen dürften. Ha ha.
„Ja“, antwortete ich, „aber nur für die Ape.“
Hier sitzt der Stock auf einem Hocker. Das Flugloch, heißt es, soll etwa 30 Zentimeter vom Erdboden entfernt sein.
Jemand, der mir ein Kompliment machen wollte, sagte, ich sei sozusagen Materialist in einem frühen Bedeutungssinn. Ich forsche nach allem, was sich aus dem Boden herausholen lässt.
Tatsächlich halte ich mich ans sinnlich Erlebbare.
Früher, auf Spaziergängen, formte ich aus feuchter Erde, die ich aus Pfützen geholt hatte, kleine Statuen, setzte sie auf Bänke und überließ sie dem nächsten Regen.
Die Zucht ist für mich völlig undurchschaubar und ich habe ihr den Rücken gekehrt. (Schon das Wort befremdet mich.) Es geht darin beispielsweise um Inzuchtreihen, die zur Reinzucht notwendig sind.
Übrigens gibt es eine ganz abscheuliche Art der Befruchtung. Das ist die künstliche Besamung. Die Königin wird festgeschnallt und ein Röhrchen wird ihr in den Hinterleib gerammt. Durch das pumpt man ausgesuchten Drohnensamen in sie hinein. Diese Methode wurde in den Siebziger Jahren häufig angewandt.
(Bild: Künstliche Besamung)
(Bild: Hand: Hier anwenden)
Ein Nachbau eines mittelschweren B 25-Bombers, wie ihn die Amerikaner im zweiten Weltkrieg verwendeten. Dieser hier ist aus lauter Einladungskarten für apicultura-Ausstellungen zusammen geklebt. Der B-25 war anscheinend nicht einfach zu landen. Er kommt in dem Buch catch-22 vor.
Modell für einen Anhänger. Beim Entwurf hatte ich kleine Wohnwagenanhänger aus Aluminium im Sinn. In den USA sieht man gelegentlich aluminische Anhänger, die wie Zigarren geformt sind.
Viele unterschätzen die Schieflage der Natur und denken: Das geht schon noch. Diese taube, unbeugsame Haltung verschafft ihnen die Möglichkeit, so weiter zu machen, wie bisher. Doch jeder, der sein Ohr an die Natur legt, weiß seit einem Jahrzehnt, dass es nicht weiter gehen kann, wie bisher. Am meisten wird uns sinnfällig, was wir am eigenen Leib erfahren. Es häufen sich die extremen Unwetter, die manchmal zu Katastrophen führen. Ein Beispiel ist der Tsunami vor Japan im Jahr 2011.
Besehen wir die Pflanzen, können wir sagen: Alles blüht um zwei bis drei Wochen früher. Seit einigen Jahren verlängern sich außerdem die Blühzeiten. Einzelne Pflanzen überschneiden sich in ihrer Blüte, während sie früher aufeinander abgestimmt waren. Vor Jahrzehnten funktionierten das alles wie ein Uhrwerk, während die Pflanzen heute ungeordnet dahin schlingern. Das bringt die Bienen zwar noch nicht in Bedrängnis, doch möglicherweise werden bestimmte Pflanzen ungenügend bestäubt, was ihr allmähliches Verschwinden einläutet. Vormals kleine Erscheinungen steigern sich in extreme.
Im Jahr 2012 war es nachts lang kalt, meistens drei bis fünf Grad C°. Als es am 25. Februar von einem Tag auf den anderen warm wurde, tagsüber 29 C°, blühten die meisten Pflanzen, die bis vor wenigen Jahren hintereinander angeordnet waren, gleichzeitig auf. Die Bienen waren in den Kirschbäumen zu hören. Auf dem Löwenzahn sah man kaum eine. Die Traubenkirsche, die als Großbaum neben meinen Bienen steht, verlor nach zwei Tagen ihre Blütenblätter. Sie regneten weiß herunter wie Schneeflocken. Und kurz darauf begann der Sommer. Dem Jahr 2012 fehlte der Frühling.
Ein weiteres öffentliches Projekt, das fehl schlug. Ich entwarf Türme aus Beton, und oben saßen Schießscharten. Dahinter sollte sich Raum für je ein Bienenvolk bieten. Die Türme hätte ich in öffentlichen Gärten aufstellen wollen. Die Besiedelung mit Bienen oder anderen Insekten hätte ich weitgehend der Natur überlassen.
Die Bienen in der Stadt konnten sich bisher auf die meisten Unwägbarkeiten einstellen. Bei den Bienen ist es nicht so, dass eine launische Königin weniger Eier legt oder die beleidigten Damen kaum Nektar heran schaffen oder eine allgemeine Mentalität des schlaffen Herumlungerns eintritt. Falls ein Bienenvolk in die Knie geht, geschieht das nicht langsam, sondern wie bei einem Händeklatschen. Die Bienen haben sich in ihrem straff organisierten System weitgehend von der Umwelt unabhängig gemacht. Sie regulieren die für sie wichtigen Faktoren wie beispielsweise den Wabenbau, die Stocktemperatur, die Brut oder den Feuchtigkeitsgehalt des Honigs unabhängig von äußeren Faktoren.
Die Bienen konnten, wie ich las, ohne Mutation überleben. Das bedeutet aber: Ihr System war von Anfang an perfekt. Die ersten bestäubenden Insekten wurden für die Kreidezeit nachgewiesen, vor 100 Millionen Jahren. Die heutigen Bienen sind insofern den Bienen von vor beispielsweise einer Million Jahren absolut ähnlich. Wir indessen haben eine Menge geändert: Wir haben alle ehemaligen, natürlichen Lebensräume der Bienen zerstört und ihr Leben damit ganz in unsere Hände gelegt. Wir haben die Varroamilbe, die häufig mutiert, um unseren Giften ein Schnippchen zu schlagen, frühzeitig in ihre Stöcke gebracht und bekämpfen sie seither erfolglos. Die Milbe greift dort an, wo die Biene am verletzlichsten ist: im Inneren ihres Systems. Unsere Wertschätzung der Bienenarbeit innerhalb der Stadt hat sich gesteigert.
Soweit ich weiß: eine slowenische Münze. Es gibt eine andere Arbeit, außerhalb des Bienenuniversums, für die ich Münzen sammelte. Diese hier ist die einzige Münze weit und breit, die eine Biene zeigt.
Filmstreifen: Propolis