Franz überließ mir im Lauf der Jahre eine Reihe von Kästen. Sie
waren alle auf das Zandermaß ausgelegt und bestanden meistens aus
einfachen Brettern oder Pressspanplatten, die zusammen genagelt waren. Die Böden und
Deckel waren löchrig und im Vergleich zu den Seiten mit noch weniger
Aufwand hergestellt. Den Deckel beispielsweise bildete in der Regel
ein Brett, auf den eine zweite, dünne Holzplatte, durch deren
Anwesenheit sich ein Falz ergab, mit ein paar Nägelchen festgeheftet
und aufgeleimt war. Das machte es schwer, die Kästen ohne eine
schützende Eindeckung, beispielsweise eine Aluhülle darüber, im
Freistand einzusetzen. Im Sommer ging es gerade noch hin, doch nach zwei Jahren waren sie herunter gewirtschaftet. Für den Winter musste man die Bienen in eine wetterfeste
Beute umsiedeln. Im Grunde waren diese Kästen natürlich für ein
Imkern im Bienenhaus ausgelegt. Für Franz passten sie nicht mehr
zum Rest. Er sonderte sie aus, da er auf Einheitlichkeit bedacht war.
Überhaupt warf er ständig etwas weg. Ich wusste manchmal nicht, wo
in seinem Herzen das sentimentale Festhalten angebracht war. Franz
war sozusagen ein Zen-Lehrer, der auf dem Weg zu den Bienen an der
Mülltonne vorbeigeht. Bevor er die Kästen also zerschlug, nahm ich sie
eben. Besonders empfindlich sind natürlich solche aus mitteldichter
Faserplatte. Der zweistöckige Ablegerkasten ist ein Beispiel. Franz
hatte natürlich alles mit Abtönfarbe angepinselt und dadurch
leidlich geschützt. Aber die Ecken und Kanten sind bestoßen, und
die Platten saugen sich mit Feuchtigkeit voll und geben sie ab, fast
wie ein Schwamm.
Für sein Bienenhaus hatte Franz etwa 50 einzelne Zargen gebaut.
Die passten alle zueinander. Und die Böden und Deckel waren mit
Finesse geschreinert. Die Seitenteile bestanden zu den Bienen hin aus dünnen
Hartfaserplatten. Innen, unsichtbar liefen offenbar
hölzerne Verstrebungen, ein Gerüst aus Fichtenholz. In die freien
Räume hatte er passgenau Platten aus Styropor gefügt. Außen dann
saßen Weichfaserplatten. Auf den Falzen, wo man mit dem Stockmeißel
hineinfährt, lagen Streifen harter Buche. Seitlich waren die Kästen
ganz glatt gehalten, damit man sie im Winter aneinander rutschen
konnte. Vorne und hinten saßen je ein aufgeschraubter Eisengriff,
jedoch klappbar und mit barock geschwungener Grundplatte. Offenbar
verliefen darunter hölzerne Streben. Die Griffe, ehrlich gesagt,
bildeten den Traum jedes Eisenwarenhändlers. Diese Kästen waren in
Hellbraun gestrichen.
Im Haupthaus imkerte Franz überschlagsweise mit 15 Völkern,
die im Winter auf zwei und im Sommer, zur Honigernte, auf drei Etagen
saßen. Was dann noch übrig blieb, war als Reserve gedacht.
Weiter besaß Franz zwei Unterstände und dafür Styroporkästen.
Die waren zugekauft und bestanden aus dem System „Spessartbeute“,
und er pinselte sie in dunklem Braun an. Das ergab nochmal etwa 10 Völker. Überhaupt diese Streicherei
mit Abtönfarbe, sie war sein Merkmal. Es war, als wollte er einen
Vorbildlichkeitswettbewerb gewinnen. Nicht nur waren ja alle
Bienenkästen gleich gestrichen, sondern auch alle hölzernen Flächen
innen und außen. (Zusätzlich ging ihm nie die Arbeit aus.) Als
einzige bunt übrigens waren die Anflughilfen für die Bienen. In
seinem neuen Bienenhaus, das er gegen Ende zu besaß und wo er seine
Nachmittage verbrachte, baute er viel um. Dort sah ich zum ersten
mal, dass er, um Gerätschaften zu verbergen, einen Vorhang genäht
hatte. Darauf liefen, in endloser Reihe, dunkelblaue Elefanten dahin.
Übrigens besuchten wir einmal, als wir uns bei ihm draußen im
Schweizerholz aufhielten, den Lehrbienenstand in Hochmutting.
Eigentlich hatte ich darauf gedrängt. Denn wir mussten dazu nur über
einen Acker stapfen und über einen Zaun linsen. Der Platz war
ordentlich, sehr aufgeräumt, aber farblos. Die Kästen waren in
stumpfem, dunklem Militärgrün gestrichen. Das berührte mich
unangenehm. Es hielt sich niemand dort auf, aber Franz wurde unruhig,
er scheute den Kontakt mit Personen, die in entsprechenden Vereinen
oder dem Imkerverband organisiert waren.
Während ich an einer Vereinheitlichung aller Kästen arbeite, jeder soll beliebig mit den anderen kombinierbar sein, trennte Franz die älteren Kästen, die er selbst gebaut hatte, von den neuen, die er gekauft hatte. Sie passten daher auch nicht zusammen. Sie bildeten zwei unabhängige Kreisläufe. Deshalb vermutlich sonderte er alle weiteren Formen aus. Für mich sind diese Kästen, die ich von ihm bekam, Erinnerungsstücke. Sie helfen mir, Franz im Sinn zu behalten. Insbesondere den bunten Ablegerkasten, obwohl er ja auf den Aspekt der Nützlichkeit hin gebaut worden ist und ich daran weiter arbeitete, sehe ich eher als folkloristisches Stück.
Der Ablegerkasten ist mit einem breiten, mehrfach gefalteten Zeitungsstreifen umwickelt. Er hält die beiden Teile zusammen. Der darauf gestempelte Satz stammt aus den Pisaner Cantos von Ezra Pound:
What thou lov´st well
is thy true heritage