Im Jahr 2011 mietete ich von befreundeten Architekten, die beide
eine Professur in Südkorea antraten, deren Raum in einem
Atelierhaus. Ich hatte mich während einer offenen Ausschreibung selbst um
genau diesen Raum beworben, ihn aber nicht bekommen. Ich spürte
schnell dessen unsägliche Eigenschaft, im Winter komplett
auszukühlen und im Sommer aufzuheizen. Ich fühlte mich, als sei ich
entweder im Eisschrank gelandet oder wie Max und Moritz im Backofen.
Die Wände waren dünn und das Dach aus Aluminiumblech. Ein immenser
Teil davon bestand aus vielfach unterteilten, einfach verglasten
Fabrikfenstern. Dreieinhalb Flächen lagen nach außen hin, was die
sofortige Angleichung an die Außentemperatur erklärt. Und zu allem
Überfluss trennte nur eine dünne Wand den Raum vom benachbarten
Atelier. Dort schwärmten zwei junge Maler davon, wie es
werden würde, wenn sie endlich berühmt wären. Vor einer
internen Ausstellung sprachen sie von einem vollständigen Ausverkauf
all ihrer Bilder. Später klagten sie, dass sie kein einziges
verkauft hatten. In dem Atelierhaus fanden allerlei Umtriebe statt,
ein großes Fest beispielsweise, aber ich beteiligte mich an nichts.
Eine meiner ersten Handlungen dort war, zwei Punkte an gegenüber
liegenden Wänden festzulegen. Dahinein bohrte ich tiefe Löcher,
klopfte Dübel hintennach und drehte dicke, verschlungene Haken ein.
Daran befestigte ich eine Hängematte, die ich mir eigens gekauft
hatte. Kam ich also in den Raum, fiel mein Blick zuerst auf diese
weißgraue Hängematte, die dort so sanft und einladend hing. Daneben stapelten sich einige Bücher, eines beispielsweise
über die Monroe von ihrem zeitweisen Ehemann Arthur Miller. Auf all
das ging ich zu und fand mich liegend, lesend und bald schlafend,
dann wieder erwachend und so weiter. Ich war dem Sog der Hängematte erlegen, der Müßiggänger vor
dem Herrn.
Daneben arbeitete ich dann doch. Ich stempelte, wie sollte es
anders sein? Ich hatte vor geraumer Zeit entdeckt, dass fanatische
Textarbeiter eine Suchmaschine für Finnegans Wake eingerichtet
hatten. Nun kam mir in den Sinn, einmal nachzusehen, wie oft die Worte: Biene, Honig, Bienenhonig, Bienenstock, Bienenvolk und so
weiter darin vorkommen. Ich stieß auf einen ganzen Haufen, sicher
40 Textstellen, die genaue Anzahl habe ich nicht im Kopf. Meine Arbeit lag vor mir. Als ein Freund mich besuchte, hatte ich gerade
einige gestempelte Blätter der Arbeit „finnegans bees“
aufgehängt und er war erstaunt, wie viel ich arbeitete.
Das Neue daran war, dass ich zum ersten mal das Stempeln,
Buchstabe für Buchstabe, entlang einer Leiste, mit der Bienenhaltung
in Verbindung setzte. Diesmal stempelte ich jeweils drei Zeilen aus
dem Buch und in der mittleren tauchte das Bienenwort auf. Ich fand,
es genügte völlig, drei Zeilen aus dem Buch zu präsentieren und
sich nicht um ganze Sätze zu scheren. Wer den Wake kennt, weiß, auf wie
verschlungene Pfade Joyce den Leser beziehungsweise den
Entschlüsselungsarbeiter mitnimmt.
Es ist übrigens von größter Wichtigkeit,
dass Finnegans Wake immer wieder in der ursprünglichen Fassung
gedruckt wird. Jede Zeile entspricht der Zeile im Erstdruck. Denn
wäre es nicht so, gerieten alle Suchenden in ein heilloses
Durcheinander, wenn sie bestimmte Textstellen auffinden wollen würden. (Heute druckt Penguin Books mit einem unmöglichen Cover.) Meine Wahl fiel auf die „Times“ als
gestempelte Type. Ich gebe zu, ich liebe deren Schriftbild, auch wenn
sie so gewöhnlich ist, dass die meisten Grafiker davon gähnen müssen.
finnegans bees