Stadthonige


Eine Freundin sammelt verschiedensten Honig, nicht nur aus München, mit besonders einfallsreichen Etiketten. Der erwähnte Tresorhonig, den es nur in Berlin gibt, gehört dazu. Mittlerweile halten auf zahlreichen Dächern prominenter Münchner Gebäude, beispielsweise auf dem Gasteig, jene Stadtimker, von denen bereits die Rede war, ihre Bienen. Sie stellen eigene Etiketten her und verkaufen den Honig. Darunter fällt Opernhonig, der auf dem Dach der Bayerischen Staatsoper geerntet wird. Die beiden Imker, die für die dortigen Bienen zuständig sind, gaben kürzlich eine Information heraus, wieviel Honig ihre vier Völker in diesem Jahr eingetragen hatten. Sie sagten, es seien etwas über 80 Gläser zu 250 Gramm gewesen. Das Jahr sei leider schlecht gewesen, gaben sie zu Protokoll, die Ernte habe nur 21 Kilo gebracht und so weiter. Das kann ich so nicht bestätigen, da ich selten so volle Honigräume hatte. Vor allem im Mai blühte die Robinie, die einen der höchsten Honigwerte aller Pflanzen hat, mindestens eine Woche. Den gesamten Juni hindurch blühten alle Sorten der Linde hintereinander durch, dazu noch deren Honigtautracht. Nur der Juli war mau. Eine Freundin, die im Akademiegarten (!) zwei Völker hält, erntete 90 Kilo.
Meine Vermutung ist natürlich gewagt: Leider haben diese Herren zu sehr im Sinn, auf die Bienenproblematik aufmerksam zu machen und es kann sein, sie kümmern sich zu wenig um die Bienenhaltung. Die beiden Imker auf dem Dach des Opernhauses gaben weiter ein Statement zur Situation des Imkerns sowohl auf dem Land als auch in der Stadt ab. Sie sehen ebenfalls das Problem, dass viele Stadtimker jetzt auf einen Zug aufspringen, aber eine vernünftige Ausbildung vernachlässigen und im Herbst womöglich bezüglich der Milbe Schindluder treiben.




Übrigens gibt es in der Polizeidienststelle in der Ettstraße, entlang der Fußgängerzone, ebenfalls Imker auf dem Dach. Es sind zwei (oder drei) Polizisten, die dort Völker halten. Von dort stammen Gläser mit dem Etikett: Polizeibienenhonig.

Ich kann nicht alle aufzählen, die sich hier hervortun. Viele führen ihr eigenes Etikett oder sie bosseln sich eins aus bestehenden Elementen zusammen, wie Franz es tat. Kürzlich sah ich das Etikett eines Imkers, der in einer nahen Kleingartenanlage Bienen hält. Er bot seinen Honig dort zum Verkauf, wo ich meinen verkaufe. Aber er verlangte mehr Geld. Er hatte erst ein behelsmäßiges Etikett, dann eines aquarelliert und den Begriff STADTHONIG von mir übernommen. Später benutzte er Imkerbundgläser mit geprägter, geriffelter Oberfläche. Wahrscheinlich hat man deren Aussehen inzwischen verändert. Ich bin da nicht auf dem Laufenden. Vor einigen Jahren war darauf ein Reichsadler dargestellt, der einen Bienenkorb schützend in seinen Klauen hielt. Die Schrift bestand hauptsächlich aus Haken und war oben im Halbrund über das Motiv gelegt: "Gewähr für Echten Deutschen Honig" Auf dem Bienenstock zeigte sich seltsam viel Platz. Eines Tages hörte ich, dass dort ein Hakenkreuz geprangt haben soll. Die Etiketten des Imkerbundes sind so angelegt, dass eine Lasche von der Seite über den Rand auf den Deckel reicht. Keiner soll ein Glas einfach öffnen können. Das Etikett ist genormt und unspektakulär und etwas unübersichtlich wegen all der Informationen, die darauf untergeracht werden müssen. Beispielsweise wurde ein breites weißes Feld angelegt, auf dem die Sorte angegeben werden soll. Nur haben sich zahlreiche Imker nicht darauf spezialisiert, Sortenhonige zu ernten. Vor allem der Frühjahrshonig in der Stadt ist in der Hauptsache aus verschiedenen Baumtrachten zusammen gesetzt. Das Etikett betrifft wohl mehr diejenigen, die auf dem Land ihre Bienen halten. Der Name des Imkers steht nurmehr in einem kleinen Feld. Einige Jahre, nachdem ich angefangen hatte, Bienen zu halten, gab es auch einen Bayerischen Imkerverband und dessen Gläser. Sie waren ebenfalls geprägt, wenngleich unverfänglich, und hatten ein eigenes Etikett, aber auch auf diesem wurde eine Sorte ausgewiesen.
Über das Etikett des Polizeihonigs kann ich jedoch sagen: saugut, saulustig.